113 Folgen pure Zeitverschwendung: The Walking Dead hat sich 2023 von seiner schlimmsten Seite gezeigt

01.01.2024 - 11:00 Uhr
Fear the Walking DeadAMC
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Das letzte Jahr war ein besonders turbulentes für The Walking Dead-Fans. 2023 zeigte sich das Zombie-Serienuniversum von seiner besten und seiner schlechtesten Seite.

In den vergangenen Monaten führten die Spin-offs Dead City und Daryl Dixon das Serien-Universum nach dem Ende von The Walking Dead in eine aufregende neue Ära, die die Zombie-Apokalypse aus neuen Blickwinkeln betrachtet. Endlich macht es wieder Spaß, The Walking Dead-Fans zu sein. Und dann gab es da noch Fear the Walking Dead.

Nach 8 Jahren wurde der allererste TWD-Ableger beendet. Und selten war es frustrierender, ein The Walking Dead-Fan zu sein. Das große Serienfinale wurde zu einer Tortur und brachte mich zu der erschütternden Erkenntnis: Ich habe 113 Folgen lang kostbare Lebenszeit verschwendet.

Fear the Walking Dead hatte einst das Potenzial, richtig gut zu werden

Zugegeben: Nicht alles war schlecht an Fear the Walking Dead. Die unter Showrunner Dave Erickson entstandenen ersten drei Staffeln lieferten zu Beginn einen spannenden Blick auf die Anfänge der Zombie-Apokalypse, die in der Originalserie durch Rick Grimes' Koma übersprungen wurden. Wir begleiteten die Familie Clark auf einem postapokalyptischen Road-Trip, der uns vom chaotischen Los Angeles aufs Meer und schließlich an die Grenze zwischen Mexiko und den USA brachte.

Mit der Familie Clark fing alles an

Während Matriarchin Madison Clark (Kim Dickens) und ihre Mitstreitenden immer mehr in moralische Grauzonen hinabstiegen und sich eine Entwicklung hin zu abgebrühten Bösewichten anbahnte, wurde Fear von Folge zu Folge besser und erreichte den qualitativen Höhepunkt in Staffel 3. Nach der schwachen 7. Staffel The Walking Dead war das Spin-off plötzlich auf dem besten Weg, die Mutterserie zu überholen. Das schien der Heimat-Sender AMC aber verhindern zu wollen.

Ab Staffel 4 begannen die Fear the Walking Dead-Probleme

Nach dem Ausstieg von Serienschöpfer Erickson, wurde Fear the Walking Dead von den neuen Showrunnern Andrew Chambliss und Ian Goldberg in eine völlig andere Serie verwandelt. Die Hauptfigur Madison wurde durch Crossover-Charakter Morgan Jones (Lennie James) ersetzt und verlor wortwörtlich sämtliche Farbe. Hier fingen die Probleme an.

Die Entscheidung, Madison Clark einfach (vermeintlich) zu töten, hinterließ einen bitteren Beigeschmack. Wurde die Fear-Serie etwa ihrer einstigen Möglichkeiten beraubt und in eine Resterampe für ausrangierte The Walking Dead-Nebenfiguren verformt? Nach einer durchschnittlichen 4. und einer grauenvollen 5. Staffel schien für mich das Schicksal von Fear the Walking Dead besiegelt.

Als Komplettist bin ich jedoch selten dazu in der Lage, eine angefangene Serie einfach aufzugeben. Zum Glück, denn mit Staffel 6 wurde Fear the Walking Dead plötzlich wieder zu einem unerwarteten Highlight. Das neue Anthologie-Format brachte die Stärken aller Figuren hervor, während die Handlung mit Western-Vibes eine verdichtete und bessere Version des Negan-Krieges ausbreitete und in einem monumentalen Cliffhanger mündete, der die Serienwelt in ihren Grundfesten erschütterte.

Fear the Walking Dead war in Staffel 6 plötzlich wieder gut

Die Vorfreude auf Staffel 7 war groß. Der Fallout einer Nuklearkatastrophe eröffnete unzählige Möglichkeiten für spannende und neue Geschichten. Das Resultat war ernüchternd. Hatten die Autoren plötzlich vergessen, warum die Fans die vorangegangene Season mit Lob überschütteten?

Mehr als einmal fasste ich mir fassungslos an den Kopf, wenn die Serie jeglichen Realismus über Bord (eines U-Boots) warf: Wo kamen die ganzen Gasmasken und Geigerzähler her? Radioaktive Verstrahlung war oft nicht schlimmer als ein leichter Schnupfen und nur gefährlich, wenn es das Drehbuch so wollte. Alicias (nicht tödliche) Zombie-Infektion nach einer Armamputation widersprach allen etablierten Gesetzen des Serienuniversums. Und von Strands Entwicklung zum despotischen Comic-Schurken, der gerne Menschen von Gebäuden schmeißt, fangen wir besser gar nicht erst an.

