300 - Blockbusterkino in faschistoiden Bildern

05.03.2014 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
300: Rise Of An Empire
Warner Bros. Pictures
300: Rise Of An Empire
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Heil Themistokles! Mit leichter Verspätung, aber großer Entschlossenheit setzt 300: Rise of an Empire den wohl hirnverbranntesten Film des neuen Jahrtausends fort. Ebenso wie der Vorgänger verklärt er faschistische Ästhetik zu Popkultur.

Regisseur Zack Snyder dürfte es natürlich freuen. Seine Faszination für stählerne Helden und siegreiche Krieger in Posen der Übermenschlichkeit, seine Liebe für ein Kino eben, das Leni Riefenstahl im Rahmen von Blockbuster-Vergnüglichkeit noch einmal neu denkt, hat Schule gemacht. Soweit zumindest, dass der Mann hinter 300 oder Die Legende der Wächter für die Weiterführung seiner ästhetischen Fetische nun gar nicht mehr direkt Hand anzulegen braucht. Bei 300: Rise Of An Empire, dem Sequel zum Popcorn-Fascho-Spektakel von 2006, fungiert er jedenfalls nur noch als Produzent und Co-Autor. Seinen ideologischen Vorlieben um Ruhm und Ehre huldigen längst Erfüllungsgehilfen, während Snyder bereits am nötigen Braunschliff von Batman und Superman arbeitet.

Ekstase von Stahl und Fleisch?
Die zahllosen wie einschläfernden Ertüchtigungsreden und heroischen Punchlines des ersten Films, gleichwohl vielfach parodiert (und damit popkulturell gefestigt und nur partiell der Absurdität überführt), greift auch die Fortsetzung auf. Schon in der Vermarktung der Filme und ihrer Selbstdarstellung spielen sie eine entscheidende Rolle, Trailer und Clips zum Sequel quirlen vor ihnen über. Durch sie verspricht der Film eine Ekstase von Stahl und Fleisch, Schweiß und Muskeln, kündigt Kriegsschiffe und eine Flutwelle aus Heldenblut an. Er verheißt Märtyrer, die lieber aufrecht sterben als auf Knien zu leben und lockt mit einem Sturm der Vergeltung. Nur die Starken, nur die Harten kommen in den 300-Garten, so viel ist natürlich klar.

Folglich geht es in den Filmen, und hierin wirken sie wie computerisierte Popart-Remakes etwa der Riefenstahl-Olympia-Propaganda mit ihren Speerwerfern und Diskusrecken, vor allem um edle Kämpfer und rituelle Gruppendynamiken. Ein Krieg wohlgeformter athletischer Körper - genauer: gesunder, ebenmäßiger, vollkommener Männer. Im Missverständnis, die entmenschlichende Naziästhetik gleichzeitig adaptieren und aus ihrem ideologischen Kontext lösen zu können, bestätigt 300 den faschistischen Blick umso mehr. Aus Riefenstahls Elitesportlern werden Snyders Elitekämpfer, in einem formvollendet kaltschnäuzigen Bilderwahnsinn, der sein Ziel so naiv formuliert wie die 300-Fans ihr Vergnügen. Rücksichtslos "dem Schönen nachjagen", so beschrieb Leni Riefenstahl 1976 ihr künstlerisches Selbstverständnis.

Zivilisatorische Erhabenheit vs. barbarische Dekadenz
Das Schöne, die Ekstase von Stahl und Fleisch, Schweiß und Muskeln also, ist in den 300-Filmen den Spartiaten und Athenern vorbehalten. Die zahlenmäßig, gewiss jedoch nicht geistig und körperlich, überlegenen Perser unter Xerxes erscheinen bei Zack Snyder als rachsüchtig-tyrannische Sklaventreiber und Sodomiten, deren Darstellung kein Klischee dümmlicher "Orientalen"-Ressentiments scheut. Sie werden als degenerierte Masse gezeichnet, die Körper von Piercings und Tattoos übersäht, und als sei dieser Rassismus noch nicht genug, vergnügen sich die Frauen in persischen Höhlenlagern auch noch mit lesbischen Lustspielchen. Zivilisatorische Erhabenheit siegt über barbarische Dekadenz, das Abend- über das Morgenland, so die Überhöhung des demokratischen Ursprungsmythos, wie ihn 300 und seine Fortsetzung zelebrieren.

Zack Snyder, der Asket des Popkultur-Faschismus, spannt wiederum selbst damit noch einen Bogen zum ästhetischen Vorbild aus Olympia 1. Teil – Fest der Völker und Olympia 2. Teil – Fest der Schönheit. In ihnen konnte und wollte Leni Riefenstahl – zur Unzufriedenheit des Reichspropagandaministers – zwar nicht darauf verzichten, auch die Siege des schwarzen vierfachen Goldmedaillengewinners Jesse Owens sowie jene von Sohn Kee-chung abzubilden (und diese ganz auf ihre Körperlichkeit herunter zu brechen). Jedoch verbannte sie nahezu alle sonstigen "nicht-nordeuropäisch" aussehenden Sportler aus ihren majestätischen Bildern, während die Siege deutscher Teilnehmer inszenatorisch besonders hervorgehoben wurden. Der abschätzige Blick, wie ihn Riefenstahl mittels Reaktionsschnitte auf Hitler und Goebbels forcierte, ist dann auch gar nicht weit entfernt von der grotesk-unheilvollen Darstellung persischer Monstrosität in 300.

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