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Tick Tack - die Geschichte einer Kuckucksuhr

01.12.2015 - 10:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert

Universum Film

Ein Duett, ersonnen aus dem Aufeinandertreffen zweier Herzen.

Freie Autorin bei Moviepilot. Außerdem Merida-Stand-in, Animations-Liebhaberin, Sandman-Dauerschauer und die richtige Adresse, wenn es um Gourmet-Tipps für Streaming-Genießer geht.

Winter is coming - der Winter kommt. Winter heißt Geschichten, Winter heißt Kälte. Und heute erzähle ich euch die Geschichte eines besonderen Jungen mit einem einfachen Namen: Jack. Es ist keine Geschichte mit Happy End, aber eine schöne - und sie beginnt und endet mit dem kältesten Tag, den Schottland je gesehen hat. Oh, und ich wurde drauf hingewiesen - ja, das hier enthält eigentlich nen Spoiler für das Ende des Films "Jack und das Kuckucksuhrherz". Aber ich finde, man kann es trotzdem lesen ;)

Tick Tack.
Schritt für Schritt. Es ist kalt hier draußen. So kalt, dass die Schneeflocken selbst zu sehr frieren, um dem Boden entgegen zu sinken.
Die Kälte ist nichts Neues für mich. Wie eine alte Vertraute grüßt sie mich von den Eiszapfen herab, die sich an die Bäume klammern und den Vögeln die Zuflucht zwischen den Zweigen verwehren.
Tick Tack.
Sie hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Hat mir ein Leben gegeben, wie es niemand zuvor je gesehen hat.
So kalt war der Tag, dass Fische, glitzernde Kaskaden hinter sich herziehend, mitten im Sprung einfroren, einen bizarren Bogengang aus erstarrtem Wasser formend.
So kalt, dass der Weg zur Spitze des Berges einer Eisbahn glich, gesäumt von spitzenbewehrten Baumgerippen und Schneewehen.
Tick Tack.
Es macht mir nichts aus, in die Kälte zurückzukehren. Mein Atem schwebt mir wie ein bleicher Schatten voran, während die weichen, weißen Flocken sich einen Platz auf der Erde suchen, auf den sie sich betten können.
Tick Tack.
Die Menschen sagen, das Leben sei eine Reise. Ich bin weit gereist. Stets einem Trugbild hinterher, vor dem man mich ein ums andere Mal gewarnt hat.
Doch niemand wusste, dass man das Trugbild erreichen kann – und es in seine Arme schließen kann.
Tick Tack.
Ist es nicht seltsam, wie sich die Ketten der Umstände eines Lebens zu Kreisen schließen? Ringen gleich, die zwei Herzen vereinen sollen. Wenn man denn ein Herz hat.
Und ist es nicht merkwürdig, wie sich alles zu wiederholen scheint, auch wenn es in einem anderen Leben passiert ist?
Tick Tack.
Wo Kälte ist, ist meist auch Dunkelheit.
Ich kenne die Kälte, in deren Mitte ein Licht auf einen wartet.
Aber ich kenne die Dunkelheit ebenso gut. Auch wenn meine Dunkelheit mit Sicherheit eine andere ist, als das samtige Schwarz, das einen nachts umfängt. Eine andere, als die dunkle Seide, die einen weiß getünchten Gaukler in der Geisterbahn kleidet, oder das schwarz glänzende Wachs eines geschwungenen Schnurrbartes, unter dem stets ein Lächeln hervor blitzt.
Nein, meine Dunkelheit ist spinnendürr und so hoch, dass ich den Kopf in den Nacken legen muss, um sie ansehen zu können. Sie ist ein Scheusal, das den Hass wie eine Wolke um sich sammelt, mich einäugig anstiert und mir das einzige schlagende Herz nehmen will, das ich je wollte.
Tick Tack.
Wo Kälte ist, muss ihr die Wärme ein Gegensatz sein. Wärme ist Vieles.
Wärme ist das Rattern von Zahnrädern und das Klingen von Glockenspielen. Wärme ist eine schwarze Katze mit runden Brillengläsern, ein kleines Ei in der Tasche.
Wärme ist ein Leierkasten, zum Leben erweckt durch zärtliche, schlanke Finger. Wärme ist Wasser, das nach oben fließt, Blätter, die zurück zu den Bäumen fliegen, denen der Wind sie entrissen hat, ein Duett, ersonnen aus zwei aufeinandertreffenden, einsamen Seelen. Wärme ist ein Strauß Brillen, eine Reise durch Andalusien und die Kuriositäten eines Wanderzirkusses.
Wärme sind Rosen, die den ebenhölzernen Haaren entschweben, denen sie zur Zierde gereichen sollen. Wärme ist SIE.
Tick.
Drei goldene Regeln sollten die Zahnräder in mir davor bewahren, sich ineinander zu verbeißen wie wütende Hunde und zu springen. Jede einzelne davon ist zerbrochen wie die Porzellanflasche voll Tränenlikör, die ich in meiner Tasche trug, als ich fortging.
Spiele nie mit den Zeigern deines Herzens.
Lass die Wut niemals ihre Federn verdrehen.
Und verliebe dich nie, niemals.
Tack.
Ich verweile unter dem Scherenschnitt, den der Baum am Wegesrand gegen den schneeflockenhellen Himmel wirft.
Tick.
Ich kann ihre Schritte im Schnee hören, trotz der Kälte so federleicht wie die eines kleinen Singvogels.
Tack.
Ich bin müde. Zahnräder können nicht ewig dem Drang widerstehen, schneller zu laufen, als sie es vermögen.
Tick.
Die Schneeflocken zögern auf ihrem Weg zu mir herunter.
Tack.
Ich schließe ihre Finger um den Schlüssel zu meinem Herzen und lächle.
Tick Tack.
Es ist Zeit.
Ti-