Rommel-Film bringt Quoten, enttäuscht Kritiker

02.11.2012 - 12:08 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Thomas Thieme und Ulrich Tukur in Rommel
SRW
Thomas Thieme und Ulrich Tukur in Rommel
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Der Rommel-Film mit Ulrich Tukur konnte am gestrigen Abend sehr gute Quoten einfahren. Obwohl die Familie des Generalfeldmarschalls zuvor gegen die negative Darstellung protestierte, kommt Erwin Rommel Kritikern zufolge im Endprodukt viel zu gut weg.

Groß war der Aufruhr schon lange bevor Rommel von Niki Stein und Nico Hoffmann überhaupt zu sehen war. Die Familie des Generalfeldmarschalls protestierte bereits in der Drehbuchphase, dass “Hitlers Lieblingsgeneral” zu negativ dargestellt würde. Gestern Abend nun wurde Rommel mit Ulrich Tukur in der Hauptrolle in der ARD gezeigt. 6,3 Millionen Zuschauer konnte der Film vor die Bildschirme locken und fuhr damit das beste Ergebnis des Abends ein. Das Werk selbst enttäuschte hingegen filmisch wie inhaltlich.

Er ist einfach zu gut, um wahr zu sein, heißt es beim Spiegel über die Rommel-Darstellung von Ulrich Tukur. Der ‘Wüstenfuchs’, nach dem Krieg nicht nur in Deutschland als edler General glorifiziert, wird in dem Film mit Hitlers Blindheit gegenüber der Sinnlosigkeit des verlorengehenden Krieges ebenso konfrontiert wie mit Verbrechen, die an Ost- und Westfront geschehen. Durch die Konzentration auf die letzten Monate im Leben Erwin Rommels, die er an der Westfront verbrachte, ist Rommel vor allem ein Film über wachsende Zweifel und die Unfähigkeit, sich dem Gehorsam zu widersetzen, geworden. Entsprechend heißt es weiter beim Spiegel: Mehr Milde gegenüber dem bis zum Jahr 1944 überzeugten NS-Feldherren Rommel geht aber auch nicht. Denn in der machtvollen Interpretation von Hauptdarsteller Ulrich Tukur […] funktioniert die schwierige Figur vor allem als eines: als tragischer Held. Als Hitlers Hamlet

Die Verengung des Blickwinkels gerät dem Film zum Nachteil, wie die Zeit schreibt: Man erfährt nicht, dass Rommel ein Nationalsozialist ohne Parteibuch war, hitlergläubig, ja -süchtig. Umgekehrt dürfte dem ‘Führer’ keiner – außer Rüstungschef Albert Speer – so nahegestanden haben wie er. Hitler und Rommel verbanden dieselbe Erfahrung und fatale Deutung des Ersten Weltkriegs: Krieg als höchste Lebensform, die Ersetzung der Moral durch den kategorischen Imperativ ‘Volk und Vaterland!’, die todesverachtende Schicksalsgläubigkeit.

Mehr: Zum 55. Geburtstag: Ulrich Tukur – Ein Schauspieler für unsere Zeit

Beim Cicero kommt Rommel (der Film) weit besser weg: Es ist ein großer Film, sicherlich auch dank der umsichtigen Beratung durch den renommierten Widerstandsforscher Peter Steinbach. Wäre er in Hollywood gedreht worden, käme er in die Kinos, für das Fernsehen ist er fast zu schade. Die Dialoge sind, von den offenbar unvermeidlichen Fehlerchen im historischen Detail abgesehen, präzise.

Doch wie immer der Zuschauer zur Deutung Rommels selbst stehen mag, in erster Linie scheitert Rommel filmisch. Über weite Strecken gehetzt wirkend, lässt der Film sich selten Zeit, um über fade militärische Diskussionen und klischeehafte Charakterisierungsversuche hinauszukommen. So werden die Stationen des keimenden Zweifels mehr abgehakt als wirklich ausgebreitet, darf die Ehefrau hier mal den jüdischen Besitz erwähnen, von dem die Familie Rommel profitiert, dort mal der Generalfeldmarschall bestürzt Fotos eines Massakers betrachten. Die Distanz zur Figur Rommel sowie seinen Begleitern bleibt, was auch Vorsichtsmaßnahme der Macher sein mag. Erst in den letzten Minuten bricht diese filmische Rüstung auf, kommt der Streifen zur Ruhe, als Rommel nicht mehr von Treffen zu Treffen rennt, sich seinem Ende stellt. Da beteuert er gegenüber der Familie seine Unschuld, er habe nichts mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 zu tun und man wird das Gefühl nicht los, dass da einer traurig ist, weil er seinen Vorgesetzten enttäuscht hat.

Hat euch der Rommel-Film überzeugt?

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