Während das Star Trek-Franchise seit ein paar Jahren im Serienbereich wieder floriert, haben Trekkies seit Star Trek Beyond keinen neuen Spielfilm mehr zu Gesicht bekommen. Das ändert sich jetzt am 24. Januar 2025 mit dem Start von Star Trek: Section 31 – allerdings nicht im Kino, sondern direkt im Stream bei Paramount+. Hat sich die lange Wartezeit ausgezahlt? Die kurze Antwort: nein.
Star Trek-Film ohne Vorwissen: Darum geht's in Section 31
Fangen wir erstmal mit etwas Positivem an: Obwohl es sich technisch gesehen um einen Spin-off-Film zu Star Trek: Discovery handelt, müsst ihr die 5 Staffeln lange Serie nicht vorher gesehen haben. Eigentlich müsst ihr überhaupt nichts aus dem Star Trek-Universum kennen, um der leider viel zu vorhersehbaren Story über eine waghalsige Geheimdienstmission folgen zu können.
Schaut hier den Trailer zu Star Trek: Section 31
Die Geschichte beginnt mit einem Flashback, in dem Philippa Georgiou (in junger Version: Miku Martineau) ihre finale Prüfung und Moral ablegt, um zur Herrscherin des Terranischen Imperiums, in einer finsteren Parallelwelt, aufzusteigen. Falls ihr diesen Charakter nicht kennt: kein Problem. Denn es folgt ein kurzes Previously On in Form eines Mission-Briefings, das uns zusammenfasst: Philippa (Michelle Yeoh) trat in das Universum der Föderation, verschwand, tauchte irgendwann wieder auf – und ist absolut gefährlich.
Außerhalb des Föderationsraums hält sich die wankelmütige Schurkin mittlerweile als Madame du Franc versteckt und leitet einen Weltraum-Nachtklub mit ... integriertem Bordell. Hier wird sie von sechs Agent:innen des Geheimdiensts Sektion 31 aufgesucht, die sie für eine Mission rekrutieren wollen: Der Verkauf einer mächtigen Doomsday-Waffe, die (natürlich!) Milliarden von Leben auslöschen könnte, muss vereitelt werden.
Section 31 ist nicht an Star Trek interessiert
Die Handlung verortet sich in der sogenannten Lost Era, also der Zeit nach Kirks Enterprise-Abenteuern und vor der Next Generation. An diesem in Filmen und Serien nahezu unerforschten Setting ist Section 31 jedoch nicht interessiert. Stattdessen erzählt der Film eine von jeglicher spezifischer Mythologie und kanonischer Relevanz abgeschirmte Geschichte. Was die Star Trek-Galaxie dieser Epoche auszeichnet? Das spielt keine Rolle.
Versteht mich nicht falsch, ich habe kein Problem damit, dass Star Trek auch fernab von Raumschiffabenteuern der Sternenflotte und diplomatischen Konflikten andere und vielleicht auch düstere Blickwinkel der Galaxie erforschen möchte. Der größte Fauxpas von Section 31 ist jedoch: Wir lernen rein gar nichts über die mysteriöse Abteilung des Sternenflotten-Geheimdiensts, die in der Trek-Historie selbst vor Folter, Mord und versuchtem Genozid nicht zurückschreckte.
Die Belanglosigkeit für die Erzählwelt von Star Trek ist so erschreckend, wie der nahezu völlige Reset von Georgious gesamter Charakterentwicklung aus Discovery. Schlussendlich bleibt ein Film, der dem eigenen Franchise keinerlei neue Einblicke hinzufügt. Aufgekratzte Vulkanier mit irischem Akzent hin oder her: Das alles wäre noch zu verschmerzen, wenn Section 31 zumindest ein unterhaltsamer Film wäre. Ihr ahnt es bereits: Das ist er nicht.
Anstatt ein Star Trek-Film sein zu wollen, biedert sich Section 31 dem Erfolg der Guardians of the Galaxy-Filme an und versucht, mit fetzigen Sprüchen und poppiger Coolness aus seinen schrillen wie moralisch ambivalenten Charakteren eine Bande liebenswerter Außenseiter:innen zu formen. Das Vorhaben geht jedoch nach hinten los und erinnert am Ende mehr an einen Mix aus Borderlands und Suicide Squad (2016).
Section 31 ist eine der größten Enttäuschungen unter den Star Trek-Filmen
Das liegt vor allem am viel zu hektischen Drehbuch von Autor Craig Sweeney, das seinem Figurenensemble abseits von Leading Lady Philippa kaum Raum für emotionalen Tiefgang bietet und sich stattdessen eher durch unpassende Oneliner wie "Chaos ist mein Freund mit gewissen Vorzügen!", "Ich verbiete es dir, zu sterben!" oder "Sternenflotte, wo der Spaß zum Sterben hingeht" auszeichnet.
So halsbrecherisch wie das Erzähltempo ist enttäuschenderweise auch die Inszenierung, die durch hyperaktive und stetig zitternde Kameraeinstellungen, schnelle Schnitte und unpassende Popmusikeinsätze negativ auffällt. Es vergeht so gut wie keine Sekunde, in der Discovery-Regisseur Olatune Osunsanmi nicht irgendwo im Bild etwas glitzern, blinken oder explodieren lässt. Glücklicherweise können vereinzelte Action-Momente und Kampfszenen – auch dank Michelle Yeohs Martial-Arts-Künsten – trotzdem unterhalten.
Die sichtbaren Probleme von Section 31 kündigten sich schon im Vorfeld an. 2019 erstmals als Serie angekündigt, wurde das Projekt im Laufe der Jahre in einen Spielfilm umgewandelt. Das ist dem Endprodukt leider anzumerken, wenn sich die Mission des Sektion 31-Teams auf drei große und durch Grafiken getrennte Kapitel aufteilt, die sich wie drei zusammengekürzte Episoden im TV-Film-Format anfühlen. Eine längere Laufzeit hätte vielleicht den Figuren mehr Profil verliehen und das ständige Gefühl von Hektik beheben können.
Als langjähriger Trekkie (der übrigens auch Discovery mochte) tut es mir in der Seele weh, dass Section 31 schlussendlich keine einzige meiner Erwartungen erfüllen konnte. Das 90 Minuten kurze B-Movie-Abenteuer hat mich völlig fassungslos zurückgelassen. Nicht nur, weil Star Trek nach neun Jahren des Wartens einen schlechten Film ausspuckt, der in keinerlei Hinsicht an eines der Kinoabenteuer anschließen kann. Sondern, weil sich das Sci-Fi-Universum zuletzt in Serienbereich wieder von seiner besten Seite zeigen konnte. Star Trek und vor allem Michelle Yeoh haben mehr verdient.