Millionen an Fans werden die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben, als Tim Burton vor einiger Zeit Beetlejuice Beetlejuice ankündigte. Ist er wahnsinnig geworden? 36 Jahre nach dem einzigartigen Fantasy-Hit soll ein Sequel kommen? Haben Geldgier, Verzweiflung und Ideenlosigkeit jetzt auch Burton heimgesucht, dessen bittersüße Alptraumwelten sich gegen den Franchise-Wahn zu sperren schienen?
Nichts davon trifft zu. Beetlejuice 2 ist ein endlos unterhaltsamer Fantasy-Spaß, der als Sequel alles richtig macht. Er wird vielen den Glauben an Tim Burton zurückgeben. Mir hat er den Glauben an große Sequels erneuert: Wer bei Star Wars, Herr der Ringe oder Ghostbusters an den Hebeln sitzt, sollte diesen Film in Dauerschleife schauen. Ab sofort läuft er im Kino und hat das Zeug zur Blaupause der perfekten Fortsetzung. Aber warum ist er so gut?
Beetlejuice 2 begeistert mit Jenna Ortega und vielen anderen neuen Stars
Beetlejuice 2 spielt Jahrzehnte nach dem Vorgänger und dreht sich vor allem um die Familie Deetz: Ex-Goth-Rebellin Lydia (Winona Ryder), in Teil 1 noch ein aufmüpfiger Teenager, hat mittlerweile mit einer eigenen Tochter zu kämpfen: Astrid (Jenna Ortega) hält wenig von ihrer Mutter, die als Geistermedium im TV landesweite Berühmtheit erlangt hat.
Schaut euch den neuesten Trailer zu Beetlejuice 2 an:
Als Lydias Vater Charles verstirbt, begeben sich Tochter, Mutter und ihr Freund Rory (Justin Theroux) zur Beerdigung nach Winter River. Aber bald schon gerät Astrid durch einen bitterbösen Plan in Not, und Lydia kann nicht anders, als den Tunichtgut Betelgeuse (Michael Keaton) um Hilfe zu bitten.
Die erste Stärke von Beetlejuice Beetlejuice sind seine Figuren, und zwar die neuen wie die alten. Fans müssen bei Sequels berechtigterweise um ihre Held:innen fürchten, die in Fortsetzungen oft genug durch den Fleischwolf gedreht oder auf ein Podest gehoben werden, das sie gänzlich langweilig wirken lässt. Nicht so hier.
Jenna Ortega verkörpert die Teenager-Tochter mit genau dem richtigen Maß an Wut, Trauer und Neugierde. Burton spielt ihr viele kreative Ideen zu, etwa dass Lydia in ihrem Handy als "angebliche Mutter" gespeichert ist, sie Klimawandel den Gruftie-Ambitionen Lydias vorzieht oder die pseudointellektuellen Dostojewski-Neigungen des jungen Jeremy (Arthur Conti) verspottet.
Obwohl Ortega quasi Ryders Rolle aus Teil 1 übernimmt, wirkt alles an Astrid frisch. Andere neue Figuren wie Betelgeuses Ex-Frau Delores (Monica Bellucci) oder der knallharte Jenseits-Cop Wolf Jackson (Willem Dafoe) sorgen für Spannung und Lachanfälle und lassen nicht zu, dass der Film je langweilig wird.
Die größte Stärke von Beetlejuice Beetlejuice sind Rückkehrer wie Winona Ryder
Die größte Stärke von Burtons Sequel und sein Vorsprung gegenüber vielen anderen Fortsetzungen ist aber der Umgang mit seinen alten Figuren. Gerade im Fantasy- oder Sci-Fi-Genre werden viel zu oft die Helden von einst hinter dem Ofen hervorgeholt, nur um den Fans im Kinosaal ein "Aha!" zu entlocken.
Nicht selten wirken sie wie angestaubte Fremdkörper, die den lebendigen Fluss eines Films behindern. Wenn Bill Murray und Harrison Ford nach Jahrzehnten wieder in Ghostbusters oder Star Wars-Filmen zu sehen sind, wirkt das auf mich, als schüttele die neue Generation hier widerwillig den Großeltern die Hand, um ein paar Kekse zu ergattern.
Das Alter von Ford oder Murray ist dabei nicht das Problem. Es sind die Filme selbst, die ihrer Rückkehr die Dynamik einer Museumsvitrine verleihen. Burtons Respektlosigkeit ist dagegen großartig.
Ryders Lydia ist alles andere als die weise Frau, die von früheren Zeiten erzählen kann. Sie verkauft ihre Talente für Geld, hat viele Ideale an das Leben verloren und lässt sich aus Einsamkeit von ihrem schleimigen Freund ausbeuten. So geht man mit den Held:innen von einst um! Ohne Samthandschuhe.
Ähnliches gilt für Betelgeuse selbst, den Michael Keaton mit derselben prolligen Energie wie vor 36 Jahren spielt. Burton füllt die Zwischenzeit nicht mit langweiligen Erklärungen auf, sondern versagt der Figur gleich ganz die Entwicklung: Der Fiesling ist immer noch in Lydia verschossen und giert danach, sie zu seiner Frau zu machen. Simpel und effizient.
Die Maitlands aus Teil 1 werden in einem augenzwinkernden Satz abgehandelt, der Tod der Figur Charles Deetz in einer eigenen Animationssequenz erzählt. Kreativität, Respektlosigkeit und eine Allergie gegen seelenloses Franchise-Recycling, das macht Beetlejuice 2 brillant. Und dennoch: Wenn Jenna Ortega mit dem Fahrrad bekannte Orte in Winter River abklappert, ist es zum Heulen nostalgisch. Ihrer Astrid bedeuten sie nichts, aber mir geht das Herz auf.
Beetlejuice 2 sieht richtig gut aus
Was darüber hinaus ab Sekunde eins bei der Stange hält, ist die Optik des Films. Tim Burton spielt in Beetlejuice 2 seine Liebe zu skurrilen Looks, opulenten Sets und praktischen Effekten aus. Wenn Betelgeuse für einen Wortwitz seine eigenen Eingeweide verschießt oder Monica Bellucci ihre Gliedmaßen zusammentackert wie ein Ikea-Regal, tut es einfach gut, im Kino zu sitzen.
Ich war nie der größte Fan von Beetlejuice oder Tim Burton. Und erst recht nicht von Sequels, die nach mehr als 30 Jahren eine Story wieder aufwärmen. Aber Beetlejuice 2 ist einfach ein Genuss, Tim Burton ist ein Genie, und wenn Sequels aussehen wie dieser Film, können sie von mir aus zu Tausenden produziert werden.