Bob Dylan-Film mit Dune-Star Timothée Chalamet liefert 26 Gründe, ihn zu lieben – aber kommt der Musik-Legende kein Stück näher

30.01.2025 - 16:00 UhrVor 2 Monaten aktualisiert
Like A Complete Unknown
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Like A Complete Unknown
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Das Bob Dylan-Biopic Like A Complete Unknown erzählt die Anfänge des Musikers mit seinem Wechsel von Folk zu Rock. Timothée Chalamet glänzt darin als Dylan, der weiter ein Enigma bleibt.

Musik-Biopics sind in den letzten Jahrzehnten zum eigenen Phänomen geworden und haben zahlreiche Vertreter in Film- und Serienform hervorgebracht – zuletzt etwa Titel wie Better Man, Back to Black, One Love oder Elvis. Nun reiht sich James Mangolds Like a Complete Unknown in diese Riege ein und zeigt uns einen Ausschnitt aus dem Leben von Bob Dylan. Dune-Star Timothée Chalamet schlüpft in die Rolle des Ausnahmekünstlers und leiht Dylan dabei auch seine eigene Stimme.

Das Musik-Drama wurde bei den Oscar-Nominierungen für gleich acht der begehrten Trophäen ins Rennen geschickt – darunter als Bester Film, für die Beste Regie, Bester Hauptdarsteller, Bester Nebendarsteller sowie Beste Nebendarstellerin. Und das überrascht wahrscheinlich die wenigsten, denn Like A Complete Unknown erfüllt wohl so ziemlich alle Parameter, die ein typischer "Oscar-Film" mit sich bringt. Doch wird der Film auch dem Künstler gerecht?

Oscar-Favorit Like A Complete Unknown: Bob Dylans Aufstieg zur Musiklegende und der Wechsel von Folk zu Rock

Bob Dylan (Chalamet) kommt im Alter von 19 Jahren in New York City an, um sich als Musiker einen Namen zu machen. Als großer Fan von Woody Guthrie (Scoot McNairy), besucht er diesen im Krankhaus und trifft dort auf Pete Seeger (Edward Norton). Der Folk-Missionar erkennt Dylans Potenzial und bringt ihn in die Folk-Szene der Metropole sowie die Kreise des Newport Folk Festivals, wo er auch Joan Baez (Monica Barbaro) und Sylvie Russo (Elle Fanning) kennenlernt. Dabei wird aus dem jungen Talent nach und nach ein gefeierter Star. Dylan fühlt sich in dem traditionellen Genre jedoch eingeengt und wird langsam, aber sicher stark von der populären Rock-Musik der 1960er Jahre beeinflusst – zum Leidwesen vieler seiner treuen Fans ...

Schaut hier einen Trailer zu Like A Complete Unknown:

Like a Complete Unknown - Trailer (Deutsch) HD
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Timothée Chalamet sitzt als Bob Dylan auf dem Sofa von Pete Seeger, der ihm nach seinem Krankenbesuch bei Woody Guthrie einen Schlafplatz angeboten hat, und spielt abwesend die ersten Zeilen aus dem Song Girl from the North Country. Seegers Ehefrau, seine Kinder sowie er selbst, drehen sich nach und nach zu dem jungen Mann um und werfen sich aufgeregte Blicke zu, die zu verstehen geben: Hier sitzt ein Rohdiamant auf dem Sofa, ein Ausnahmetalent, das sie vorher so noch nicht gesehen haben. Auch als Zuschauende kann man hier nur über Chalamets Ähnlichkeit zu Dylan staunen, über sein Gesangstalent, das sofort an die Musik-Ikone erinnert, und die emotionale Wucht, die Dylans Musik noch heute transportiert.

Diese Szene bildet gleich das Sinnbild für den gesamten Film, der Dylan stets durch die Augen seiner Bewunderer zeigt – sei es Nortons Seeger, der mit überzeugter Golden-Retriever-Attitüde treu an Dylans Seite bleibt, seine Fans in kleinen Bars, großen Sälen oder weiten Festivalwiesen. Oder durch die Blicke der Frauen, die Dylan während seiner Zeit in New York lieben lernen. Passiv-aggressiv schmachtend wirft Monica Barbaro als Joan Baez dem Musiker auf der Bühne Blicke zu, ungläubig und entwaffnet vor Bewunderung seiner poetischen und ungewöhnlich klugen Worten. So genervt wie verzaubert schaut Elle Fanning als Sylvie Russo ihren Freund an, der mit verwuschelten Haaren auf dem Bett ihres New Yorker Apartment sitzt und in seine Musik vertieft ist. Ein faszinierendes Mysterium, von dem man einfach nicht loskommt, so sehr man es versucht.

Timothée Chalamet spielt Bob Dylan als Enigma, das wir nur von außen sehen dürfen

Dylan selbst murmelt abseits seiner Songs nur selten das ein oder andere Wort, das zu verstehen gibt, was der junge Musiker eigentlich wirklich denkt, wo er herkommt und was er vom Leben möchte. Stattdessen lässt Mangold ihn in Like A Complete Unknown durch seine Musik sprechen, die den Großteil des Films einnimmt. 26 Dylan-Songs finden Einzug in das Biopic, die meist sogar in Gänze ausgespielt und von Chalamet performt werden. Die ausführlichen Musikeinlagen verdrängen eine reißerische Dramaturgie, die nur in den Liebschaften zu Baez und Russo ihre Höhen und Tiefen findet, bevor Dylans musikalischer Wandel gegen Ende auch in der Geschichte des Films für Furore sorgt.

Das mag Menschen, die mit Bob Dylan und seiner Musik nur wenig am Hut haben, womöglich zu musiklastig sein, zu wenig Plot-getrieben, zu langweilig und mit einer Laufzeit von 141 Minuten vielleicht auch zu lang. Hier gibt es keine Drogenexzesse, Abstürze und tiefgreifende Auseinandersetzungen mit Dylans Psyche oder Geschichte. Gefeiert wird vor allem ein Stück Musikgeschichte, die Like A Complete Unknown mit Dylans ikonischen Songs und seiner grundsätzlichen Ablehnung von Tradition und Stagnation fraglos zum Ausdruck bringt.

Mehr ist es dann aber auch nicht. Der Mythos des Musikers bleibt unangetastet, wir sind nach dem Kinobesuch genauso schlau wie davor. Ob ein Biopic Bildungsarbeit leisten muss, muss jeder für sich selbst beantworten. Doch schon Todd Haynes wusste in seiner experimentellen Bob Dylan-Ode I'm Not There, dass es keinen Sinn macht, überhaupt zu versuchen, den Musiker in Gänze zu verstehen oder zu erklären. Mangold wiederum hat seinem Film wohl nicht umsonst diesen Titel gegeben, wenn Dylan darin nicht genau das bleiben würde – etwas vollkommen Unbekanntes und Ungreifbares.

Vielleicht ist es also genug, etwas Zeit mit dem Ausnahmetalent im Kinosaal zu verbringen, seinen Worten und seiner Musik zu lauschen – und großartigen Schauspieler:innen in einer atmosphärischen Inszenierung dabei zuzusehen, diese zum Leben zu erwecken. Mindestens das schafft Like A Complete Unknown allemal.

Like A Complete Unknown läuft ab dem 27. Februar 2025 in den deutschen Kinos.

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