Alle, die schon einmal einen One-Shot-Film gesehen haben, wissen, welche Intensität solch eine Filmerfahrung mit sich bringt. Der Krimi Victoria führte uns in einer einzigen Einstellung durch die Berliner Nacht. Der Kriegsfilm 1917 versteckte seine Schnitte so, dass wir glaubten, den Kampf fast am eigenen Leib zu erfahren. Und im neuen Horrorfilm MadS können wir die Zombie-Apokalypse nun auf einzigartig packende Weise "live und ungeschnitten" miterleben.
Weltuntergang ohne Schnitte: MadS schleift uns unnachgiebig in den Zombie-Ausbruch
MadS lief gerade auf den Fantasy Filmfest White Nights und gehört für Fans intensiver Horror-Trips unbedingt auf die Merkliste. Per Videobotschaft erzählte Regisseur David Moreau auf dem Genre-Festival, dass er seinen fast 90-minütigen Film in fünf Durchgängen gedreht hat – und dass es am Ende der perfektionierte fünfte Take geworden ist. Die unglaubliche Planung, die hinter einem solchen Unterfangen steckt, sehen wir der Film-Odyssee zum Glück nicht an, wenn sie uns an der Hand nimmt und in einem zunehmend rauschhaften Sog mit in die Nacht zerrt.
Zunächst beginnt in MadS alles noch relativ friedlich: Als der Abend dämmert, deckt Romain (Milton Riche) sich für eine bevorstehende Party bei seinem lokalen Dealer ein. Drogen sind allerdings bald seine geringste Sorge, als er am Straßenrand eine verletzte Frau einsammelt. Die Unbekannte kann ihm gerade noch ein Diktiergerät mit aufgezeichneten Experimenten unter die Nase halten, dann fällt sie schon über ihn her.
Danach nimmt die Nacht zunehmend an Fahrt auf. Obwohl der schockierte Romain eigentlich daheim bleiben will, nimmt seine Freundin Anaïs (Laurie Pavy) ihn mit auf eine Hausparty, wo auch ihre BFF Julia (Lucille Guillaume) in die Sache hineingezogen wird. MadS zieht das Erzähltempo mit der Härte einer Daumenschraube an, bis wir selbst im Kinosessel atemlos mitfiebern, wie die Welt vor unseren Augen entgleist.
MadS ist eine Zombie-Horror-Erfahrung wie keine zweite
Die größte Stärke des ungewöhnlichen Horrorfilms bleibt natürlich die Unmittelbarkeit seiner One-Shot-Erzählung. Wenn die Kamera ununterbrochen an einer der drei Hauptfiguren klebt, begleiten wir sie live in die Abwärtsspirale. Perspektiven wechseln in diesem Chaos nahtlos wie übergebene Staffelstäbe beim Marathonlauf.
In den Zombie-Erzählungen The Walking Dead und 28 Days Later erwachen die Protagonisten aus ihrem Koma in einer veränderten Welt. MadS wählt den entgegengesetzten Weg: Hier können wir von Minute zu Minute zusehen, wie im Mikrokosmos einer Kleinstadt die Situation eskaliert. Und zwar schmerzhaft hautnah: Romain verliert sich unaufhaltsam an den Virus und kann, wie wir, nichts gegen den fortschreitenden Schrecken tun, als er entdeckt, dass seine Augen im Dunkeln leuchten.
Dass der Ursprung des Zombie-Ausbruchs vage bleibt, passt zur Panik, die alle Beteiligten mitreißt. Sie können nur unvorbereitet reagieren, statt nach Ursachen zu forschen. Selbst in seinen Ideen überzeugt MadS als ungewöhnlicher Zombiefilm. Die beißenden Infizierten mögen einem eingefleischten Horror-Fan noch bekannt vorkommen. Aber schon bald folgen immer kreativere Auswüchse der Epidemie. Zu den Symptomen anfänglicher Zuckungen und unkontrollierten Lachens gesellt sich eine Besessenheit mit Licht, das den Erkrankten offenbar übermenschliche Kraft verleiht.
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Das ungeschnittene Grauen lohnt sich als dreckiger Adrenalinschub
Ob im Auto, auf einer Ladefläche, laufend oder auf dem Fahrrad bzw. Mofa: MadS bleibt ständig in Bewegung. Was fast schon ironisch ist. Denn weder der Infektion noch den plötzlich auftauchenden, vermummten Verfolgern mit ihren Maschinengewehren und Lampen kann irgendwer entkommen.
So schonungslos wie die Hetzjagd durch die Nacht ist auch der düstere Humor des Films. Der schimmert zum Beispiel durch, wenn der frisch infizierte Romain mit seinem Vater wegen der Alarmanlage des Hauses telefoniert und wir in einem Nebensatz erfahren, dass er heute Geburtstag hat. Oder wenn Julia im steckengebliebenen Fahrstuhl ein Blutbad mitanhören muss, während die automatisierte Lift-Stimme zum "Ruhig bleiben und Abwarten" auffordert.
Dass MadS an die Substanz geht, sollte jedem klar sein. Der Wahnsinn steckt schon im Titel. Hier wartet ein atemlos-schweißtreibende Horror-Erfahrung, nach der man das Kino gebeutelt, aber beeindruckt verlässt ... um anschließend daheim vorm eigenen Spiegel erstmal zu prüfen, ob die eigenen Augen nicht zu leuchten begonnen haben. Doch der wilde Ritt lohnt sich unbedingt – für alle, die sich trauen.
Aktuell ist leider noch nicht konkret bekannt, welche weitere Auswertung MadS im Kino oder Stream in Deutschland erhält. Capelight hat sich die Verleihrechte jedoch schon gesichert, weshalb der Film wohl auch noch einen regulären Start erhalten wird.
Wer die Fantasy Filmfest White Nights verpasst hat, kann sich außerdem schon die Fantasy Filmfest Nights im Mai 2025 vormerken, wo wieder brandneue Genre-Filme laufen werden.
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