Wir schauen House of Cards - Staffel 1, Episode 6

15.12.2013 - 20:15 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Der Streik
Netflix
Der Streik
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Erstmals zeigt uns House of Cards eine andere Seite des unbesiegbaren Francis Underwood und schon haben wir die bislang womöglich interessanteste Episode. Lasst sie mit uns Revue passieren.

Ein paar Stunden hat es gedauert, aber mit der sechsten Episode von House of Cards zeigen uns die Macher endlich, dass ihr Protagonist auch Fehler machen kann. Auch wenn sie letztendlich doch ins alte Muster fällt, ist Der Streik doch die bislang interessanteste Folge, weil sie es tatsächlich schafft, uns unentdeckte Seiten der wichtigsten Charaktere zu zeigen.

Marty Spinella (Al Sapienza) scheint es zu schaffen, Francis (Kevin Spacey) ernsthafte Probleme zu bereiten. Er schickt die Lehrer national auf die Barrikaden, um gegen Franks Gesetzesentwurf zu protestieren, was den Druck auf den Kongressabgeordneten enorm erhöht. Frank wäre jedoch nicht Frank, wenn er sich tatsächlich auf einen Kompromiss oder gar eine Niederlage einlassen würde und so bedient er sich wahrlich schmutziger Mittel, um Spinella zu schlagen: Er lässt einen Backstein-Anschlag auf sein Haus verrichten, um es seinem Gegenspieler in die Schuhe zu schieben, der sich wiederum so sehr davon provozieren lässt, dass er Francis gegenüber handgreiflich wird, was natürlich sein endgültiges Aus bedeutet. Am Ende steht Frank wieder als unschlagbarer Übermensch da, auch wenn er dieses Mal alles andere als gut dabei aussah. Gleichzeitig dürfen wir erstmals ein wenig in Claires (Robin Wright) Gefühlswelt gegenüber der Beziehung zu ihrem Ehemann blicken, während Peter (Corey Stoll) sich Frank vollkommen hingibt, um Governeur werden zu können.

Das Ausgangsszenario ist ein mittlerweile bekanntes: Die Folge wird direkt mit einem Problem für Frank eröffnet, welches sogar kurzzeitig in der Lage ist, uns glauben zu lassen, dass unser Held es dieses Mal mit einem wirklichen Problem zu tun hat. Dass er am Ende wiedermal mit einem unbestreitbaren Triumph aus der Episode tritt, ist gewissermaßen schade, aber in Anbetracht des überraschend vielseitigen Wegs dorthin durchaus zu verschmerzen, vor allem weil es einen dunkle Vorahnung auf die kommenden Episoden wirft. Frank hat einen neuen “Tiefpunkt” erreicht, schmutziger als jemals zuvor musste er sich seinen Sieg erarbeiten und sieht schlussendlich gar nicht mal so ruhmreich aus.

Das bundesweit übertragene TV-Duell zwischen ihm und Spinella markiert die vielleicht bis hierhin stärkste Szene der ganzen Serie. Frank steht in der Diskussion so sehr als Vollidiot da, dass ich zunächst gar nicht glauben konnte, dass dies nicht Teil eines Masterplans war. Doch seine darauffolgenden Verliererposen vor dem Fernseher (der Technoremix seiner Vokal-Peinlichkeiten – großartig!) und der direkten Entschuldigung bei Claire, dass dies ja alles nicht so geplant gewesen sei, bestätigen das für unmöglich gehaltene: Frank hat tatsächlich verloren. Wie wenig er damit umgehen kann, wird in jeder Einstellung deutlich. Nun ist ihm nichts mehr zu schmutzig, um einen Sieg nach Hause zu fahren, auch wenn das bedeutet, sich blutig schlagen zu lassen. So müssen wir zwar auch hier letztendlich seine Cleverness beeindruckt anerkennen, gleichzeitig hat er sich jedoch damit in eine nahezu bemitleidenswerte Position manövriert, die wahrscheinlich nicht einmal den Tiefpunkt der Niveaulosigkeit für ihn darstellen wird.

Deswegen ist in der heutigen Episode der von mir oftmals kritisierte Ausgang (Frank als überdimensionales, unantastbares Genie) gar nicht so bedauernswert wie gewohnt. Sein Sieg ist dieses Mal nämlich ein bittersüßer; einer, der nur auf dem Papier wie ein richtiger Sieg ausschaut; einer, der den Startschuss für Franks persönliches Niveaulimbo zu geben scheint und Grund genug gibt, sich für die kommenden Episoden gespannt die Hände reiben zu dürfen. Franks Storyline empfand ich dementsprechend erstklassig ausgeführt, auch wenn sein Dialog mit dem Präsidenten deutlich weniger kräftig ausgefallen ist, als geplant. Sein entschiedenes nein gegen den mächtigsten Mann der Welt hätte eine völlig neue Größenordnung in Franks Machtgier offenbaren können. Dadurch, dass wir jenen aber quasi nur durch Cameo-Auftritte kennengelernt haben, bleibt nichts weiter übrig, als müde mit den Schultern zu zucken.

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