Ich, Was der Himmel erlaubt & unhappy endings

30.07.2011 - 08:50 Uhr
Mein Herz für Klassiker: Was der Himmel erlaubt
Universal
Mein Herz für Klassiker: Was der Himmel erlaubt
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Douglas Sirks Was der Himmel erlaubt ist ein Meisterwerk seines Genres, dem Melodram. Weil dahinter viel mehr steht als nur ein kräftiger Druck auf die Tränendrüse, schenke ich Was der Himmel erlaubt heute mein Herz für Klassiker.

Ich bin geständige Rom-Com-Hasserin. Happy Endings machen mich aggressiv. Das gibt’s doch im wahren Leben gar nicht. Alles was Rom-Com schafft, ist, Frauen immer wieder zu frustrieren, weil die Männer im wahren Leben eben nicht plötzlich romantisch werden, sich tolle Heiratsanträge ausdenken oder ihre Frauen auf kreativste Art und Weise zurückerobern. Das ist einer von vielen Gründen, warum ich die Melodramen der 50er Jahre vorziehe: Wo sich Frauen beim Weinen am Treppengeländer abstützen müssen, um nicht zu Boden zu gehen, wird mir wenigstens keine Realität vorgegaukelt und ich kann den Herzschmerz in vollen Zügen genießen. Was der Himmel erlaubt von Douglas Sirk ist mir von allen Schmachtfetzen am liebsten, gerade weil er sich selbst aufs Korn nimmt. Aber dazu später mehr.

Warum ich Was der Himmel erlaubt mein Herz schenke
Die 50er Jahre waren nicht die beste Zeit für uns Frauen: Die Emanzipation lag noch in der Zukunft und Frauen wurden meist zusammen mit der häuslichen Sphäre gedacht. Die Protagonistin aus Was der Himmel erlaubt ist dafür das perfekte Beispiel. Nach dem Tod ihres Mannes erwartet ihr bürgerliches Umfeld von ihr, dass sie sich ausschließlich mit Kaffeeklatsch und Fernsehen beschäftigt, aber ja nicht das Haus verlässt. Und wenn schon einen neuen Mann, dann jemand vernünftiges. Dass sich Cary (Jane Wyman) aber nicht in einen Angehörigen des Country Clubs verliebt, sondern in ihren Gärtner Ron Kirby (Rock Hudson), sorgt in dem konservativen Vorstadtidyll für einen Skandal und sogar ihre eigenen Kinder fallen ihr in den Rücken. Ich komme selbst aus so einer Art betuchten Vorort und kenne diese kritischen Blicke, wenn Frau sich nicht standesgemäß verhält. Dass ich als Gymnasiastin mal mit einem KFZ-Mechaniker ausging, sorgte für ähnlich böses Getuschel wie die Liaison zwischen der reichen Witwe Cary und dem wirklich immens attraktiven Rock Hudson in Was der Himmel erlaubt.

Warum auch andere Was der Himmel erlaubt lieben werden
Im Prinzip erzählt Douglas Sirk in diesem Film eine Romeo-und-Julia-Geschichte, denn die Verbindung zwischen den beiden Liebenden ist – zumindest scheinbar – ebenso unmöglich wie die bei Shakespeare. Und bekanntlich ist genau das die Erfolgsformel aller Liebesgeschichten. Dazu kommt, dass Jane Wyman und Rock Hudson als Paar einfach großartig zusammen agieren, auch wenn Rock Hudson, wie wir heute wissen, stockschwul war. Er verkörpert in Was der Himmel erlaubt den Naturburschen, der sich von gesellschaftlichen Zwängen befreit und mit seinen Freunden noch richtige Partys feiert, während die Vorortgesellschaft bei Cocktails gelangweilt übereinander herzieht. Deshalb freuen wir uns auch so, wenn Cary endlich begreift, dass Ron Kirby der Mann ist, der ihr ein neues und vor allem besseres Leben schenken wird.

Warum Was der Himmel erlaubt einzigartig ist
Douglas Sirk ist der Regisseur dieses melodramatischen Werks und gilt als Meister seines Genres. Seine Kameraeinstellungen in Was der Himmel erlaubt haben Filmgeschichte geschrieben. Allen voran die Szene, in der Cary von ihren Kindern einen Fernseher geschenkt bekommt, der als mediale Beruhigungspille funktionieren soll. Die Kinder, die inzwischen aus dem Haus sind, sehen ihre Mutter lieber vor dem Fernseher als beim verpönten Techtelmechtel mit dem Gärtner. Douglas Sirk fängt den tief traurigen Blick von Jane Wyman als Spiegelbild auf dem Fernsehbildschirm ein und zeigt damit, dass der Fernseher für sie ein Gefängnis darstellt. Aber nicht nur hier, sondern auch in vielen anderen Einstellungen, die Cary aus den Fenstern ihres Hauses heraus schauend zeigen, wird deutlich, dass die Hauptfigur in ihrem Heim eingeschlossen, ja, geradezu lebendig begraben ist.

Warum Was der Himmel erlaubt die Jahrzehnte überdauert
Als der Film Mitte der 50er Jahre in die Kinos kam, sah das Publikum darin reine Unterhaltung und viel Kitsch. Die Kritiker rieben sich vor allem an dem übertriebenen Happy End auf. Etwa zwanzig Jahre später änderte sich die Meinung über Douglas Sirks Filme und Zuschauer wie Kritiker erkannten, dass in dem Element der Übertreibung eine beträchtliche Gesellschaftskritik zu finden ist. Das inzwischen bekannte Douglas Sirk’sche “unhappy happy ending” soll uns befremdlich erscheinen und uns zum Nachdenken anregen. Douglas Sirk will uns mit Was der Himmel erlaubt nämlich sagen, dass das Leben eben nicht so einfach ist, wie uns das Happy End vorgaukelt, sondern dass eine scheinheilige Gesellschaft uns zwingt, konservativen Moralvorstellungen zu folgen, denen sie selbst nicht treu ist.

Todd Haynes schuf mit seinem Film Dem Himmel so fern eine Hommage an Douglas Sirks Werk aus den 50er Jahren: Er übernahm Ästhetik und Handlungsgerüst, beließ das historische Setting der Epoche und befüllte dieses Konzept mit einem zeitgenössischen Gesellschaftskonflikt. Daran können wir sehen, dass die Message von Douglas Sirk die Jahrzehnte überdauert: Dass wir die Werte und Normen unserer Zeit immer hinterfragen und wir uns niemals – schon gar nicht in Liebesdingen – der Meinung anderer unterwerfen sollten, ist eine Botschaftt, die immer aktuell sein wird.

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