Mit David Lynch auf dem Lost Highway

16.11.2011 - 08:50 Uhr
Lost Highway
Senator Film
Lost Highway
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David Lynchs Filme stellen mit manchen Leuten seltsame Dinge an. Lost Highway hat zum Beispiel moviepilot-User fkfilmkritik dermaßen beeindruckt, dass er die Speakers’ Corner nutzt, um sich zu äußern.

„Dick Laurent is dead.“

Mensch, hatte ich riesige Erwartungen an diesen Film. Es ist diesmal keine Geschichte darüber, wie ich einen Film zufällig fand und er mein allerliebster wurde. Das ist die Geschichte über einen Film, der meine Erwartungen, die man an einen David-Lynch-Film hat, übertraf. Nach Mulholland Drive der nächste Schritt in den vor Düsternis und Verwirrung brodelnden Schädel eines David Lynch. Ich wurde nicht enttäuscht. Meine Erwartungen wurden nicht erfüllt. Meine Erwartungen wurden auch nicht überboten. Denn das hatte ich einfach nicht erwartet. Ich hab mich darauf vorbereitet, dass dieser Streifen mich meinetwegen auch umhauen dürfte. Dass ich aber nach 10 Minuten von der vollen Lautstärke vor Angst auf 80% schalten muss. Dass ich am Ende nur noch bei 20% lag. Dass mir dieser Film schrecklich lange nicht aus dem Kopf gehen würde. Dass er mich nach Mulholland Drive wieder auf dem selben Niveau, dafür aber mit ganz anderen Facetten, umhauen würde. Das hätte ich wirklich nicht erwartet. Eingelullt und voller Wehmut rollte ich in der Decke umher. Starrte nochmal die letzten Blicke auf die Autobahn und versuchte zu schlafen. Am liebsten hätte ich den Film direkt wieder geguckt, um auf neue Hinweise zu tappen. Doch im Hinterkopf saß immer noch die schreckliche und unverzeihliche Angst.
Die Angst, die mich vor der immer noch höchst aufregenden, aber deutlich anderen Zweitsichtung bewahrte.

[L]ustig finde ich es, dass ich immer krampfhaft versuche irgendwelche Hinweise bei einem Lynch zu sehen. Dass ich mir schon fast denke, dass ich am Ende komplett verwirrt und verstört da sitzen werde, aber trotzdem total überrumpelt bin.

[O]riginell finde ich es, dass Rammstein gespielt wird. Außerdem die Kameraeinstellungen und die perfiden Schocksequenzen. Sowie die komplett verworrenen bis scheinbar unmöglich eingesetzten Wendungen.

[S]urrealistisch sind Lynchs bestimmte Elemente, die er immer wieder als Hinweise verpackt und in Bilder einstreut. Dazu seine Horror-Elemente, die mit unglaublich fiesen Bilder und Tönen mir einen Riesen Schauer über den Rücken jagen.

[T]ypisch Lynch eben.

Dieser Film wirkt wie eine Autobahnfahrt ohne Ziel. Lang, beschwerlich und befreiend, anders, kurios und furios. Unfassbar polarisierend, dabei aber auch ziemlich interessant beim rätseln.

[H]ochspannend

[I]rreführend

[G]eheimnisvoll

[H]interlistig

[W]ahnsinnig

[A]normal

[Y]psilon.
Der Punkt, an dem mir kein Wort mehr einfällt. Der Punkt, bei dem ich nicht mehr weiter weiß. Eben auch der Punkt, der die Situation gen Ende von Lost Highway perfekt beschreibt beschreibt.

Lost Highway ist der pure Abgrund des gruseligen. Schwängert die Nerven. Schlägt sie in Grund und Boden. Nimmt sie auseinander. Lässt sie genau in dem Moment höher peitschen, wenn sie anfangen sich zu beruhigen.

Bleibt nur noch die Frage: Warum begeistert mich so etwas?
Liegt es daran, dass es für mich schon immer erstaunlich interessant war, etwas böses zu sehen, obwohl man weiß, dass es einem Angst bereiten wird?
Liegt es daran, dass es schön zu sehen ist, dass man immer im dunklen tappt obwohl alles einen gar nichtmal so unsinnig und chaotisch ist, wie es scheint?
Liegt es daran, dass ich meine Interpretation immer wieder ändere, obwohl ich mich bei der letzten Sicht doch festgelegt hatte?

Es liegt wohl daran, dass es für mich als Filmfan nichts Schöneres gibt, als ein Werk, dass bei jeder Sicht sich von erschreckend zu faszinierend, von sinnlos zu kreativ, von abschreckend zu interessant, von doppelten zu zehnfachen Boden von Horror- zu Lieblingsfilm entwickeln kann.
Werke die einen beschäftigen. Werke die einen bis in die finstersten Träume verfolgen. Werke wie Lost Highway eben.

„Dick Laurent is dead.“


Vorschau: Weshalb gucken sich Menschen Filme an, die einem kein gutes Gefühl geben? Ein Moviepilot-User setzt sich in seinem Text, den er uns geschickt hat, mit dem Phänomen der Feel-Bad-Movies auseinander.


Dieser Text stammt von unserem User fkfilmkritik. Wenn ihr die Moviepilot Speakers’ Corner auch nutzen möchtet, dann werft zuerst einen kurzen Blick auf die Regeln und schickt anschließend euren Text an ines[@]moviepilot.de

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