Die europäische Filmförderung - Ein Millionengrab?

24.05.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Bei der Koproduktion Mr. Nobody waren die Kinosäle zumeist leer.
Wild Bunch
Bei der Koproduktion Mr. Nobody waren die Kinosäle zumeist leer.
14
11
Am Sonntag wählt Europa seine Vertreter. Nicht nur auf politischer Ebene ist der Kontinent in den letzten Jahrzehnten zusammengerückt, auch die Filmkultur bemüht sich um eine gemeinsame Förderung europäischer Filmprojekte. Aber wo kommt das Geld her und was geschieht damit?

Im Jahr 2004 förderte das Land Brandenburg die deutsch-britische Koproduktion Beyond The Sea mit 4,8 Millionen Euro. Beyond the Sea ist ein Biopic über den Sänger Bobby Darin mit Kevin Spacey in der Haupt- und Kate Bosworth in der Nebenrolle. John Goodman war bei den Dreharbeiten in Babelsberg ebenfalls dabei. Insgesamt verbrauchte der Film ein 23 Millionen Euro umfassendes Budget, wovon weltweit knapp 8 Millionen wieder eingespielt werden konnten. Sein Geld (in seinem Reinwert) wird das Land Brandenburg bei einem Verlust von 15 Millionen Euro wohl kaum wieder gesehen haben. Es sind aber nicht nur die deutschen Bundesländer, die zahlen und fördern.

Warum gibt es länderübergreifende Filmproduktionen?
Denn das Modell der Koproduktion von Filmprojekten geht vor allem auf das Bestreben europäischer Eliten zurück, der weltweit führenden amerikanischen Filmindustrie ein europäisches Pendant entgegenzusetzen. Ähnlich, wie es die EU-Länder auf der politischen Ebene tun, um als kleine Staaten hinter den globalen ökonomischen Großmächten China und den USA nicht zurückzubleiben.

Tun sich zwei Länder also für einen Film zusammen, dann, um mit verdoppelten wirtschaftlichen, künstlerischen, kreativen und infrastrukturellen Ressourcen ein Projekt auf die Beine zu stellen, das ein Land allein kaum stemmen könnte. Und damit bestenfalls einen Film zu verwirklichen, der mit einem amerikanischen Blockbuster mithalten, oder ihn möglicherweise sogar übertreffen kann. Gemeinsam sind sie stärker, denken sie, die Länder der alten Welt. Das gilt für ökonomische Aspekte und die paneuropäische Filmlandschaft gleichermaßen. Koproduziert wurde in Europa schon zu Stummfilm- und Schwarzweiß-Zeiten. Eine erste große internationale Produktion, die überhaupt erst mit vereinten Ressourcen realisiert werden konnte, war der deutsch-britische Stummfilm Dekameron-Nächte aus dem Jahr 1924. Unterbrochen von internationalen Krisen, wurden die filmkulturellen Beziehungen erst wieder in 1960er Jahren mit den Karl May-Filmen und der Italo-Western-Schwemme intensiviert. Eine geregelte europäische Filmförderung gab es damals allerdings noch nicht.

Europudding – Wer fördert die europäischen Filmproduktionen?
Dass Woody Allen seit der Jahrtausendwende fast nur noch in Europa dreht, hat angeblich nicht nur ästhetische Gründe. Weil er europäische Finanzförderung bekommt, sagt Woody Allen, wurde er zu einem europäischen Filmemacher. Zwei der heute maßgeblichen Filmförderungs-Fonds, die auch Woody Allen jedes Jahr unter die Arme greifen, entstanden in den 1980er und 1990er Jahren.

Zuerst der Filmförderungsfonds EURIMAGES. Dieser unterstützt europaweit die Produktion von Spiel-, Dokumentar- und Zeichentrickfilmen. Den Richtlinien des Fonds zufolge, sollen diese Projekte Koproduktionen zwischen wenigstens zwei EU-Mitgliedstaaten sein und für eine potentielle Kinoauswertung gedreht werden. Eins der bekanntesten Eurimages-Projekte ist die Literaturverfilmung Nachtzug nach Lissabon, die mit 650.000 Euro gefördert wurde. Solche Förderungsgelder fließen in Form sogenannter bedingt rückzahlbarer Darlehen. Eine Rückzahlungsverpflichtung beginnt erst mit Eintritt der Kinoauswertung des Films. Sie funktioniert so ähnlich wie die hiesige BAföG-Regelung, nach der ein Student seine Zuschüsse erst zurückzahlt, wenn er finanziell dazu in der Lage ist. Sollte er das nicht sein, verfallen die ‚Schulden‘ zumeist. Der Nachtzug nach Lissabon konnte die geschätzten Produktionskosten von 7,7 Millionen Euro allerdings nur gerade so wieder einspielen, Raum für eine Rückzahlung wird kaum geblieben sein.

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare

Aktuelle News