Bis heute ist der Muscialfilm Mary Poppins mit Julie Andrews unvergessen. Ja, er hat die literarische Vorlage, die nach wie vor lesenswert ist, beinahe verdrängt. Vielleicht hatte die Autorin Pamela L. Travers dies befürchtet und sich deshalb über 20 Jahre dagegen gesträubt, ihr Buch von Disney verfilmen zu lassen.
John Lee Hancock zeichnet nun in Saving Mr. Banks den mühsamen Entstehungsprozess des Disney-Klassikers nach. Emma Thompson als distinguierte Britin Travers spielt die Vorbehalte gegenüber der amerikanischen Mickey-Mouse-Kultur hinreißend spitz, aber nie übertrieben. Tom Hanks mimt den paternalistischen Walt Disney. Die eigentlich bis heute kontroverse Person wird mit allerhand Bodenständigkeit und Herzlichkeit abgerundet, als habe man es selbst mit einer fröhlichen Figur aus dem Disney-Universum zu tun. Um auch die biopolitische Korrektheit zu gewährleisten, wird man den kettenrauchenden Disney auch nicht einmal an einer Zigarette ziehen sehen.
Immerhin offenbart sich in Saving Mr. Banks viel stärker die Maschine hinter den bunten Bildern: Während Mary Poppins noch den ökonomischen Diskurs perfekt zu verschleiern wusste, drückt sich dieser durch den kinderfreundlichen Deckdiskurs. Jede Entscheidung bei der Entstehung des heutigen Klassikers basiert auf ökonomischen Erwägungen. Auch wenn Walt Disney noch immer den braven kleinen Unternehmer zu spielen weiß, der sich von den anderen „gierigen“ Studiobossen unterscheiden will (hier hätte Hancock Disneys antisemitischen Tendenzen eine kritische Betrachtung schenken können), kann man sich doch nicht darüber hinwegtäuschen lassen, dass der finanzielle Erfolg oberste Priorität hat. Und reichen sich hier nicht beide Filme die Hände? In Mary Poppins schauen wir zu, wie ein veraltetes Wirtschaftsdenken reformiert wird und in Saving Mr. Banks rückt eine aufrechte Britin von ihren Prinzipien ab und lässt ihr Buch in eine gut konsumierbare Ware umwandeln.