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Wer ist Rey? Eine irrsinnige Star-Wars-Geschichte

09.09.2020 - 16:00 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
Rey Skywalker?
The Walt Disney Company Germany GmbH
Rey Skywalker?
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Viele Aussagen, wenige Erkenntnisse. Die mitunter größte Frage im Star-Wars-Universum wird bis heute diskutiert und erhält immer wieder neues Feuer. Woher kommt Rey? Welchen Plan hatten die Regisseure tatsächlich für sie?

Kein Rätsel hat die Star-Wars-Gemeinde in den letzten Jahren so stark herumgetrieben, wie die Frage danach, wer oder was Rey, die Protagonistin aus Disney’s Sequel-Trilogie, ist. Ausgangspunkt war Ende 2015 der Start von Episode VII und damit der lang erwarteten Fortsetzung der berühmten Saga. J.J. Abrams, der Regisseur, und sein Team rund um Drehbuchautor Lawrence Kasdan machten aus der Herkunft von Rey ein großes Geheimnis – zumindest schien dies den meisten Fans so.

Rey’s Abenteuer beginnt, wie einst das von Luke Skywalker, auf einem einsamen Wüstenplaneten. Und sie verfügt, wie einst Anakin Skywalker, über außergewöhnliche Fähigkeiten. Angereichert wird dieses Vermächtnis mit verheißungsvollen Rückblenden und vagen Hintergrundstimmen, die nur leise andeuteten, was es mit Rey auf sich haben könnte. Für den meisten Fans reichten diese Andeutungen aus, um sich für die folgenden zwei Jahre in aber dutzende Spekulationen zu stürzen.

Wer ist Rey?  Lukes Tochter, Han und Leias Tochter, eine Kenobi oder vielleicht sogar eine Palpatine? Mit den Antworten von Episode VIII ließ Rian Johnson die Fanbase schließlich tief gespalten zurück. Rey ist ein Niemand. Keine vielversprechende Verwandtschaft; einfach ein Niemand. Was hatte es dann mit all den Andeutungen und den Mysterien in Episode VII auf sich?

Ein Großteil der Zuschauer war sichtlich enttäuscht über diesen Ausgang und es entbrannte schnell ein Streit darüber, ob Rian Johnson die Geschichte von J.J. Abrams überhaupt kohärent fortgesetzt hätte oder schlicht sein ganz eigenes Ding aus der Trilogie gemacht hat. Seitdem schwirren viele Antworten im Netz. Schauspielerin Daisy Ridley hat dem jetzt etwas Neues hinzugefügt. In einem Interview mit „Jimmy Kimmel Live“  antwortet sie erneut auf dieses Thema:

Josh Gad: „Have you been keeping Rey’s secret from the beginning? Did you know about the parentage? Tell me about that journey.“
Daisy Ridley: „No. At the beginning there was toying with like an Obi-Wan connection and then – there were like different versions – it really went to that she was no one. And then it came to Episode IX and J.J. pitched me the film and was like 'Oh yeah, palpatine’s granddaddy' and I was like 'Awesome'. And then two weeks later he was like 'Oh, we’re not sure'. So it kept changing. Even as we filming and I wasn’t sure what the answer was going to be.“

Nun war sie ursprünglich also doch als Kenobi gedacht. Diese Antwort ist neu. Oder zumindest wurde mit dieser Idee als eine von vielen gespielt. Mit Blick auf die Geschichte der Aussagen der Verantwortlichen ergeben sich verschiedene Bilder. Gerade Daisy Ridley hat sich in der Vergangenheit schon mehrfach zu der Frage nach der Herkunft ihres Charakters geäußert und dabei ganz unterschiedliche Antworten gegeben.


Die vermeintliche Kohärenz zwischen Episode VII und VIII

Der Kinostart von Episode IX hat wieder zu neuen Verwerfungen geführt. Nun fühlten sich plötzlich die Fans von „The Last Jedi“ vor den Kopf gestoßen, als die Figur Rey von einem Niemand zu der Enkelin von Imperator Palpatine umgedeutet wurde. Ganz nach dem Motto: „What I told you was true, from a certain point of view.“ Das Fan-Lager, welches ohnehin schon von Episode VIII enttäuscht worden war, sah sich nun bestätigt: Diese Trilogie besaß zu keinem Zeitpunkt einen Plan und Johnson sowie Abrams haben die Geschichte jeweils so umgeschrieben, wie es ihnen in den Kram passte.

„The Last Jedi“-Fans bestehen hingegen auf die Annahme, Rian Johnsons Vision sei zu jedem Zeitpunkt absolut konsistent mit J.J.s Episode VII gewesen. Es sei J.J. Abrams gewesen, der nach dem Backlash zu „The Last Jedi“ weich geworden und mit Episode IX einzig auf das Befriedigen der Fans aus gewesen wäre. Das Resultat war die Erfindung von Palpatines Rückkehr und seine Verwandtschaft zu Rey, womit die ehemals enttäuschte Teilgruppe der Fans nun doch endlich ihre Verwandtschaftsbeziehung erhielt.

