Guten Tag.
Herzlich Willkommen zu doctorgonzos "Whisk(e)y
Diaries" - einer verqueren Mischung aus Filmrezension,
Alkoholverkostung, Gesellschaftssatire, Gonzo-Journalismus und
Selbstbeweihräucherung.
Der "Filmabend" ist eine Institution,
die wohl jeder kennt. Viele Menschen gönnen sich dabei aktuelle Kracher,
manche kleine Perlen, manche nutzen ihn als Ouvertüre für eine Nacht zu
zweit, bei anderen ist er Selbstzweck und bei wieder anderen ein toller
Vorwand, um eine perfekte Symbiose aus Kinobesuch und Kneipentour zu
erschaffen.
Im Zuge dessen schaffen es manchmal auch Filme
auf den Schirm, die man so wohl nie angeschaut hätte, oder die der
Aufmerksamkeit der Massen einfach nur entgehen.
Ach, Weihnachten. Man weiß ja, wie schwer es ist, diese Feiertage ohne Wutanfall zu überstehen. Essen mit der Familie, doofe Lieder, der ganze Zirkus eben.
Dem muss doch irgendwie beizukommen sein.
Am besten mit alten Hausmitteln. Schon mein Opa und auch dessen älterer Cousin drölften Grades, der Ritterkreuzträger in der Familie, wußten um die befreiende Wirkung des Alkohols. Wie also lassen sich die Feiertage besser abschließen als mit einer zünftigen Filmnacht und genug Alkohol, um auch eine A4 in die Luft zu bringen?
Richtig! Gar nicht.
Um sofort in die richtige Stimmung zu kommen, starten wir mit "Homer vs. the Eighteenth Amendment" oder "Der mysteriöse Bierbaron" aus der legendären achten Simpsonsstaffel. Dazu gibt es saisongemäßes Tuborg Weihnachtsbier.
"So mutt dat" würde der legendäre norddeutsche Klempnerlehrling sagen.
Die achte Staffel ist einfach grandios. Neben dem herrlichen Bierbaron gibt es dort auch "Die Akte Springfield", "Homers merkwürdiger Chilitrip" und viele andere Kultfolgen. Zur Feier dieses Umstands öffnen wir die erste richtige Flasche des Abends.
Old Pulteney "Isabella Fortuna" - benannt nach einem alten Heringskutter im ehemals größten Heringshafen der Nordsee, also vor dem Ersten Weltkrieg. Ja, Buben und Mädchen, hier kann man etwas lernen.
Einer meiner Freunde schmökert in einem Whiskybuch. Er ist eher Biertrinker, weshalb Whisky für ihn relatives Neuland ist. Er fragt "was ist ein Gasch Romatograph?" Wir lachen über seinen Gag. War kein Gag. Verlesen geht schnell. Gaschromatograph.
Wir schalten direkt um zum Kernpunkt dieses Abends, dem Zweiten Weltkrieg. "Red Tails" Eine Staffel schwarzer Jagdflieger. Beworben mit Namen wie Bryan Cranston (dabei ist der nicht mal schwarz), Cuba Gooding jr. und Terence Howard. Die schaffen es mit akkumulierter Leinwandpräsenz aber nur auf die Dauer einer ausgedehnten Pinkel- oder Raucherpause. Naja, gibt ja noch die Piloten. Alles irgendwelche Jungs aus der zweiten Reihe oder Black Music Stars. Ne-Yo ist auch dabei, neenee. Auf den Schock gibt es einen Schluck irischen Whiskey aus dem Rumfass.
Merken: Teeling´s Rum Finish ist empfehlenswert. Ne-Yo nicht.
Warum werden eigentlich soviele bestenfalls mittelmäßige Musiker jetzt vermehrt im Filmgeschäft geparkt? Glaubt jemand, sie würden dort weniger Schaden anrichten? Nach dem Motto "das Tschernobylzeug ist irgendwie doof, räumen wir es doch einfach in Nachbars Garten".
Bullshit da! Wir vergleichen das Ganze mit "Pearl Harbor". Kann man aber nicht vergleichen. "Pearl Harbor" ist "Verbotene Liebe" mit Explosionen und auch noch Ben Affleck.
Oder wie einer meiner Gäste sagte: "Als der im Kino lief, wollte meine Freundin, dass ich mit ihr da reingehe, das hätte mir Warnung genug sein müssen".
Wir feiern diese Weisheit mit bretonischem Whisky, nachgereift im Sherryfass, und mutmaßen, es wird ein schwerer Abend.
In der FHM gab es vor vielen, also echt vielen, Jahren (lange bevor meine Hausbar mehr wert war als so mancher gute Gebrauchtwagen) mal einen Artikel über "Frauen, die man schwierig rumkriegt" oder so in der Art. Da waren dann Unterpunkte wie "Die Politesse" oder die "Lesbe". Und auch "die Freundin des besten Freundes". Dort kam dann folgende Erläuterung "und wenn Dein bester Freund es herausbekommt, greifen dann sowieso die Japaner an und ihr habt keine Zeit für Streitereien".
