Twin Peaks - Ist die Rückkehr von Agent Dale Cooper gelungen?

25.05.2017 - 11:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Twin Peaks: The ReturnShowtime/Sky
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Twin Peaks ist zurück - und das gleich mit vier neuen Episoden! Doch ist die lang ersehnte Rückkehr von Kyle MacLachlan als Agent Dale Cooper wirklich geglückt?

Wenngleich der Weg ein steiniger war, können wir seit Montag mit Sicherheit verkünden, dass Twin Peaks zurück ist. Es fühlt sich an, als wäre es eine Ewigkeit her, dass David Lynch und Mark Frost die Arbeit an einem Revival verkündeten. Dafür entführten am Montag via Streaming gleich vier neue Episoden in die mysteriöse Welt der Kultserie, die erstmals zwischen 1990 und 1991 auf ABC ausgestrahlt wurde. Showtime gewährt nun der 18 Episoden umfassenden Rückkehr ein neues zu Hause, während in Deutschland Sky ab heute die TV-Ausstrahlung übernimmt. Auch wir in der Redaktion von moviepilot haben diesem Ereignis eifrig entgegengefiebert und wollen an dieser Stelle unsere ersten Eindrücke mit euch teilen.

Julia wurde positiv verstört
Wie wohl all diejenigen Zuschauer, die bestens mit den bisherigen zwei Staffel der Kultserie vertraut sind, hatte ich keine Ahnung, was auf mich zukommen wird, habe aber still gehofft, nicht allzusehr enttäuscht zu werden. Die vertrauten Klänge der altbekannten Titelmelodie zum meditativen Wasserfallgeplätscher ließen mich entspannt im Kissen zurücksinken, doch aus der Ruhe wurde ich in bester David Lynch-Manier schnell herausgerissen. Daran ist nicht zuletzt das verstörende Sounddesign von Lynch höchstpersönlich schuld (das nicht das verstörendste Element bleiben sollte). Der sanfte Einstieg dank Wiederholung alter Bilder war zu erwarten, aber eine nette Idee, um an 26 vergangene Jahre anzuknüpfen. Wer hätte es gedacht? Mein liebstes Wiedersehen einer Figur war Kimmy Robertson Auftritt, die wie eh und je als Lucy Moran mit exzentrischer Frisur und Vorliebe für hässliche Strickbekleidung am Empfangsschalter der Polizei saß. Ungewohnt war es, andere Schauplätze als das verregnete Twin Peaks zu sehen. Aber genau die Entscheidung, neue Orte und neue Tote zu etablieren, zeigt, dass Lynch nicht eine nostalgische Hinterwald-Folklore feiern wird, sondern einen mysteriöse Krimigeschichte inszeniert.

Hendrik gerät ins Träumen
David Lynch hätte nie mit dem Filmemachen aufhören sollen. Das neue Twin Peaks ist so überraschend, furchterregend und kraftvoll wie Lynchs Filme um die Jahrtausendwende. Und es ist kein bisschen nostalgisch, was ja hätte passieren können. Twin Peaks präsentiert sich in seiner künstlerischen Vision vollkommen autark, führt nicht pflichtversessen irgendwelche Cameos vor oder fährt alte Bahnen nach. Sobald der Schriftzug New York City über einem generischen Impression Shot aufblendet, verlässt Twin Peaks Twin Peaks und schüttelt so auch die an es geschnürten Erwartungen ab. Fortan experimentiert Twin Peaks frei mit Angst, dem Kriminalgenre und diesem eigentümlichen neurologischen Filter, durch den wir die Welt wahrnehmen und uns erschaffen, also auch mit dem Film selbst. Twin Peaks kann im Jahr 2017 nicht mehr so viel Serienstaub aufwirbeln wie noch 1991. Doch in der nun hochgezüchteten TV-Welt ist es wieder eine blendende Traumerscheinung.

