Noah Baumbach wächst mit seinen Figuren

03.09.2014 - 10:18 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Noah Baumbach am Set von Greenberg
Tobis
Noah Baumbach am Set von Greenberg
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Noah Baumbach wurde am 3. September 1969 in New York geboren und wird oft als einer der wichtigsten jungen, amerikanischen Filmemacher bezeichnet. Heute feiert der Mann seinen 45. Geburtstag. Es wird also höchste Zeit, das "jungen" aus der Zeile zu streichen.

Der amerikanische Regisseur und Drehbuchautor Noah Baumbach, der im New Yorker Stadtteil Brooklyn geboren und aufgewachsen ist und seither in Manhattan lebt, ist spätestens jetzt, mit 45 Jahren, ein Mann im mittleren Alter (obwohl in der Wissenschaft keine Einigkeit herrscht, zählt die 45 zu den Favoriten). Bei vielen ist das nicht der Rede wert, und auch sonst wird der 45. Geburtstag in der Regel nicht als Beginn eines neuen Lebensabschnitts gewertet. Im Fall von Noah Baumbach könnten wir da allerdings eine Ausnahme machen. Nicht weil er als Privatmensch irgendwelche Pläne hegt, seinen Geburtstag ausufernd zu feiern. Darüber habe ich keine Kenntnis. Die Gründe hierfür sind vielmehr in seiner filmischen Vita zu finden. 

1995 feierte der Filmemacher im zarten Alter von 26 Jahren sein Spielfilmdebüt und war damit nur unbedeutend älter als die Gruppe redseliger College-Absolventen, von denen seine Komödie Kicking and Screaming erzählt. 1998, mit 29 Jahren, folgte Mr. Jealousy, in dem ein eifersüchtiger junger Schriftsteller dem Ex-Freund seiner Freundin nachstellt. 2007, mit 38 Jahren, drehte Baumbach die Tragikomödie Margot und die Hochzeit, über eine erfolgreiche, aber zutiefst neurotische Schriftstellerin in ihren Dreißigern. Drei Jahre später, mit 41 Jahren, erschien Greenberg, über einen 40-jährigen Mann in einer immer währenden Lebenskrise. Ihr seht, worauf ich hinaus will: Zum Zeitpunkt seiner meisten Filme war Baumbach ungefähr so alt wie seine Protagonisten, weshalb wir uns in Zukunft auf lustige und wahrhaftige Geschichten über Figuren freuen können, die sich mit den typischen Problemen von Menschen im mittleren Alter herumschlagen. Hierzu hat die Huffington Post vor ein paar Monaten eine Liste  mit 40 Eigentümlichkeiten zusammengestellt, die Baumbach sicherlich im Schlaf aufsagen kann, und die eine Menge an komödiantischem Potenzial bereithalten.

Das sind zunächst einmal schöne Aussichten. Trotzdem werdet ihr gemerkt haben, dass eure Favoriten Frances Ha (2012) und Der Tintenfisch und der Wal (2005) in dieser Aufzählung fehlen, da sie in dieser Hinsicht ein wenig aus der Reihe tanzen. Bei Frances Ha, Baumbachs letztem Film, werde ich zumindest das Gefühl nicht los, dass die Tragikomödie über das Erwachsenwerden einer Endzwanzigerin mehr aus dem Leben seiner Partnerin, Co-Autorin und Hauptdarstellerin Greta Gerwig erzählt, als dass sie auf seinen eigenen, persönlichen Erfahrungen beruht. Gerade weil seine Filme, vor allem jene, bei denen er auch das Drehbuch verfasst hat, sonst deutlich autobiographische Züge tragen. Das gilt vor allem für das sensible Drama Der Tintenfisch und der Wal, mit dem Baumbach, den viele nur durch seine Zusammenarbeit mit Wes Anderson kennen, seinen endgültigen Durchbruch als Regisseur schaffte. Baumbach hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er in dem Film über ein junges Brüderpaar, das in Brooklyn aufwächst und die Trennung seiner Eltern verkraften muss, viel von seiner eigenen Familiengeschichte verarbeitet hat.

Sein 45. bringt kurioserweise mit sich, dass Noah Baumbach als Mann mittleren Alters nun endgültig zur gleichen Gruppe gehört wie Bernard Berkman, der selbstsüchtige Vater und Schriftsteller in Der Tintenfisch und der Wal. Ich hoffe für den Filmemacher, dass sich über die Zeit nicht charakterliche Ähnlichkeiten zwischen ihm und seiner Figur herausgebildet haben, auch wenn er wie Berkman viel Zeit damit verbringen wird, in New York einen Parkplatz zu finden. Filmtechnisch ist Noah Baumbach jedenfalls wieder ganz bei sich angekommen. Sein neuer Film While We're Young, über ein unglückliches Ehepaar in seinen Vierzigern, das sich mit einem jungen Hipster-Pärchen anfreundet, feiert am 6. September 2014 auf dem Toronto International Film Festival  seine Weltpremiere. Es scheint so, als ob sich hier für Noah Baumbach ein filmografischer Kreis schließt, wenn seine Generation nun auf die von Frances Ha und den College-Absolventen trifft.

Dafür und auch sonst, möchte ich herzlich gratulieren. 

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