Wir lassen das deprimierende Thema "Pearl Harbor", weil dieser Film so unglaublich dämlich ist, dass man ihn wohl nicht mal mit einer Mischung aus Prima Sprit und Napalm schönsaufen könnte.
Also zurück zu den fliegenden Quotenschwarzen. Die dürfen nach einigem politischen Hickhack dann auch mal Jagdflieger spielen. Und es geht gegen die Nazis. Das ist immer gut. Nazis sind für Hollywood viel dankbarere Bösewichter als islamistische Extremisten. Wenn die doofen Deutschen in Filmen niedergemäht werden, macht der Film in Deutschland Quote. Wenn die bösen Turbanterroristen in Filmen niedergemäht werden, drehen die Türken "Tal der Wölfe" und beweisen, dass nicht nicht nur Michael Bay strunzdumme Actionfilme machen kann oder es brennen ganz viele "Stars & Stripes" - wir trinken aus Gesinnungsgründen diesmal keinen Bourbon.
Die Luftwaffenpiloten wirken so arisch und soooo grenzenlos linientreu wie sie unfähig wirken, fehlt nur noch, dass bei den Kabinen der Messerschmitt eine Öffnung ist, damit die Piloten auch während des Fluges den Hitlergruß machen können. Wäre die Luftwaffe so geflogen wie sie es hier tut, wären sie im Polenfeldzug schon von der polnischen Kavallerie (!) runtergeholt worden. Wahrscheinlich hätten sie Polen nicht mal gefunden.
Dazu gibts eine echte "Yo Nigger" Klischeeparade, wenn sie zusammensitzen und Musik machen oder man sich mal die generelle Gruppendynamik zu Gemüte führt, vielleicht sind wir aber auch schon zu betrunken oder noch zu mitgenommen von der Erinnerung an das widerliche "Pearl Harbor", jedenfalls wirkt das ganz oft auf ganz ätzende Weise bemüht, wenn die Jungs untereinander agieren. Der Vorteil an einer Verfilmung über Schwarze zu Zeiten des zweiten Weltkrieges: Sie können nicht über Bitches rappen oder Baggypants tragen.
Die Moral von der Geschicht´: Ja, die Jungs waren supi und irgendwie ist es durchaus beeindruckend, was für ein Actionspektakel Lucas mit vergleichsweise moderatem Budget zusammengestückelt hat.
Zurück in die gute alte Zeit. Joe Dantes letzter guter Film: Tom Hanks als leicht paranoider Nachbar mit Coey Feldman und Bruce Dern an seiner Seiter, der Henry Gibson (dem Obernazi aus "Blues Brothers) hinterherspioniert, weil der wohl ein paar Leichen im Keller hat.
Perfekt, traumhaft und zum Brüllen komisch. Was ist aus solchen Komödien geworden? Warum dreht man die nicht mehr? Wir entscheiden uns für einen schwedischen Whisky als Trauertrunk. Der reift übrigens in einem 40 Meter tiefen Bergwerksschacht. Dort sollte man das Gros aktueller Komödien auch lagern.
Auf diese Weisheit noch einen Schweden. Übrigens sind die Kulissen des Films eben jene, die man später für Desperate Housewives nutzte. Der einzige Reiz der Serie. Wir versuchen uns am Text von Pet Shop Boys´ "Suburbia". Klappt nicht. Ist wohl besser so. Am Schluss fliegt alles in die Luft. Leider waren die Housewives noch nicht dabie, um Teil des Feuerwerks zu werden.
Nächster Stop Schwarz/Weiß Land. Der Kalte Krieg in meinem Wohnzimmer. Dazu walisischer Whisky, gereift im Portweinfass, so lässt es sich leben.
Der dreifache Sellers und der wunderbare George C. Scott, der damals seinen Oscar für "Patton" nicht haben wollte präsentieren uns "Dr. Seltsam, oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben". Einer meiner Gäste hat den noch nie gesehen, war aber 2012 mal in einer Sondervorstellung von "Titanic". Kurzes Mitleidsbier, bevor Slim Pickens die Bombe reitet und für eine der besten Filmszenen der Geschichte sorgt.
Mitleidsbier reicht nicht. Wenn man "Titanic" im Kino gesehen hat, braucht man etwas härteres. Speziell, wenn man es wider besseres Wissen getan hat. Also Glenfarclas 105, entspannte 60%, rein und gesund. Das Leben kann so schön sein. Zum Schluss, so kurz nach 4 Uhr morgens, werfen wir noch "Fluchtpunkt San Francisco" rein, nur, damit ich erklären kann, worauf die zweite Hälfte aus Tarantinos "Death Proof - Todsicher" basiert.
Einfach immer wieder stark, ein wortkarger Klassiker, der Gesellschaftskritik und Autoaction kombiniert.
Als Abschiedsschluck kehren wir nochmal zum Anfang zurück. 6 Uhr morgens ist eine Spitzenzeit, um ins Bett zu gehen.Good Night and Good Morning.