Über die wunderbare Welt der Tragik
Es ist nicht leicht einen Anfang zu finden und schon gar
nicht, wenn man über tausend Dinge gleichzeitig schreiben möchte. Über „The Man
Who Wasn’t There“ könnte ich viel über die besondere Ästhetik der
Schwarz-Weiß-Aufnahmen sagen, über das großartige Spiel mit Licht und Schatten
sinnieren, die wunderbar melancholisch ausgesuchte klassische Musik würdigen
oder das tolle Schauspielerensemble loben und wie perfekt den Coen-Brüdern es
gelingt dies alles in ein harmonisches Ganzes zu fassen. Für mich steht aber
insbesondere die Tragik der Hauptfigur Ed Crane im Mittelpunkt des Films.
Ein einfacher Friseur
„Ich, ich rede
nicht viel. Ich schneide nur die Haare.“
Ed Crane ist
gefangen in einer Welt aus Monotonie und Tristesse. Teilnahmslos scheint das
Leben an ihm vorbei zu ziehen. Ed hat sich damit abgefunden und zwar mit allem.
Seiner dominanten Ehefrau, seinem eintönigen Beruf als Friseur
und den sinnentleerten Gesprächen mit seinen Mitmenschen, Freunden und
Kollegen. Ed Cranes einziger Versuch aus diesem Dilemma auszubrechen, lässt
jedoch zugleich seinen gesamten Mikrokosmos zusammenstürzen. Am Ende steht der
Friseur vor dem Nichts.
War es das wert?
„Das Leben hat mir schlechte Karten gegeben. Vielleicht habe ich sie auch nur falsch gespielt. Ich weiß es nicht.“
Ed Crane ist gepackt von einer Sehnsucht mehr als nur Durchschnitt, als bloßes Mittelmaß zu sein. Er hat eine Frau, ein Haus und einen Beruf. Das sollte doch eigentlich reichen. Aber es muss noch mehr geben, weit mehr als eine distanzierte Frau, die ihn betrügt, falsche Freunde und einen ermüdenden Beruf. Ed möchte endlich aus dieser widerlichen Scheinwelt heraustreten. Doch genau dies wird dem Friseur zum Verhängnis.
Lautet deshalb die Moral der Geschichte: Die Karten können nicht neu gemischt werden und wer es versucht, verliert sofort?!
Die Frage, die sich mir hierbei stellt: Was bleibt am Ende für ein Ausweg?
Die Antwort: Gar keiner!
Letztlich bleibt nur die trostlose Wahl zwischen stillem Leiden oder dem frühzeitigem Untergang. So gesehen, hat Ed im Grunde schon verloren. Die Tragik seines Schicksals ist bereits besiegelt. Allein wie schnell es vorbei geht, liegt in seiner Hand.
Die nächste Frage könnte daher lauten: Was hat das Leben überhaupt für einen Sinn?
Für Ed Crane zumindest hat solch ein trostloses Leben keinen Sinn. Umso konsquenter wird am Schluss der Friseurstuhl gegen den elektrischen Stuhl ausgetauscht. Damit ist Ed letzten Endes der Scheinwelt entkommen und hat dieser sogar ein Rundumschlag verpasst, schließlich stirbt nicht nur ein Mensch in Folge der unglücklichen Umstände, die Ed ins Rollen gebracht hat. In dieser Hinsicht war sein Versuch sich gegen sein Schicksal aufzulehnen erfolgreich. Der falsche Zauber ist vorbei und zurück bleibt nur der Schmerz. Die Lüge muss der Wahrheit weichen!
Warum "The Man Who Wasn’t There" als Lieblingsfilm?
Es ist vor allem dieser existentialistische Grundton von "The Man Who Wasn’t There" , der diesen für mich ganz besonderen Reiz ausmacht; mal abgesehen von der fabelhaften Inszenierung. Die Coen-Brüder haben mit diesem Film ein tieftrauriges, zynisches Drama erschaffen, das mich von Beginn an völlig in seinem Bann hatte und das auch nach Abspann der Credits in meinem Kopf weiterlief.
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