"Wir erschießen dich einfach, das ist weniger Papierkram." So schüchtert Gerard Butlers Brutalo-Cop Nick O'Brien in Criminal Squad Verdächtige ein. Er ist ein schmieriger und von Gewalt besessener Jäger, den Regisseur Christian Gudegast in dem Thriller-Überraschungshit von 2018 entfesselt hat. Aber im Nachfolger Criminal Squad 2, der seit dem 16. Januar im Kino läuft, fehlt von ihm jede Spur. Und das, obwohl Butler erneut in dieselbe Rolle schlüpft.
Gudegast hat seinen knallharten, rasant inszenierten Heat-Ersatz zu einer gutmütigen Buddy-Action unter Palmen gemacht. Wann immer es kracht, wenn Autos auf der Straße hintereinander herjagen und sich die Insassen mit vollautomatischen Waffen beschießen, weiß der zweite Teil immer noch zu überzeugen. Aber die fesselnde Stimmung, das Gefühl, dass hier Naturgewalten aufeinanderprallen, ist weg. Der Film ist einfach zu nett.
Darum geht's in Criminal Squad 2
Criminal Squad 2 setzt eine Weile nach der Handlung des ersten Films ein: Bankräuber Donnie (O’Shea Jackson Jr.) hat sich als kriminelles Genie entpuppt. Mit dem Diamantendistrikt von Nizza nimmt er jetzt ein neues Ziel ins Visier, dessen Tresorraum er um mehrere Millionen erleichtern will. Dumm nur, dass unverhofft Ex-Gegenspieler "Big" Nick O'Brien auf seinem palmengekrönten Balkon aufkreuzt und beim nächsten Coup mitmischen will.
Schaut euch hier den Trailer zu Criminal Squad 2 an:
Criminal Squad 2 fehlt der Biss
Die Synopse deutet die größte Änderung des Films bereits an: Big Nick und Donnie stehen dieses Mal auf derselben Seite des Gesetzes. Das hat eine Menge Potenzial: Die beiden Erzfeinde könnten in ein Intrigenspiel eintauchen, in dem keiner dem anderen vertraut, kurzzeitig Momente der Freundschaft aufblitzen, um dann blutig zerstört zu werden. Aber so ist es leider nicht.
Criminal Squad 2 fehlt der Biss des ersten Teils. Der Vorgänger ist beinahe ein Kriegsfilm: Gut ausgebildete Soldaten kollidieren auf dem Schlachtfeld der Großstadt und bekämpfen sich gnadenlos bis zum bitteren Ende. Das Moloch von Los Angeles hatte etwas Klaustrophobisches, etwas Auswegloses, das Menschen in Monster oder Opfer verwandelt.
Gerard Butlers ekelhafteste Rolle wird zum lustigen Urlauber
Der zweite Teil nimmt sich Urlaub, und das gleich in doppelter Hinsicht: Erstens tauscht er die Hauptstadt des Verbrechens gegen das Reiseziel der Reichen und Schönen. Zweitens legt er die Gnadenlosigkeit beiseite: Er macht Donnie und Nick nicht nur zu Komplizen, sondern zu Schicksalsgenossen, die schließlich eine seltsame Freundschaft verbindet. Ein alkoholisierter Absturz reicht Gudegast aus, um die beiden zu Brüdern im Geiste zu machen.
Vor Gudegasts Mut, dem Franchise eine neue Richtung zu geben, muss man Respekt haben. Aber für Fans des ersten Teils wirkt Nick O'Brien als lustiger Urlauber im Hawaiihemd einfach fremd. Wo ist seine Verbissenheit hin, seine Grausamkeit, sein unumstößlicher Gerechtigkeitskodex? Und warum schließt ihn Donnie so schnell ins Herz? Schließlich hat ihn Nick im Vorgänger gleich mehrfach brutal zusammenschlagen lassen und ist für den Tod seines gesamten Teams verantwortlich.
Für lupenreine Buddy-Action bleiben beide außerdem zu eindimensional: Der Witz, der die Figuren aus Nur 48 Stunden oder Lethal Weapon - Zwei stahlharte Profis verbindet, fehlt hier. Und er lässt sich nicht durch ein gemeinsames Trinkgelage und ein paar schnippische Sprüche ausgleichen.
Die Action-Szenen unterhalten nach wie vor
Wer allein gute Action sucht, wird bei Criminal Squad 2 allerdings fündig: Bankraub-Szenen und eine Verfolgungsjagd fesseln auch hier. Wenn Donnie, Nick und ihre Truppe eine Kamera nach der anderen austricksen und blitzschnell von einem toten Winkel in den anderen wechseln müssen, hält mich das bei der Stange. Die ganze Szene erinnert in ihrer Stille und Spannung an Krimi-Klassiker wie Rififi.
Am Ende habe ich trotzdem das Gefühl, dass Gudegast auf das falsche Pferd gesetzt hat. Criminal Squad ist nicht nur ein Bankräuber-Film, dessen Figuren man einfach erfolgreich in andere Konstellationen und Schauplätze verpflanzen kann. Er lebte auch von der absolut schnörkellosen Choreografie von Merrimans (Pablo Schreiber) zur Perfektion gedrillten Spezialtruppe.
Criminal Squad 2 ist dagegen netter, fröhlicher, offenherziger. Vielleicht lassen sich damit die Fans warmherziger Action-Franchises wie Fast & Furious oder stilbetonter Krimi-Komödien wie Ocean's Eleven besser in die Kinos locken. Den Tugenden des Vorgängers aber kehrt der Film damit den Rücken. Ich mochte Nick O'Brien lieber, als er noch ekelhaft war.