Echte Klasse + dumme Masse = leere Kasse

24.08.2010 - 17:50 Uhr
Enttäuschender US-Kinostart: Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt
Universal Pictures
Enttäuschender US-Kinostart: Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt
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Ob Spider-Man, Batman oder Sin City: Comicverfilmungen garantieren in der Regel ein zahlungswilliges Publikum. Bei Kick-Ass und Scott Pilgrim sieht das jedoch anders aus: Trotz hervorragender Kritiken konnten die jungen Superhelden die hohen Erwartungen an den Kinokassen nicht erfüllen. Woran liegt es?

Etablierte Comic-Superhelden garantieren den Produzenten nach wie vor einen durchschlagenden Erfolg an den Kinokassen. Ob Spider-Man, Batman oder Superman – die zahlungswillige Anhängerschaft strömt bei jedem neuen Leinwand-Abenteuer ihrer Helden in die Kinos – unabhängig davon, wie oft die jeweilige Figur schon in einer Filmversion zu sehen war. Warum also sollten die Hollywood-Bosse ihre Strategie ändern und von ihrem erfolgversprechenden Kurs abweichen? Richtig, dazu gibt es keinen Grund, weshalb auch demnächst wieder der allseits beliebte Spinnenmann in Spiderman 4 und die nicht minder begehrte Fledermaus in The Dark Knight Rises auf uns und unser Portemonnaie warten.

Die hohen Erwartungen werden enttäuscht
Hier und da gibt es aber doch ein paar mutige Filmemacher, die genug von den gängigen Comic-Superhelden haben und die die Kinowelt mit frischen, unverbrauchten Figuren versorgen wollen. Einer davon ist Matthew Vaughn, der die Comicbuch-Reihe Kick-Ass aus dem Hause Marvel dieses Jahr mit der gleichnamigen Verfilmung auf die große Leinwand brachte. Obwohl die Comics um die jugendlichen Superhelden erst seit 2008 erscheinen, konnten sie bereits eine große Fangemeinde für sich begeistern, was die Erwartungen von Matthew Vaughn und seinem Filmteam an die Filmversion entsprechend in die Höhe trieb. Als dann der Kinostart folgte, mussten die Macher jedoch ernüchtert feststellen, dass Kick-Ass die Masse der Kinogänger nicht begeistern konnte. Zwar konnte der Film weltweit fast 100 Millionen Dollar einspielen, was bei einem Budget von 28 Millionen Dollar recht ordentlich ist, aber die Erwartungen sahen anders aus – gerade wenn wir die durchweg positiven Kritikerstimmen bedenken, die Kick-Ass in den Himmel lobten.

Auf Kritikerlob folgen maue Einspielergebnisse
Dieser Tage macht Edgar Wright ähnliche Erfahrungen. Der britische Regisseur verfilmte mit Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt die ebenfalls sehr beliebte, gleichnamige Comicbuch-Serie von Bryan Lee O’Malley, die zwischen 2004 und 2010 veröffentlicht wurde. Auch hier geht es jugendlich zu: Der Titelheld ist ein junger Einzelgänger, der sämtliche Ex-Freunde der Frau seiner Träume aus dem Weg räumen muss, um ihr Herz zu erobern. Bereits im Vorfeld stiegen die Erwartungen an Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt ins Unermessliche, angeheizt durch die begeisternden Stimmen zahlreicher Kritiker und Filmemacher wie Kevin Smith, Quentin Tarantino und Jason Reitman. Vor zwei Wochen startete der Film dann in den US-Kinos – und schaffte es mit Einnahmen von 10,5 Millionen Dollar nur auf den fünften Platz der Kinocharts. Da auch das zweite Wochenende nicht die erhofften Einspielergebnisse brachte, machen sich Edgar Wright und Universal Pictures so langsam sorgen, was sie mit dem Budget von 85 Millionen Dollar denn eigentlich falsch gemacht haben. Die Kritiker sind voll des Lobes, die Fans sind begeistert – nur die Zahlen stimmen nicht. Doch daran wird der Erfolg in Hollywood leider gemessen.

Gewogen und für nicht massentauglich befunden
Woran liegt es also, dass Kick-Ass und Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt es nicht schaffen, die Massen in die Kinos zu ziehen? Diese Frage beschäftigt zur Zeit auch die amerikanischen Medien, wie beispielsweise die L.A. Times. Produzent Marc Platt sieht den finanziellen Misserfolg gerade in der demonstrierten Kreativität: Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt “ist innovativ, er ist anders, er ist einzigartig. Er folgt nicht den konventionellen Methoden des Geschichteerzählens. Er stellt etwas dar, was nicht viele Leute bisher im Kino gesehen haben.” Solche Eigenschaften können natürlich abschreckend auf das Massenpublikum wirken, die den herkömmlichen Erzählstil sehen wollen, getreu dem Motto “Was der Bauer nicht kennt,…”.

Ein weiterer Punkt ist der visuelle Comic- und Videospielstil des Films, der wohl auch nur diejenigen ansprechen wird, die die jeweiligen Medien nutzen – also die Comics lesen und Videospiele spielen. Alle anderen, und dabei wird es sich um die große Mehrheit handeln, können mit diesem Stil eben nichts anfangen. Auch der Schachzug, mit dem aus Juno bekannten Michael Cera einen bei der Damenwelt beliebten Jungdarsteller für die Hauptrolle zu verpflichten, ist bisher noch nicht aufgegangen: Gerade einmal 36% der Kinobesucher am US-Startwochenende waren Frauen (die vermutlich von ihren comic- und spielverrückten Männern in den Film geschleppt wurden).

Letzter Ausweg DVD-Markt?
Was lässt sich aus den bisherigen Erkenntnissen schließen? Wenn ein Comicbuch eine große Anhängerschaft hat, bedeutet es eben nicht automatisch, dass auch die Filmversion die ganz großen Einspielergebnisse an den Kinokassen erzielt. Vielmehr wird ein ganz bestimmter Fankreis angesprochen – der Comics, des Regisseurs, der Darsteller. Unvorbelastete, weder an den Personen noch der Vorlage interessierte Kinozuschauer werden nur sehr schwer mit einem derartig spezifischen Material erreicht. Zwar bleibt immer noch die Hoffnung auf einen durchschlagenden Erfolg der DVD- und BluRay-Veröffentlichung, denn hier schlägt neben den wahren Fans bekanntlich auch ein breiteres Publikum zu, wie Edgar Wright auch bei seinen vorherigen Filmen Shaun of the Dead und Hot Fuzz – Zwei abgewichste Profis erfahren durfte, die erst über diesen Weg eine größere Fangemeinde gewinnen konnten. Aber ob der durchwachsene Erfolg an den Kinokassen dadurch kompensiert werden kann, bleibt fraglich.

Was in den USA passiert ist, muss aber auch nicht zwangsläufig bei uns so sein. Wir sind gespannt, wie der Kritikerliebling Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt ab 6. Januar 2011 in unseren Kinos ankommen wird.

Und nun seid Ihr dran. Woran macht Ihr den durchwachsenen Erfolg von Kick-Ass und Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt an den Kinokassen fest?

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