Whitewashing in Gods of Egypt - Weiß ist eine kalte Farbe

25.04.2016 - 09:30 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Nicht annähernd ägyptisch ...
Concorde Filmverleih
Nicht annähernd ägyptisch ...
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Gods of Eygpt: Wieder ein Film, der im alten Ägypten spielt und alle SchauspielerInnen sind weiß ... Aber was einige nicht stört und andere als kleinlich oder künstlerische Freiheit abtun, hat eine viel größere Bedeutung. Es geht um Repräsentation und Identität von der Mehrheit der Weltbevölkerung, die Hollywood noch immer ignoriert. Oder, schlimmer noch, einfach schamlos ausnutzt.

Genau genommen ist "weiß" gar keine Farbe sondern ein Zustand, in dem Farbe gänzlich fehlt. Und gibt es eine bessere Beschreibung für Alex Proyas hübsch weißgewaschenen Film Gods of Egypt? Ich glaube nicht.

Allerdings, was hatte man anderes erwartet. In Hollywood hat "whitewashing", also das kategorische Besetzen von Rollen of color mit weißen SchauspielerInnen in Hollywood-Filmen eine lange, laange, laaange Tradition:

Und diese Tradition ist auch jetzt noch gängig, auch wenn die Stimmen dagegen immer lauter werden. Allein in den letzten paar Wochen gab gleich mehrere kontroverse Casting-Entscheidungen: Joseph Fiennes soll Michael Jackson spielen und findet das auch in Ordnung, weil es witzig gemeint ist. Tilda Swinton hat die Rolle des Ancient One, im Original Tibetaner, in Doctor Strange übernommen, Scarlett Johansson übernimmt die eigentlich japanische Hauptrolle in der Neuverfilmung von Ghost in the Shell, Elizabeth Banks mimt Rita Repulsa in der neuen Version der Power Rangers und Zoe Saldana konnte unter anderem aufgrund ihrer viel zu hellen Hautfarbe nicht als Nina Simone überzeugen.

Aber halt. Ganz so einfach ist es nicht. Die Kontroverse um die Darstellung von Figuren of color durch weiße SchauspielerInnen ist bedeutend komplexer, als eine direkter Abgleich von Pigmenten erahnen lässt. Allein die oben genannten Beispiel zeugen von dieser Vielschichtigkeit. Was aber grundsätzlich immer relevant ist, ist der Kontext:

Warum es uncool ist, die alten Ägypter mit weißen Schauspielerin aus Australien, Schottland und Dänemark zu besetzen? Das ist ziemlich einfach zu beantworten: Weil diese Ägypter ihre ethnischen Wurzeln im mittleren Osten bzw. im nubischen Raum hatten. Ganz geklärt ist die Frage ihrer Herkunft noch nicht. Klar ist aber eins: Sie waren alles, aber nicht weiß. Aber es geht um noch viel mehr. Die Darstellung des alten Ägypten durch weiße SchauspielerInnen ist nur ein weiteres Kapitel in der Unsichtbarmachung und Aneignung der ägyptischen Kultur, die schon seit hunderten von Jahren von Europäern und Amerikanern geplündert wurde. (Wo steht der Kopf der Nofretete? In Berlin ...) Selbst innerhalb der Wissenschaften, sei es Kunstgeschichte oder Ärchäologie, wurden die Ägypter ihrer Ethnizität beraubt . Seit dem 18. Jahrhundert wurde immer wieder und lange Zeit sehr erfolgreich behauptet, dass diese hochintellektuelle Zivilisation kaukasischer Abstammung sein musste, die zwar mit Schwarzen zusammenlebte, diese aber eher als Sklaven benutzte.

Was ist so schlimm daran, dass Zoe Saldanas Hautfarbe ein paar Nuancen heller ist als Nina Simones? Auf den ersten Blick mag man hier Kleinlichkeit vermuten. Kennt man die Geschichte von Nina Simone aber näher, wird man wissen, dass sie unter anderem eine Ikone war, weil sie es schaffte, ihre sehr dunkle Haut nicht nur zu lieben, sondern auch als Vorbild für schwarze Frauen zu dienen, deren Nuancen so dunkel waren, dass sie sogar innerhalb der eigenen Community unter dem Stigma von Hässlichkeit und Minderwertigkeit litten. Dies mag eine Nuance sein, die die weißen Produzenten unterschätzten. Trotzdem war es ihnen dann doch wichtig, dass Nina Simones sehr dunkler Phänotyp korrekt dargestellt wird. Weshalb man Saldana faktisch ein "blackface" verpasste, indem man sie dunkler schminkte. Was wirklich absurd ist.

Nina - Trailer (English) HD
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Allerdings nicht ganz so absurd wie Joseph Fiennes als Michael Jackson. Natürlich kann man hier über die Hautfarbe Jackson spekulieren und argumentieren. Aber auch hier führt die Diskussion an dem wirklichen relevanten Kern vorbei. Und dieser ist nicht farblich bestimmbar, sondern hat etwas mit Community und Kultur zu tun. Wie Nina Simone war Michael Jackson eine Ikone der afroamerikanischen Bewegung, seine Musik stets von seinen Wurzeln im Soul etc. beeinflusst. Noch dazu ist die Besetzung mit einem weißen Mann hochgradig unsensibel der Tatsache gegenüber, dass Jackson große Probleme mit seiner Haut hatte, litt er doch an Vitiligo , einer Krankheit, die die Pigmentierung der Haut auflöst, ein Prozess, dessen psychologische Folgen man nicht unterschätzen sollte, ist die Hautfarbe eines jeden Menschen doch unwiderruflich ein wichtiger Bestandteil seines Zugehörigkeitsgefühls.

Doch weg von Einzelfällen. Was tun mit diesem Thema bei dem die künstlerische Freiheit, Figuren zu besetzen, wie man möchte, auf rassistische, kulturelle und gesellschaftspolitische Einwände stößt? Ich habe keine genaue Antwort aber ein paar Ideen (und freue mich in den Kommentaren auf eure Anmerkungen).

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