Wie A Silent Voice hilft, Mobbing und seine Folgen besser zu verstehen

18.11.2018 - 09:00 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Shoya, Shoko und ihre FreundeKAZÉ
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Mobbing ist nach wie vor ein Thema, welches nichts von seiner Relevanz eingebüßt hat. Heute wollen wir uns dieses Gegenstandes im Rahmen des nachfolgenden Textes widmen.

Anlässlich des heutigen Behaupte-Dich-gegen-Mobbing-Tags möchte ich mich dieses wichtigen Themas annehmen. Wie sicherlich viele von uns, so habe ich im Laufe meines Lebens Erfahrungen mit Mobbing gemacht, besonders während meiner Schulzeit und diese Erfahrungen prägen mich bis heute. Mir wird oft gesagt, ich sei ein sehr ruhiger Mensch, was gewiss stimmt. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass es mir aufgrund meiner persönlichen Erlebnisse mit Mobbing schwer fällt, mich anderen Menschen zu öffnen. Ich bin auch nicht der Einzige, der sich wegen solcher Erfahrungen zurückgezogen hat. Welche Konsequenzen Mobbing noch haben und wie es überwunden werden kann, möchte ich euch anhand von einem meiner Lieblingsfilme zeigen: A Silent Voice von Naoko Yamada.

Worum geht es in A Silent Voice?

Im Fokus der Geschichte steht der Grundschüler Shōya welcher gemeinsam mit seinen Freunden viel Spaß hat und sich mit seinen Klassenkameraden gut zu verstehen scheint. Im laufenden Schuljahr wechselt das taube Mädchen Shōko in die Klasse und stellt nicht nur ihre Lehrer, sondern ebenfalls ihre Mitschüler vor neue Herausforderungen. Shōya macht in ihr indes ein leichtes Ziel aus und beginnt damit, sie zu mobben, bis sie die Schule verlässt. Anschließend wird unser Hauptcharakter als Sündenbock auserkoren und sieht sich nun seinerseits mit den Mobbing-Attacken seiner Mitschüler konfrontiert. Er spürt am eigenen Leib, welchen Schmerz er Shōko zugefügt haben muss. Jahre später, Shōya besucht inzwischen die Highschool, will er sich bei Shōko für das, was er ihr in der Grundschule antat, entschuldigen.

Shōya

Die Geschichte wird uns somit aus der Perspektive des Mobbers Shōya präsentiert, der nicht nur Shōko zutiefst verletzt, sondern auch selbst schwere seelische Narben davonträgt. Er entwickelte soziale Ängste, kann seinen Mitschülern nicht mehr in die Augen blicken, isoliert sich selbst und akzeptiert sein Exil als Strafe für seine Taten. Dies wird so schlimm, dass Shōya als einzigen Ausweg nur noch den Suizid sieht. Da er sich doch nicht umbringen kann, versucht er, seine Taten von damals wieder gut zu machen. Er sucht Vergebung, möchte sich mit Shōko anfreunden und ihr dabei helfen, ihre Träume sowie Wünsche wahr werden zu lassen. Doch verdient Shōya Vergebung für seine Taten? Müssen Opfer ihren Peinigern vergeben, nur weil diese später Reue für ihre Taten verspüren und nach Vergebung suchen?

Mobbing hinterlässt Narben - bei Tätern und Opfern

Shōkos und Shōyas Leben haben sich aufgrund ihrer Erlebnisse für immer verändert. Nicht nur, weil Shōya Shōko mobbte, sondern auch, weil andere sie mobbten und weil Shōya selbst gemobbt wurde. Der Fokus auf Shōya ermöglicht es uns, in die Gedankenwelt des Mobbers zu blicken und offenbart, wie seine Aktionen Narben verursachen - bei sich selbst genauso wie bei Shōko. Dies entschuldigt in keinster Weise seine Taten, doch es zeigt uns, wie Menschen, in diesem Falle Kinder, versuchen, mit Konzepten umzugehen, die sie nicht verstehen und Shōya schließlich dazu treiben, zur physischen Gewalt überzugehen.

