Sir Christopher Lee - Der Fürst der Finsternis

27.05.2012 - 16:53 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Legendäre Bösewichter
Warner Bros./Warner-Columbia/Concorde/20th Century Fox/moviepilot
Legendäre Bösewichter
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Der legendäre Christopher Lee wird heute stolze 90 Lenze alt. Wir gratulieren dem Briten mit einem Brief, der seine Karriere auf ganz persönliche Weise würdigt.

Außergewöhnliche Menschen erfordern außergewöhnliche Methoden. Aus diesem Grund dachten wir uns, dass Sir Christopher Lee zu seinem 90. Geburtstag keine Standard-Retrospektive von uns bekommt. Stattdessen haben wir ihm einen Brief geschrieben, der an seine schönsten Rollen erinnert. Da er neben Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch, Spanisch, Griechisch und Dänisch auch noch Deutsch spricht (und sich deshalb teilweise selbst synchronisiert hat) dürften ihm die folgenden Zeilen keine Verständnisproblme bereiten.

Lieber Mr. Lee, werter Sir,

zunächst einmal natürlich von Herzen alles erdenklich Gute zu Ihrem 90. Geburtstag!

Ich muss aber zugeben, dass Sie mich in eine ganz schön schwierige Lage bringen. Wo soll ich bloß anfangen, Ihnen zu danken, wenn ich auf ihre rekordträchtige lange Liste herausragender Filme blicke? Sie haben an über 270 Produktionen mitgewirkt und stehen deshalb sogar als Schauspieler mit den meisten Filmrollen im Guinness Buch der Rekorde. Außerdem gelten Sie neben Bela Lugosi als DER Dracula-Darsteller schlechthin und Sie ziehen das Publikum mit dieser Kultfigur seit 1958 in ihren Bann. Doch ich möchte Sie heute, zur Feier ihres Ehrentages, mal an meinen ganz persönlichen Highlights ihrer Filmkarriere teilhaben lassen.

Zugegebenermaßen bin ich kein großer Horror-Freund und habe deshalb nur wenige Ihrer Filme gesehen, die für die berühmten Hammer Film Productions gedreht wurden (Dracula, Blut für Dracula, Draculas Rückkehr). Dennoch finde ich es bewundernswert, wie Sie der populären Vampir-Ikone neues Leben einhauchten und ohne großes Blutvergießen zu überzeugen wussten. Sie selbst haben einmal gesagt, dass Sie es missbilligen, wie sich das heutige Horror-Genre definiert. Wie sehr Sie es verabscheuen, dass Horror scheinbar nur noch mit übertriebener Gewaltdarstellung und vielen Schockeffekten erzielt wird. Und genau diese Haltung von Ihnen finde ich lobenswert, denn Sie gehören noch zu der Generation, die es versteht, auch mit unscheinbaren Mitteln eine große Wirkung zu erzielen. Ihre Interpretation des Graf Dracula hatte etwas unglaublich Sinnliches an sich und kann gerade dadurch immer noch überzeugen – und dabei gleichzeitig Angst und Schrecken verbreiten.

Verständlicherweise hatten Sie ab den 1970er-Jahren aber keine große Lust mehr an ihrer Paraderolle, denn ein wahrer Schauspieler sucht schließlich immer irgendwann nach neuen Ufern. Als Cousin des berühmten James Bond-Schöpfers Ian Fleming lag es da sicher nahe, in James Bond 007 – Der Mann mit dem goldenen Colt auch mal die Bekanntschaft mit dem legendären 007 Roger Moore zu machen. Als Francisco Scaramanga traten Sie hier erneut als Antagonist in Erscheinung und lieferten sich ein spannendes Duell mit Bond. Ganz ehrlich, ich habe Sie immer um die goldene Pistole beneidet.

Nach diesem Agenten-Intermezzo waren Sie dann 1982 als Synchronsprecher bei einem Film beteiligt, der mich nachhaltig geprägt und bewegt hat und für den ich Ihnen ganz besonders danken möchte. In Das letzte Einhorn verkörpern Sie den verbitterten, dürren König Haggard so eindrucksvoll, dass mir die Figur immer einen besonderen Respekt eingeflößt hat. Ihre tiefe Stimme hat etwas so Mächtiges, Geheimnisvolles und Unheimliches an sich, dass Sie dem Film dadurch eine ganz besondere Atmosphäre gaben. Und trotz des schlechten Charakters von Haggard, der alle Einhörner vom roten Stier zusammentreiben lässt um sie für sich allein zu haben, hatte ich durch Sie immer auch Mitleid mit dem einsamen Mann. Meiner Meinung nach tragen Sie besonders dazu bei, dass der Zeichentrickfilm auch für Erwachsene sehenswert ist.

Mit ihrer Rolle als böser Zauberer Saruman in der Herr der Ringe-Trilogie haben Sie erst Recht wieder ihren Platz in der ersten Liga der Bösewichte verteidigt. Niemand hätte Ian McKellen als friedvollem Gandalf eine solch diabolische Kehrseite zuwenden können wie Sie. Als böser Hexenmeister sind sie zweifelsfrei die Idealbesetzung, aber gleichzeitig begann ich mich nach dem Film langsam zu fragen: Was genau fasziniert Sie überhaupt so an der Boshaftigkeit? Sind es für Sie einfach die interessanteren Charaktere, weil Sie mit ihnen die menschlichen Abgründe ausloten können? Ich finde es einfach bemerkenswert, wie Sie ihrem Image als ‘Fürst der Finsternis’ über all die Jahrzehnte hinweg treu blieben und wie überzeugend Sie jedes Mal wieder sind. Auch als Count Dooku in der Star Wars-Saga glänzten Sie schließlich als dunkler Sithlord und haben ihr rotes Lichtschwert eindrucksvoll gegen das des agilen Yoda erhoben. Dadurch haben Sie sich erst Recht auch in die Herzen der jungen Zuschauer gespielt und wurden generationenübergreifend zum Fiesling par excellence.

Zum Schluss bleibt mir nur noch zu sagen, dass ich Ihre langjährige Karriere voller bedeutsamer Rollen bewundere und ich mir wünsche, dass Sie ihr noch viele weitere Filme hinzufügen mögen. Ich hoffe, Sie verzeihen mir meinen schlaglichtartigen Rückblick und ich freue mich schon auf ihren kurzen Auftritt in Der Hobbit: Eine unerwartete Reise.

Mr. Lee, ich ziehe meinen Hut vor Ihnen.

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