Glücklich war damit allerdings nahezu keiner, da selbst den angesprochenen Zuschauern auffiel, dass Episode IX hier nichts weiter als banalen Fanservice betrieb und sich Palpatines Rückkehr alles andere als organisch in die Trilogie einfügte. Insofern werden wohl auch die wenigsten Leute glauben, dass J.J. seit Episode VII geplant hatte Palpatine zurückzuholen .

Aber war die Sequel-Trilogie bis einschließlich Episode VIII tatsächlich konsistent? Der Hollywood Reporter  sprach den Co-Autor Chris Terrio von Episode IX darauf an:

During The Last Jedi press, Daisy Ridley said that the answer to Rey’s parentage hadn’t changed since J.J. first told her on the set of The Force Awakens. Instead of the narrative that J.J. retconned Rian’s answer of “nobody,” is it more accurate to say that J.J. retconned his own original answer — at least from your vantage point?
Chris Terrio: „I don't think I can speak for J.J. on this, even to give my vantage point on his vantage point. I'd have to leave it to J.J.“


Hat J.J. Abrams seine eigene Vision revidiert? Woher kommt diese Aussage von Daisy Ridley, die sich mit ihrer neuen Aussage selbst widersprochen haben müsste? Kurz vor dem Kinostart von Episode VIII erschien ein Artikel der Seite Rollingstone , in der Ridley und Johnson folgendes zu Protokoll gaben:

Unlike almost everyone else in the world, Ridley has known for years who Rey’s parents are, since Abrams told her on the set of The Force Awakens. Ridley believes that nothing ever changed: “I thought what I was told in the beginning is what it is.” Which is odd, because Johnson insists he had free rein to come up with any answer he wanted to the question. “I wasn’t given any directive as to what that had to be,” he says. “I was never given the information that she is this or she is that.”


Zwei zentrale Informationen lassen sich hieraus ziehen: Auf der einen Seite widerspricht sich Daisy Ridley hier entweder selbst oder eine der „different versions“ zu Beginn der Trilogie war tatsächlich die Idee von Abrams, dass Rey ein Niemand sein sollte. Vielleicht hatte J.J. Abrams seine Episode VII letztlich so vage ausformuliert, dass jede Antwort hätte passen können, immerhin wusste er zu diesem Zeitpunkt, dass er für Episode VIII und IX nicht verantwortlich sein wird. Am Ende konnte Abrams also immer behaupten, dass er mit Johnsons Version  total einverstanden war, was er letztlich auch tat — um es später dann doch wieder umzudeuten und seine Vision von Star Wars  von „The Last Jedi“ zu separieren:

“On the other hand,” he added, “it’s a bit of a meta approach to the story. I don’t think that people go to ‘Star Wars’ to be told, ‘This doesn’t matter.’”

Auf der anderen Seite gibt Rian Johnson zu, dass er komplett freie Hand, ohne irgendwelche Vorgaben bzw. Absprachen, hatte. Also, selbst wenn sich Johnson an J.J. Abrams ursprüngliche Vision für Reys Vergangenheit gehalten hat, nämlich dass sie immer als „nobody“ konzipiert war, dann war es reiner Zufall, dass Johnson diese Vision aufgegriffen und exakt so fortgeführt hat.

Mit Blick auf Episode VII können die Anspielungen natürlich immer unterschiedlich interpretiert werden. Die Aussagen von der Figur Maz Kanata können so gedeutet werden, dass der Film auf keine große Enthüllung, sondern genau auf das Konzept des „nobody’s“ hingearbeitet hat: „Dear child, whomever you're waiting for on jakku, they‘re never coming back. (…) The belonging you seek being ahead of you and not behind.“

Andere Szenen vermitteln jedoch genau das Gegenteil: Warum hat Rey diese Visionen, wenn dahinter letztendlich nichts Tieferes steckt? Dass J.J. Abrams ursprünglich eine Familienzugehörigkeit für Rey geplant hatte, kann durch das wegfliegende Schiff auf Jakku eigentlich nicht eindeutiger inszeniert sein.

Sicher ist zumindest, dass Rian Johnson sich keiner Idee von Abrams gefügt hat, dass bestätigt er sowohl in dem oberen Zitat, als auch in den Bonusinhalten von „The Last Jedi“: Für ihn war Kylo’s Enthüllung , die schlimmste Antwort, die Rey hätte hören können und das Beste für die momentane Geschichte. Diese Aussagen stützen die fehlende Verbindung zu J.J. Abrams Ideen. Johnson hat sich nie auf irgendeine Outline, einen Plan oder J.J.s Vorschläge verlassen.