Shōko

Welche Folgen diese Taten für Shōya hatten, erwähnte ich bereits, weshalb wir nun zu Shōko kommen. Sie versuchte, mit ihren Mitschülern Kontakt aufzubauen, setzte dabei jedoch oft ein falsches Lächeln auf und entschuldigte sich stets sofort, um jeglichen Ärger aus dem Weg zu gehen, was Shōya sowie andere Mitschüler nur zusätzlich motivierte. Shōko bereitet es noch Jahre später Probleme, mit anderen Menschen zu reden ohne sich selbst als Last zu empfinden. Dies geht so weit, dass sie sich für Shōyas Einsamkeit verantwortlich fühlt, weshalb sie sich das Leben nehmen will, damit er wieder bei seinen Freunden sein kann.

Mobbing beeinflusst ebenfalls die Menschen um Täter und Opfer herum

Darüber hinaus zeigt uns A Silent Voice, wie solche Dinge bis ins junge Erwachsenenalter erhalten bleiben. Das wird besonders dadurch deutlich, dass einige von Shōyas Freunden das Ausmaß von Shōkos Behinderung selbst Jahre später noch nicht begreifen können. Sie wollen nicht einsehen, dass ihre Taten, geboren aus dem Gruppendruck ihres sozialen Umfelds, damals falsch waren. Gruppendruck und Mobbing bedingen einander. Oft versuchen Mobber, ihre eigene Unsicherheit zu überspielen und ihre Position in der Gruppe zu stärken, indem sie ihre Emotionen an jemandem auslassen, der schwächer ist als sie. Besonders deutlich wird dies bei Shōyas und Shōkos Mitschülerin Naoko.

Naoko

Naoko mobbte gemeinsam mit anderen Mädchen Shōko. Doch im Grunde unterscheidet sie sich nicht großartig von unseren beiden Hauptcharakteren. Sie ist auch Jahre später noch wütend auf Shōko, da diese sie ständig daran erinnert, was sie tat. Shōko ist ein Spiegel von Naokos Komplizenschaft und aktiver Grausamkeit. Naoko will sich selbst so nicht sehen, kann dieser Seite von ihr in Shōkos Gegenwart jedoch nicht entkommen. Bei all diesen wichtigen wie schmerzvollen Themen blickt der Film nicht weg, zensiert nicht, sondern zeigt uns schonungslos die Konsequenzen, die Mobbing haben kann und erinnert uns so daran, wie schlimm diese sein können; für alle Beteiligten.

Wie kann Mobbing überwunden werden?

Die Reise zur Heilung, mit der Mobbing überwunden werden kann, beginnt stets mit einer Wahl. Wir haben die Wahl, denen zu vergeben, die uns Unrecht taten und uns mit denen zu versöhnen, denen wir wir Unrecht getan haben. Wir können uns von anderen helfen lassen, unsere Wunden zu schließen. Bereits kleine Dinge können dabei helfen, dass sich jemand akzeptiert und verstanden fühlt. A Silent Voice zeigt berührend: Vergebung und Verständnis sowie Respekt und Mitgefühl für andere sind die besten Wege zur Heilung.

Shōya und Shōko

Shōya versucht dies, indem er Shōko am Ende des Films um Hilfe bittet. Er versucht, sich einem anderen Menschen gegenüber wieder zu öffnen und wieder Glauben in andere Menschen zu setzen, denen er wichtig ist. Manchmal müssen wir uns auf andere verlassen und diesen Schritt wagen, um für andere ein besseres Verständnis entwickeln zu können. Diese Handlungen bedeuten, sich einzugestehen, dass wir nicht allein auf dieser Welt sind.

Mehr: Mobbing: Behaupte dich dagegen!

Was glaubt ihr: Wie kann Mobbing überwunden werden?

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