Christoph freut sich über das Unberechenbare
Mit den ersten vier neuen Folgen von Twin Peaks haben es David Lynch und Mark Frost tatsächlich geschafft, mich zu überraschen. Deuten der kurze Rückblick zu Beginn und der abgewandelte Vorspann noch eine mehr oder weniger direkte Fortführung in Stil und Inhalt an, sind die folgenden vier Stunden tatsächlich etwas, das es im Twin Peaks-Universum (bestehend aus den alten Staffeln, dem Film, den Büchern) noch nicht gegeben hat. Die Konzeption als "18-stündiger Film" verspricht dabei zudem eine konstante Veränderung über die 18 Folgen hinweg, so dass nie klar ist, was hinter der nächsten Ecke lauert. Die Kombination aus selbstbewusst langen Szenen und Einstellungen, zahllosen neuen Mysterien und gelegentlichen Abstechern nach Twin Peaks besticht dabei vor allem durch die Kontraste. Wo sonst wird schon eine Serienfolge mit einer im positiven Sinne gefühlt endlosen Sequenz wie der ruckartig vor- und zurückspringenden Suche Agent Coopers nach einem Ausgang aus seinem Gefängnis eröffnet und mit einem träumerischen Retro-Musik-Auftritt in einer Kleinstadt-Bar beendet, von den dazwischenliegenden Einzigartigkeiten wie Kyle McLachlans auf die Spitze getriebenem Doppelgängerspiel ganz zu schweigen.

Andrea liebt sprechende Bäume
Inmitten all des Nostalgie-Wahnsinns, der uns im Zeitalter der Cinematic Universe Tränen und Gänsehaut auf Abruf entlockt, konnte sich keiner so recht eine Vorstellung machen, wie denn David Lynchs immerzu unberechenbarer Einfallsreichtum dazupasst. Verklärt er die Vergangenheit? Streut er fleißig Cameos? Versucht er, in der neuen Staffel liegengebliebene Fragen aufzuklären? Nein, nein und nein. Auf Lynch ist Verlass und nach dem ersten Schub neuer Twin Peaks-Folgen wird klar, wie sehr wir David Lynch in diesem Zeitalter der Serien-Revivals brauchen. Lynch schert sich nicht um das was war, was Fans erwarten könnten. Er stellt sich stattdessen hin und hält es für angemessen, einen elektrisch geladenen Baum mit einem matschigen Kopf Kyle MacLachlan Absonderlichkeiten erklären zu lassen. Im Zeitalter der Wiederbelebung geistigen Eigentums ist Lynch kein aufgewärmtes Sauerkraut, sondern ein frisch gekochtes Zehn-Gänge-Menü mit ein paar altbekannten Zutaten. Vielleicht schmeckt es sogar besser als damals?

Matthias mag die Frische und die Kälte
Das Aufregendste an der Rückkehr nach Twin Peaks war für mich fast die Tatsache, dass ich überhaupt keine Ahnung hatte, was ich erwarten kann. Klar, irgendwo gab es da schon immer eine grobe Vorstellung, die aus David Lynchs vorherigen Werken resultiert. Aber tatsächlich bin ich nun mehr als überrascht und auch ein bisschen erleichtert, dass sich das Revival wirklich neu, frisch und unbekannt anfühlt, anstelle das alte, vertraute Gefühl, das ich mit der Serie verbinde, aufleben zu lassen. Twin Peaks anno 2017 ist kalt und unbequem, allerdings auf angenehme und faszinierende Weise, sodass ich mehr als neugierig bin, was am Ende der 18 Episoden für ein Werk steht. Was auch immer sich David Lynch und Mark Frost für den Fortgang der Geschichte ausgedacht haben: Bisher fühlt es sich nicht so an, als seien sie irgendwo in der eigenen Mythologie stehengeblieben. Stattdessen befinden sie sich gerade auf einen Pfad, der sich mehr nach der visionären Fortsetzung von Inland Empire und Mulholland Drive anfühlt, die wir bisher nie bekommen haben.

Wie hat euch die Rückkehr nach Twin Peaks gefallen?

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