Superhelden - Eine selbst geschaffene Monokultur

21.06.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Man of Steel
Warner Bros. Pictures
Man of Steel
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Nie waren Superhelden im Kino so erfolgreich wie jetzt. Nur mit Batman, Spider-Man, Iron Man und Co. ist gegenwärtig noch das ganz große Geld zu machen. Über die Folgen der drohenden Monokultur aber sind mittlerweile sogar schon Blockbuster-Giganten besorgt.

Ich mag Superhelden. Ich mag Filme über Superhelden. Ich mag Kinoadaptionen von Superheldencomics. Mit ihren immer gleichen Motiven und Verlockungen, mit Allmachtsansprüchen, Americana-Mythos, Doppelidentität, Hybris, Vigilantismus und dem ganzen langen (ideologischen) Rattenschwanz. Verfilmte Jungenfantasien, die eine herrschende Ordnung alternativ denken und sich den großen Geist der Unterdrückung doch nur blümerant genehmigen. Gerade im Reaktionären des Superhelden liegt natürlich seine Attraktivität, sein Erfolg, und umso faszinierender erscheint jedes Wirken des Übermenschen, wenn es auch noch einen Blick in dessen gebrochenes Inneres gestattet. Die Filme bestätigen Zerrissenheit und Ambivalenz der Superhelden genauso wie es einst die Generation von Comic-Autoren tat, als sie den Rächern, Kämpfern und Rittern in späteren revisionistischen Neubearbeitungen eine besondere Ernsthaftigkeit zu verleihen meinte. Und das gespaltene Überwesen nicht mehr nur zur politischen, sondern auch menschlichen Metapher gerann.

Branding, Zugpferd, Cashcow.
Dass insbesondere das US-amerikanische Publikum dem Archetypus des Superhelden verfallen ist, erklärt sich beinahe von selbst. Der um immer noch mal neue Bestmarken, neue Einspielrekorde eifernde Erfolg entsprechender Filme in den letzten 10 Jahren wäre ohne ein breites Bedürfnis nach überhöhtem 9/11-Wundenlecken kaum denkbar. The Dark Knight, der die neue Unübersichtlichkeit auf der politischen Weltkarte mit konkreten Assoziationen und Bildern von Terrorismus, Abhörstaat und schwerstem Waffengeschütz in ein längst nicht mehr schuldloses Comic-Vergnügen verwandelte, traf da als einer der ersten den ultimativen Nerv. Doch weltweit, sogar im comicmüden, von Superhelden traditionell gelangweilten Deutschland, ziehen Batman, Spider-Man, Iron Man et al. die Menschen ins Kino. Für die ohnehin Franchise-orientierten Studios scheinen sie die größte Erfolgsversicherung, geradezu die einzige verbliebene Bank für steigenden Gewinn. Selbst der kommerziell stets schwankende Superman vereint in Man of Steel schon jetzt Einspielergebnisse, von denen ein selbst entwickelter und umgesetzter Stoff nur träumen könnte. Der Superheld des Kinos ist mehr denn je Branding, Zugpferd, Cashcow.

Eine selbst geschaffene Monokultur
Der Erfolg der drei jüngsten Box-Office-Schwergewichte Marvel’s The Avengers, The Dark Knight Rises und Iron Man 3, die international allesamt die Einspielhürde von einer Milliarde US-Dollar nahmen, verändert den Markt und seine Struktur natürlich erheblich. Zum Schlechten, mindestens aber zu einer weiteren Monokultur von Blockbustern, in denen das Bewährte seinem eigenen Exzess überantwortet wird. Etwas anderes, als auf etablierte Franchises und die Wiederholung des ewig gleichen (inklusive alljährlicher Reboots, Neustarts und Fortsetzungen der wenigen, in einem um sich selbst kreisenden System gefangenen Marken) zu vertrauen, bleibt den Studios, bleibt Hollywood vermutlich auch gar nicht übrig. Ob sie allerdings lediglich auf die Signale (des Publikums) reagieren, oder aber diese Signale mit ihrem Angebot konfektionierten Superhelden-Mainstreams nicht selbst initiieren, darf diskutiert werden. Diese Monokultur ist natürlich auch eine selbst geschaffene, eine zahlloser Fabrikate mit Superfilmen und Supergewinnen für Hersteller, Produzenten und Vertriebe im multimedialen Verwertungssystem von Marvel, DC, Warner, Disney, Sony, Mattel und so weiter und so fort.

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