Eigentlich hätte 2023 das größte Jahr in Zendayas Karriere werden können. Aufgrund des Streiks der Schauspieler:innen in Hollywood wurden jedoch gleich beide ihrer großen Filme um ein Jahr verschoben. Mit Dune: Part Two startete Ende Februar der erste davon im Kino und bewies sich als Publikumsmagnet. Bis dato ist das Sci-Fi-Epos der erfolgreichste Film 2024. Aber ist er auch der beste?
Nicht so schnell: Zendaya hat noch einen anderen Film auf Lager, der bei dieser Frage ein Wörtchen mitzureden hätte. Die Dune-Zahlen wird Challengers vermutlich nicht erreichen können. Eine fesselndere Leinwanderfahrung als das von Call Me by Your Name-Regisseur Luca Guadagnino inszenierte Sportdrama werdet ihr so schnell aber nicht finden. Challengers ist eine absolute Wucht aus Bewegung und Emotion.
Zendaya-Meisterwerk im Kino: In Dune mangelt es an Wasser, in Challengers fließt der Schweiß in Strömen
Das Erste, was ihr über Challengers wissen müsst, ist der Schweiß, der den Figuren übers Gesicht fließt, wenn sie sich mit athletischer Präzision durchs Bild bewegen. Da wäre etwa Art Donaldson (Mike Faist), dessen blondes Haar nass triefend herumschleudert, wenn er auf dem Tennisplatz sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagert. Oder Patrick Zweig (Josh O'Connor), über dessen kantige Wangen Sturzbäche gleiten.
Hier könnt ihr den Trailer zu Challengers schauen:
Die beiden sind beste Freunde und ein eingespieltes Team. Man könnte meinen, dass ihre Schweißtropfen genauso abgestimmt sind wie die taktischen Schritte und Schläge, mit denen sie ihre Gegenüber geradezu mühelos in die Schranken weisen. Doch dann betritt Tashi Duncan (Zendaya) den Platz und all die Leichtigkeit, mit der sie bisher dem Sport-Wahnsinn trotzten, verschwindet für immer aus ihrem Leben.
Der pulsierende Score von Trent Reznor und Atticus Ross nimmt eine bedrohliche Aura an und drängt die Freunde in einen erbarmungslosen Wettstreit, bei dem es um mehr als nur Punkte geht. Beide haben sich Hals über Kopf in Tashi verliebt. Und beide gehen über ihre Grenzen hinaus, um den gefragten Nachwuchsstar zu beeindrucken. Doch Tashi hat ihre eigenen Ziele und verwandelt das Spiel in einen Überlebenskampf.
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Erotischer Psycho-Thriller statt inspirierendem Sportfilm: Luca Guadagnino macht keine Gefangenen
Sportfilmen mangelt es selten an dramatischen Ereignissen, die mit überlebensgroßen Gesten in Szene gesetzt werden. Gerade bei einer Underdog-Geschichte gibt es kaum etwas Aufregenderes, als in den letzten Minuten genau den Moment zu erleben, der zwei Stunden lang als unmöglich galt. Die Überhöhung, mit der Guadagnino in Challengers arbeitet, spielt sich jedoch auf einem völlig anderen Level ab.
Challengers ist nicht nur ein Sportdrama. Hier schlummert ein neugieriger Coming-of-Age-Film, der sich in die Höhle eines Psycho-Thrillers verirrt hat und jetzt überlegt, ob es okay ist, an diesem düsteren Ort eine Liebesgeschichte zu erzählen. Oder sollte er komplett in dem ausgestellten Körperkino aufgehen? Keine einfache Frage, besonders, wenn in jeder Szene eine erotische Anspannung unerträglichen Ausmaßes vorherrscht.
Entgegen der weißen Linien, die den Tennisplatz ordentlich einteilen, lässt sich bald nicht mehr zwischen Sport und Beziehung, zwischen Karriere und Gefühlen unterscheiden. Guadagnino gestaltet den gesamten Film wie ein Match, bei dem der gelb strahlende Ball mit solch emotionaler Schlagkraft auf uns zurast, dass man sich am liebsten im Kino ducken würde. Aber es ist unmöglich. Zu hypnotisierend ist der Film.
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Keine Zärtlichkeit: Zendaya, Mike Faist und Josh O'Connor nehmen sich in Challengers auseinander
Obwohl Challengers wie Guadagninos zugänglichste Regiearbeit wirkt, fällt er eine ganze Spur kälter aus als seine Kannibalismus-Geschichte Bones and All, die zwischen blutverschmierten Mündern mit einer rohen Zärtlichkeit überraschte. In Challengers ist das Zärtliche fast vollständig verschwunden. Trotz offenkundiger Sehnsüchte und der brodelnden Lust darf sich niemand von seiner verletzbaren Seite zeigen.
Stattdessen folgen wir Blicken voller Begehren und Ehrgeiz. Am unschuldigsten wirken die von Mike Faist, der am Wettkampf um die Liebe bzw. den Gewinn zu zerbrechen droht. Schon in West Side Story verlieh er Jet-Anführer Riff eine unerwartete Melancholie, ein leises Zögern – und gleichzeitig den stürmischen Tatendrang der Jugend. In Challengers bündelt er eine noch größere Bandbreite an Gefühlen mit tragischer Note.
Ihm gegenüber steht Josh O'Connor, der mit Ruppigkeit und Hunger versucht, das Heruntergekommene und Zerbrochene seiner Figur zu überspielen. Ein starker Kontrast zu dem geistesabwesenden Wandern seines Protagonisten in La Chimera, der aktuell auch im Kino läuft. Die Verschlossenheit, die er in God's Own Country und als Prinz Charles in The Crown ausstrahlt, weicht einer verzweifelten Energie.
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Und dann wäre da Zendaya und die Unberechenbarkeit, die sie in den Film trägt. Neben Rue in der HBO-Serie Euphoria markiert Tashi ihre bisher eindrücklichste Darbietung. Eben noch war sie eine verführerische Präsenz, da funkeln ihre Augen urteilend, strafend und bedrohlich. Nichts ist leichter, als sich in sie zu verlieben. Umso furchteinflößender erweist sich das Erwachen am nächsten Tag.
Challengers startet heute, am 25. April 2024, in den deutschen Kinos.