Im Kommentar der Woche versuchen wir jede Woche einen eurer zahlreichen Kommentare zu feiern, ob eine fußgestrickte Lobeshymne aus Thorlöckchen, ein großer grüüüner Newskommentar, oder ein kunstvoll ziselierter Blob Kartoffelbrei in der Form eines Stars – die Voraussetzungen für den Kommentar der Woche kann theoretisch jeder Kommentar erfüllen. Wenn ihr über einen gestolpert seid, der euch besonders gut gefallen hat, schlagt ihn uns vor, am besten per Nachricht wie auch diese Woche.
Der Kommentar der Woche
Heftig die Gemüter gespalten hat Man of Steel von Zack Snyder zweifelsohne. nasenschleuder mochte den Film sehr und hat sich in seinem Kommentar mit einigen der häufigsten Kritikpunkte befasst:
Einige Beobachtungen zu MoS und seinen Kritikern (spoilerfrei):
1. WACKELKAMERA: ‘Man of Steel’ wurde in 2D gedreht und sollte in 2D geschaut werden (egal was die Hollywoodverwertungskette wünscht). Dann sieht man kein Wischiwaschi mit Wackelkamera sondern eine Dynamisierung von Kamera und Schnitt, die durch massiven Gebrauch von jump cuts und extremen Beschleunigungswechseln bei Schnittfolge und Bewegungsabläufen Supermans Stärke und Geschwindigkeit eindrucksvoll vermittelt.
2. ERZÄHLSTRUKTUR: Die Moral von der Geschicht ist eher unkompliziert und schlicht – aber nicht belanglos. Es geht um Loyalität, Menschlichkeit, die Freiheit und den Willen, Entscheidungen zu treffen. Die pädagogische Aufbereitung geschieht durch ein Geflecht an Rückblenden, das jeweils Supermans Gegenwartsprobleme mit Kindheits- und Jugenderfahrungen verknüpft. Es ist faszinierend, wie viel Kritik an dieser Struktur geübt wurde, bis hin zur Forderung, den Film in chronologischer Reihenfolge neu zu schneiden. Man sollte meinen, dass das Publikum nach jahrelangem Training mit Filmen und vor allem TV-Serien, die von flashbacks, flash-forwards und flash-sideways nur so strotzen, in der Lage wäre, auch etwas verschachtelteren Handlungsverläufen zu folgen. Andererseits ist eine solch verschachtelte Struktur in den letzten Jahren vor allem ein Merkmal von Filmen gewesen, die das genaue Gegenteil zu MoS propagiert haben: Entscheidungen und Handlungen sind zufällig, jederzeit revidierbar und ohnehin hauptsächlich den Umständen geschuldet. Zeitschleifen- und Wiederholungsfilme wie ‘Mr. Nobody’ predigen dies mit großem Erfolg, aber auch ‘LOST’ fällt zum Teil in diese Kategorie. Möglicherweise entzündet sich die Ablehnung der Form also auch daran, dass hier ein andernorts akzeptiertes Schema radikal gegen den Strich gebürstet wird.
3. MENSCHENMASSEN UND KOLLATERALSCHÄDEN: „He’s Superman. His job is to save people, not to cause collateral damage“ schimpfte es nach der Vorführung in der nächsten Reihe. Was war da passiert?
Der Drehbuchschreiber Zack Stentz, als Mitautor von ‘Thor’ und ‘X-Men: First Class’ durchaus ein Insider, kritisiert in einem auch bei uns viel beachteten Artikel im Hollywood Reporter, dass seines Erachtens die großen Sommer-Blockbuster seit einigen Jahren nur noch danach streben, einander in immer gigantischer werdenden Zerstörungsszenarien zu übertreffen. Dass der Begriff “Blockbuster” von jenen Fliegerbomben aus dem 2. Weltkrieg abstammt, deren Funktion es war, großstädtische Häuserblocks zu vernichten, fände hier seine ironische Entsprechung. Dieser immerwährende Zerstörungswettbewerb führt – so Stentz – aber nicht nur dazu, dass das Kino zwei seiner alten Hauptaufgaben, das Erzählen von Geschichten und das Entwerfen nie gesehener Bilder und Landschaften, weitgehend über Bord wirft, sondern auch dazu, dass uns, das Publikum, die immer neue und immer gleiche Abfolge von Zerstörungsakten langsam völlig kalt lässt. Zack Snyder hat aber in ‘Man of Steel’ das Tabu gebrochen, dass im Blockbuster – wie im Krieg, so wie er heutzutage in den Medien sichtbar ist – keine Opfer existieren (einige wenige hassenswerte Schurken ausgenommen). Wenn Superman einen Gegner boxt, dann zerfallen tatsächlich ganze Häuserblöcke, denn es ist Superman. Aber unter den Trümmern werden auch ganz normale, nette Menschen wie du und ich erschlagen und begraben. Das lässt das Publikum offenbar nicht kalt. Warum es mehr ist als bloße Provokation, zeigt der nächste Punkt:…