Wie die Financial Times bereits am vergangenen Freitag mitteilte, planen die Privatfernsehkolosse RTL und ProSieben eine Onlinefusion in Form eines Stream-Anbieters, der sich stark an das amerikanische Format Hulu anlehnt. Hulu bietet seit 2007 für die amerikanischen Internetuser Nachrichten, Serien, Filme und Shows der gängigsten US-Fernsehsender an, die auch noch Tage nach der ersten Ausstrahlung im TV als Stream abgerufen werden können. Ähnlichen haben auch die beiden deutschen Fernsehgiganten vor, denn die Sendungen sollen im neuen Stream-Channel bis zu eine Woche nach Ausstrahlung abrufbar sein.
Die Idee von einem Gemeinschaftsportal entsprang der Problematik, dass Fernsehen und Internet sich stetig vermischen. Das neue Projekt solle vor allem den nationalen Wettbewerb neu aktivieren und die Präsenz deutscher TV-Anbieter auch international erhöhen. Daher verwundert es nicht, dass ProSiebenSat1 und RTL sich klar dafür ausgesprochen hatten, dass auch weitere deutsche und österreichische Sender dem Portal beitreten sollten, selbstverständlich auch die öffentlich-rechtlichen Programme.
Finanzieren würde sich der zentrale Streamanbieter ausschließlich über Werbung und damit für die Nutzer völlig kostenlos sein. Anscheinend hatten beide Sender in diesem Punkt aus der Vergangenheit gelernt, da bisherige kostenpflichtige Onlinestream-Angebote wie Maxdome (ProSieben) und RTLnow bei potenziellen Internetguckern wenig Anklang fanden und auch die Öffentlich-Rechtlichen ihre Mediatheken schon vorher kostenlos zur Verfügung stellten.
Sofern sich andere Sender nicht anschließen würden, wäre das sicherlich für ProSieben und RTL zu verschmerzen. Zu ersterem gehört neben SAT1 auch noch Kabel1 und der neue Spartensender sixx, und RTL hat unter seinem Dach ebenfalls die Sender RTLII, SuperRTL und Vox, womit bereits ein Großteil des deutschen Privatfernsehens online abgedeckt wäre. Schon allein durch die Anzahl der vielen verschiedenen Programme und Sendungen, die die beiden Privatriesen mitbringen, sind sie eine gewappnete Konkurrenz für den amerikanischen Anbieter Hulu, der übrigens bald auf dem europäischen Markt expandieren will. Wenn die deutsche Generalmediathek bis dahin steht, hat Hulu jedoch schlechte Karten. Das Projekt soll, bevor eine Konkurrenz mit Hulu überhaupt in Reichweite gerät, zunächst der EU-Kommission zur Wettbewerbsprüfung vorgestellt werden.
So weit, so gut. Aus Internetnutzer-Perspektive klingt dies verlockend und auch bei den meisten Sendern kam dies bisher positiv an. Die Medienforschung geht davon aus, dass neue Medien die alten nicht etwa verdrängen oder ersetzen, sondern dass alte und neue Formen unproblematisch nebeneinander existieren können. Allerdings bleibt einiges ungeklärt.
Der Aspekt der Werbefinanzierung könnte zum Problem werden, sofern auch die öffentlich-rechtlichen Anbieter dem neuen Projekt beitreten. Was für die privaten Sender keinen Unterschied machen würde, da deren Finanzierungsgrundlage auch im TV die Werbung ist, würde sich bei einem gemeinschaftlichen Webauftritt mit den Öffentlich-Rechtlichen als schwierig erweisen, da diese ihre Sendeanstalten und bisherigen Online-Mediatheken über Gebühren finanzieren. Eine der Rechtfertigung für den Gebühreneinzug war bisher, dass Fernsehzuschauer sich nicht über Werbeunterbrechungen ärgern müssen. Das Argument würde jedoch nicht mehr zählen, wenn in Zukunft Angebote von ARD, ZDF und den Dritten Programmen ebenfalls von Werbung begleitet auf dem Portal abrufbar wären.
Eine weitere Frage wäre ferner, inwieweit es zu befürworten ist, dass öffentlich-rechtliche und private Sendungen gebündelt angeboten werden. Hier wäre zu überlegen, ob die bisherige offensichtliche Trennung der Anbieter sich ohne Probleme aufheben lässt und ob in diesem Zusammenhang die Möglichkeit besteht, dass auch Programminhalte sich vermischen, Niveaus und Themen sich angleichen und damit ein differenziertes Medienangebot gefährdet wird.
Zum Schluss stellt sich noch die Überlegung, wie es sich auswirken würde, wenn die öffentlich-rechtlichen Programme dem Streamportal nicht beitreten würden. Bisher haben die privaten Anbieter bei den jüngeren Internetnutzern ohnehin die Nase vorn und daher wäre es auch denkbar, dass die Mediatheken von ARD, ZDF und Co. gegen ein großes Privatportal mit der Zeit nicht mehr ankommen.
Jetzt ist eure Meinung gefragt! Haltet ihr das große Portal für eine gute Idee? Nutzt ihr bereits andere Streamanbieter? Wie steht ihr zu den möglichen Bedenken? Oder fallen euch noch weitere Argumente zu dem Thema ein?