Im Gegenteil: Rian Johnson hat damals sogar darum gebeten, das Ende von Episode VII zu ändern, um seine Vision von Luke Skywalker umsetzen zu können. Ursprünglich sollte Luke Skywalker umgeben von schwebenden Steinen auf der einsamen Insel zu sehen sein, d.h. J.J. Abrams plante für ihn keine Abschottung  von der Macht. Die ganzen Behauptungen, Johnson wäre nur dem gefolgt, was Episode VII ihm hinterlassen hatte und dementsprechend darauf aufgebaut hätte, sind also mehr als brüchig.

Es kann keine andere Schlussfolgerung gezogen werden, als das J.J. Abrams und Rian Johnson gänzlich andere Vorstellungen von Star Wars hatten. Ob Episode VII jemals dazu konzipiert war keine bekannte Familienzugehörigkeit Rey’s zu intendieren, kann abschließend nicht geklärt werden, aber es bleibt bei aller Evidenz doch eher unwahrscheinlich. Einige Zuschauer mögen die beiden ersten Sequels als kohärent ansehen, die gedachten Verbindungen (wenn denn überhaupt so interpretierbar) waren jedoch mehr zufällig, als tatsächlich geplant.


Abrams' Entscheidung in Episode IX war richtig, aber zu spät

Letztendlich kursierten eine ganze Menge verschiedener und widersprüchlicher Aussagen im Netz. Was sich J.J. Abrams während Episode VII  genau dachte, wird wohl nie abschließend geklärt werden. Und zu welchem Zeitpunkt Daisy Ridley über was genau Bescheid wusste, bleibt auch schwerlich zu fassen. Vermutlich war die Idee vom „nobody“ tatsächlich eine von vielen Ideen während der Produktion von Episode VII und als sie diesbezüglich während der Promo-Tour von „The Last Jedi“ gefragt wurde, gab sie eine der vielen Antworten, die genau zu der Richtung passte, in die Rian Johnson die Geschichte interpretiert hatte. Was sollte sie zu dieser Zeit auch anderes sagen? Im Jahr 2016 hatte sie bereits eine andere Aussage  dazu getätigt, die wieder mehr zu ihrer aktuellen Stellungnahme passt:

I thought a lot was answered in The Force Awakens. Then after the screening I went for a drink with my agent and everyone, and we were chatting away and I realized that oh, in their minds it’s not answered at all!


Mit Episode IX mag Abrams die Geschichte des Vorgängers offensichtlich umgeschrieben und damit den Bogen überspannt haben. Jedoch muss auch hierbei fairerweise gesagt werden, dass Rey’s Verwandtschaft zu Palpatine genauso „kohärent“ zu Episode VIII interpretiert werden kann, wie es einst die Fans von Episode VII und VIII behauptet haben. J.J. Abrams und Chris Terrio haben mehrfach darauf bestanden, dass ihre Vision konsistent zu Johnsons Ansatz ist.

Und sie haben recht, egal wie schlimm und zufällig man diesen Twist finden mag. Es ist wie die Erklärung von Obi-Wan Kenobi zu Luke Skywalker in Episode VI: „What I told you was true, from a certain point of view.“ Genauso wie damals bei Episode V und Darth Vader war es bei Kylo Ren’s Aussage in Episode VIII diskutierbar, ob er nicht gelogen haben könnte, um Rey auf seine Seite zu ziehen. Episode IX mag damit einen faulen Twist ausspielen, aber es widerspricht nicht Kylo’s Aussage im Film zuvor, dass Rey’s Eltern niemand Bedeutendes waren. Er hat ihr die Wahrheit gesagt, „from a certain point of view.“

Ja, dieser Twist war offensichtlich dazu gedacht, um die enttäuschten Fans von Episode VIII zufriedenzustellen. Außerdem kam der Twist innerhalb der Geschichte und einer Trilogie viel zu spät und fühlte sich zu Recht mehr als erzwungen und faul an. Es war Fanservice, mehr nicht. Und dennoch ergreift J.J. Abrams damit ein Thema, um das es in der Star-Wars-Saga von George Lucas  schon immer ging:

It's all about generations and it's about, you know, the issues of fathers and sons and grandfathers; it's a family soap opera. I mean, ultimately. We call it a space opera, but people don't realize it's actually a soap opera. And it's all about family problems — it's not about spaceships.


Weil zu der Sequel-Trilogie wahrscheinlich nie ordentliche Making-of Bücher erscheinen werden, darf man gespannt bleiben, über welche ursprünglichen „Pläne“ die Verantwortlichen und der Cast uns in Zukunft noch erhellen werden.

Was haltet Ihr von Daisy Ridley's neusten Interview-Aussagen?

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