Wird Fear the Walking Dead in Staffel 8 endlich wieder gut? Nein

Die 8. und finale Staffel versprach ein weiteres Mal eine radikale Neuerfindung samt neuem Setting und einem riesigen Zeitsprung von 7 Jahren. Endlich war Fear the Walking Dead kein "Prequel" mehr. Alexandria und das Commonwealth waren plötzlich zum Greifen nah. Die zeitliche Verortung parallel zum The Walking Dead-Finale ließ mich nun auf ein Crossover beider Serien hoffen, auf das ich seit acht Staffeln wartete. Hinzukam die Rückkehr der einstigen Hauptfigur Madison Clark – ja, irgendwie hat sie überlebt – und meine Vorfreude war unermesslich.

Hier könnt ihr den Trailer zu Fear the Walking Dead Staffel 8 anschauen:

Fear the Walking Dead - S08 Trailer (English) HD
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Dass kurz zuvor Tochter Alicia aus der Handlung geschrieben wurde, war allerdings bitter. Madison durfte wieder Teil der Serie sein, aber ihre ganze Familie wurde in der Zwischenzeit ausgelöscht. Alles, was Madison Clark einst auszeichnete, gab es nicht mehr. Und genauso wie Fear the Walking Dead in den vergangenen Jahren schlitterte auch die zurückgekehrte Hauptfigur in eine Identitätskrise. Dennoch hatte ich immer noch Hoffnung, dass die Serie jetzt wieder an alte Zeiten anknüpfen könnte. Wie naiv ich doch war!

The Walking Dead bewies mit Staffel 9, wie ein gewaltiger Zeitsprung frischen kreativen Wind in eine angestaubte Zombie-Serie wehen kann. In Fear resultierte das dramaturgische Mittel hingegen lediglich in drastischen Charakterveränderungen und viel zu vielen Expositions-Dialogen, die den neuen Status Quo erklären mussten.

Trotz weniger Lichtblicke, wie die absolut grausame Zombie-Verwandlung eines Kindes oder den unerwartet frühen Abschied von Morgan entschied sich Fear the Walking Dead auf den letzten Metern dazu, jegliches Potenzial zu verschenken.

Ich wollte ein The Walking Dead-Crossover und bekam stattdessen ein schreckliches Serienende

Das Serienfinale verzettelte sich plötzlich in hanebüchenen Telenovela-Twists um Verwandtschaftsverhältnisse und frustrierend festgefahrenen Rachegelüsten. Nicht einmal der von den Toten zurückgekehrte Lieblingsschurke Troy Otto konnte dieses Desaster retten. Dass von einigen Figuren in Staffel 8 plötzlich jegliche Spur fehlte, war zusätzlich frustrierend.

Madison zerschmettert meine Crossover-Hoffnung mit dem Hammer

Am Ende der 113 Folgen langen Reise schwirrte mir nur eine Frage im Kopf: Warum habe ich mir das angetan? Was war der Sinn dieser ganzen Geschichte? Als Familienstory über die Clarks fehlte der Serie über weite Strecken (fast 4 Staffeln lang) ein roter Faden. Natürlich habe ich das ein oder andere Tränchen verdrückt, als sich Madison und Alicia am Ende der Serie doch noch wiederbegegnen. Es ist aber kein würdiger Ersatz für all das, was Fear the Walking Dead uns vorenthalten hat.

Die Hälfte der gesamten Serien bestand fast nur darin, mich als Fan mit leeren Versprechen zu ködern. Sei es die immer wieder angedeutete Rückkehr von Madison, die bitteren Alicia-Verweise in Staffel 8 oder das Versprechen eines möglichen Crossovers mit The Walking Dead.

"Worlds Collide" lautete der damalige Slogan der 4. Staffel. Bis zur letzten Serien-Minute wartete ich aber vergeblich darauf, dass die Welten von Originalserie und Spin-off wirklich kollidieren. Ein Besuch der Ruinen des Sanctuary zählt nun wirklich nicht als echtes "Crossover" und brachte mehr frustrierende Logikfehler als nostalgische Gefühle für die Rückkehr an einen bekannten The Walking Dead-Schauplatz.

So bleibt Fear the Walking Dead am Ende eine Serie voller verpasster Chancen, fragwürdiger erzählerischer Entscheidungen und mehr Frust als Freude. Zum Glück ändert die Fear-Katastrophe nichts daran, dass ich immer noch The Walking Dead-Fan bin.

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