Ich weiß noch nicht, was genau ich an meinem 35. Geburtstag machen werde, aber vermutlich reserviere ich einen Tisch für fünf beim Italiener um die Ecke und gehe danach Minigolf spielen. Natürlich nur wenn schönes Wetter ist. Glücklicherweise fallen die Feierlichkeiten für Pac-Man etwas größer aus, denn der gelbe Nimmersatt hat es, im Gegensatz zu mir, schließlich verdient. Denn auch wenn das Namco-Maskottchen heutige Spieler nur noch aus nostalgischen Gründen zu einer spontanen Highscorejagd überreden kann, bleibt der Einfluss des Arcade-Klassikers ungebrochen und reicht sogar weiter als den meisten von uns bewusst ist.
Dabei schien am Anfang alles noch so harmlos zu sein, als der junge Namco-Entwickler Toru Iwatani an einem Spiel arbeitete, das irgendwie etwas mit dem Thema "Essen" zu tun haben sollte. Das kulinarische Interesse von Iwatani schlug sich dann letztlich auch im Design seines "Pakkumans" nieder, der mit seinem onomatopoetischen Namen zudem an den japanischen Laut für das Mampfen ("paku-paku taberu") erinnert. Angeblich ist der gelbe Kreis mit dem offenen Mund nämlich an eine Pizza angelehnt, von der eben schon ein Stück fehlt. Aus Pakkuman wurde dann Puck-Man (ja, wie der Eishockey-Puck), der wiederum aus Angst vor pubertärem Vandalismus (F***-Man) zu Pac-Man wurde, der das eigentliche Konzept von wiedererkennbaren Videospielfiguren etablierte.
Das spielerische Urgestein
In Sachen Gameplay wirkt der Arcade-Evergreen aus dem Jahre 1980 zwar überaus simpel, aber tatsächlich hat Pac-Man nicht nur die goldene Ära der Arcade-Automaten geprägt, sondern auch in spielerischer Hinsicht großen Einfluss auf die Art und Weise genommen, wie Videospiele konzipiert werden. So ist Pac-Man beispielsweise das erste Spiel überhaupt, das Power-Ups einsetzt.
Die Power Pellets, dank derer wir Jagd auf die bunten Geister Blinky, Pinky, Inky und Clyde machen durften, haben quasi den Grundstein gelegt für die Feuerblume aus Super Mario Bros. oder auch die Plasmide aus BioShock . Und die Tatsache, dass Pac-Man im Normalzustand seinen Gegner ausweichen muss, anstatt sie direkt zu bekämpfen, kann als Prototyp für das Stealth-Gameplay eines Metal Gear Solid gesehen werden.
Die engen Gänge und plötzlich auftauchenden Gegner wurden von frühen Ego-Shootern wie Doom dankbar angenommen und die gleichzeitige Verfolgung von mehreren Feinden durch ein Labyrinth gilt für manch einen Videospielhistoriker als Vorform von Grand Theft Auto und die allgegenwärtige Flucht vor der Polizei. Pac-Man hat also einiges in Gang gesetzt. Kein Wunder, dass Namcos Pixelheld in Japan … eigentlich kaum Beachtung fand.
Seinen Durchbruch feierte Pac-Man nämlich nicht in seiner Heimat, sondern in den USA, wo in kürzester Zeit 350.000 Arcade-Automaten verkauft wurden, die bis Ende der 90er Jahre 2,5 Milliarden US-Dollar in Münzen umsetzen konnten. Im Jahre 1982 war von etwa 30 Millionen aktiven Spielern allein in den USA die Rede. Der Erfolg in Europa folgte dann auf dem Fuße.
Die außergewöhnliche Beliebtheit von Pac-Man hatte zahlreiche Gründe. Abgesehen von frühen Sportspielen war Pac-Man das erste bekannte Videospiel, das sich nicht am Genre der Weltraum-Shooter (Asteroids , Space Invaders & Co.) bediente. Die Punktejagd war durch die simple Steuerung auch für unbedarfte Spieler sofort nachvollziehbar. Durch das simple, fast schon niedliche Design bekam die bis dahin eher unbekannte Videospielkultur ein Gesicht und Pac-Man steht heute zusammen mit Nintendos Super Mario synonym für Videospiele an sich.
Schnell wurde aus Pac-Man ein weltweites Phänomen und die Jagd nach dem Highscore nahm kompetetive Züge an. So war es Billy Mitchell, der 1999 zum ersten Mal die maximale Punktzahl von 3,333,360 erreichte. Eigentlich hat Pac-Man zwar kein tatsächliches Spielende, aber ein Bug im Quellcode sorgt dafür, dass das Spiel nach dem Level 255 unspielbar wird.
Pac-Man in Film, Musik & Fernsehen
Es dauerte nicht lang, bis die Faszination für das Spiel und vor allem für den sympathischen Vielfraß selbst, über die Arcade-Automaten hinauswuchs und Pac-Man überall Fuß fassen konnte. Schon 1982 sorgte das Animationsstudio Hanna-Barbera (Familie Feuerstein, Scooby Doo, Die Schlümpfe) für eine Cartoon-Serie , die auf immerhin 2 Staffeln und 44 Episoden kam. Im Jahre 1981 sorgte der Buckner & Garcia-Song "Pac-Man Fever " für eine Top 10-Platzierung in den Billboard Charts und "Weird Al" Yankovic machte in seiner Parodie auf den Beatles-Song Taxman kurzerhand Pac-Man zum Star in den Lyrics . Im Jahre 2008 sollte Pac-Man sogar einen eigenen Film spendiert bekommen und auch wenn dieses Projekt schließlich im Sande verlief, hat die Videospiel-Ikone immerhin einen Auftritt als Bösewicht im kommenden Adam Sandler-Film Pixels.
Überhaupt sind Gastauftritte in medienwirksamen Produktionen wohl das größte Steckenpferd von Pac-Man, denn der gelbe Held gab sich schon bei den Simpsons, Futurama, South Park, Drawn Together und Family Guy die Ehre und war auch in Tron, Ralph Reichts oder Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt zu finden. Aktuell läuft sogar eine Animationsserie namens Pac-Man and the Ghostly Adventures auf dem Sender Disney XD. Pac-Man bleibt also aktuell. Ansonsten haben wir auch noch Einträge im Guinness-Buch der Rekorde ("Most Successful Coin-Operated Game") und die Aufnahme ins Museum of Modern Art in New York.
Es ist schwer zu sagen, wie es für Pac-Man weitergehen wird, aber nach über 30 Fortsetzungen und Spin-offs liegt die Vermutung nahe, dass die Leidenschaft für den hungrigen Helden auch in Zukunft nicht versiegen wird. Und da das spielbare Pac-Man-Doodle , das Google zum 30. Geburtstag des Klassikers online gestellt hat, weltweit zum Verlust von 4,8 Millionen Arbeitsstunden geführt hat, leite ich euch zum Abschluss einfach zum weltgrößten Pac-Man-Spiel weiter , damit ich auch ein bisschen zum Kapitalismusabbau beitragen kann.
Und geht es bei Pac-Man nicht genau darum? Nein.