ZARDOZ - Kritik & Analyse

08.06.2015 - 00:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Connery im sexy Schlüppermoviepilot
Wolfgang M. Schmitt jun. widmet sich in seiner Filmanalyse dem Kultfilm Zardoz von John Boorman aus dem Jahre 1974 und erklärt, warum dieser Film aktueller denn je ist.

„Das ist mir zu ideologisch!“, lautet oft der dümmliche Einwand derjenigen, die die Ideologie der Ideologiefreiheit vertreten. Sie geben vor, unideologisch zu sein und zu denken – was natürlich die gefährlichste Ideologie ist. Auch die Filmkritik leidet stark unter diesem Denkmuster. Vorbei scheinen die Zeiten zu sein, als Filmkritik immer auch Ideologiekritik war. Doch selbst in den an sich sehr politisierten 1970er Jahren taten sich viele Filmkritiker offensichtlich mit dieser Position schwer und haben einen Film verkannt, dessen ideologiekritischer Impetus bis heute bemerkenswert und aktuell ist. Zardoz von John Boorman gehört zweifellos zu den interessantesten Science-Fiction-Filmen überhaupt. Der mit Sean Connery und Charlotte Rampling besetzte Trash-Film zeigt ziemlich genau die Welt, in der wir heute leben.

Nachdem Daniel Bell „Das Ende der Ideologie“, Francis Fukuyama „Das Ende der Geschichte“ und Jeremy Rifkin „Das Ende der Arbeit“ ausgerufen haben, scheint der Westen sich es in einer scheinbar postpolitischen Welt komfortabel eingerichtet zu haben: Entspannt im Hipster-Café ruft man ein neues digitales Zeitalter aus; mit der Reproduktion kann man sich Zeit lassen, schließlich sind die Eizellen ja gut eingefroren; und man diskutiert, die Hand immer gleich am Smartphone, über das Cyborg-Manifest von Donna Haraway. Am Abend läuft einem ein kleiner Schauder über den Rücken, wenn man wieder Bilder von ertrinkenden Flüchtlingen sieht und man beschließt daraufhin, vegan zu leben. Die Arbeiterklasse, auch diesen Begriff möchten viele Ideologen nicht mehr verwenden, wurde zum Verschwinden gebracht, indem man die Arbeit weitgehend outgesourct hat. Stellen wir uns nun aber vor, einer dieser ausgebeuteten Arbeiter würde in unsere Welt eindringen – nicht als Flüchtling, sondern als Revolutionär im Sinne Frantz Fanons – dann würde Zardoz Wirklichkeit werden.

Der große Künstler Jonathan Meese hat diesen ideologiekritischen Geniestreich nach eigenen Angaben 300 Mal gesehen. Sehen wir ihn uns wenigsten zwei- oder dreimal an und erkennen wir, wie sehr dieser Thesenfilm von 1974 zu uns heute spricht. Mehr dazu im Video!

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