Ist Darren Aronofsky noch der Künstler, der er war?

12.02.2014 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Black Swan
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Mit den ganz großen Fragen des Lebens hat sich Regisseur Darren Aronofsky schon immer beschäftigt. Nur die filmische Art und Weise, wie er sich mit ihnen auseinandersetzt, scheint sich gewandelt zu haben. Heute wird er 45 Jahre alt.

Anfang April kommt mit viel Getöse das Bibel-Epos Noah und damit der neue Streifen von Darren Aronofsky in die Kinos. Dass ein Regisseur, der mal als Held des amerikanischen Independent-Kinos galt und mit seinen Filmen eher ein Arthouse-Publikum ansprach, jetzt mit einem Blockbuster biblischen Ausmaßes auf die Kino-Leinwand zurückkehrt, will vielen seiner Verehrer nicht so recht schmecken. Die stutzten schon nicht schlecht, als Aronofsky bei Marvel einsteigen wollte, um die Geschichte von X-Mens Wolverine zu verfilmen. Auch für das kürzlich erschienene RoboCop –Remake war er einige Zeit im Gespräch, was seinen Ruf eines experimentellen Autorenfilmers wohl gänzlich im Franchise-Sumpf von Hollywood versenkt hätte. Versunken ist er nicht, denn weder an dem einen, noch dem anderen Projekt hat er sich letztendlich beteiligt. Fürchtet er den Untergang des amerikanischen Independent-Films oder warum scheint es, als wolle er sich mit Noahs Arche einen sicheren und massentauglichen Pott in den stürmischen Wogen Hollywoods zusammenzimmern? Oder anders gefragt, ist Darren Aronofsky mit Mitte Vierzig vom Idealisten zum CDU-Wähler geworden?

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Wieder ein Jahr älter, aber immer noch der Alte?
Blicken wir ein Jahrzehnt und ein paar Zerquetschte zurück, denn früher war ja bekanntlich alles besser. 1998 dreht er mit Pi seinen ersten Spielfilm, in dem ein paranoider Mathematiker versucht, mit einer Formel zu erklären, was die Welt im Innersten zusammenhält. Ein psychotischer Trip, der durch seinen besonderen Schwarz-Weiß-Look und die einzigartige Schnitttechnik besticht. Technische Versiertheit und außerordentliche visuelle Kraft bestimmen auch sein bestürzendes Folgewerk Requiem for a Dream. Das intensive Psychodrama begleitet verschiedene Menschen, die von Süchten zerfressen, unaufhaltsam in den Abgrund stürzen. Das geht vielen Zuschauern und Kritikern zu weit. Die einen bemängeln, dass der Jungregisseur seine Figuren zugunsten seiner optischen Ansprüche vernachlässige und die technischen Experimente zu weit treibe. Die anderen sehen in ihm einen Messias des Independent-Films und bezeichnen ihn sogar als Vorreiter eines New New Hollywood.

Bevor Aronofsky das schwer zugängliche und überkomplexe Filmmysterium The Fountain vollendet, vergehen nicht weniger als sechs Jahre. Das esoterische und existenzphilosophische Drama, das sich auf mehrere Zeitebenen verteilt, steckt voller Ideen, Ambitionen und strotzt vor visueller Eleganz. Es fällt aber bei den meisten Kritikern durch. Doch davon lässt er sich nicht beirren und kämpft sich mit der Loser-Ballade The Wrestler und dem schön-schaurigen Drama Black Swan nach oben zurück. Mit beiden Filmen ist er sogar bei den Oscars vertreten. So wie schon seine ersten beiden Filme Parallelen, besonders in optischer Hinsicht, aufweisen, ähneln sich auch seine letzten beiden. The Wrestler wie auch Black Swan sind unheimlich körperbetonte Filme, deren Protagonisten sich für ihre Kunst, ihren theatralen Sport, schinden und aufopfern. Wieder schafft es Aronofsky diesen beiden intensiven, die Sinne attackierenden Filmen seine unverkennbare Signatur aufzudrücken.

Verrat oder Vernunft?
In einem Spiegel-Interview erklärt er 2011, dass er eigentlich gar nicht der intellektuelle Autorenfilmer sein will, für den ihn viele halten. Sein erster Anspruch sei es, sein Publikum zu unterhalten. Das will er auch mit seinem Großprojekt Noah erreichen und wieder spaltet er die Massen wie Moses das Meer. Einerseits wird er mit Gladiator –Star Russell Crowe und Hermine Granger alias Emma Watson viele Kinobesucher anlocken, aber ob der Blockbuster auch erkennbar das Genie des Regisseurs durchschimmern lässt, ist zweifelhaft. So hat Stuart Heritage nicht ganz Unrecht, wenn er im Guardian behauptet, der Noah-Trailer sähe eher nach Roland Emmerich aus als nach Darren Aronofsky.

Auch für nach der Sintflut: Alles Gute!
Die altbekannte Frage, ob es einen akzeptablen Kompromiss zwischen Kunst und Kommerz geben kann, wird sich wieder stellen, wenn Noahs Arche über die Leinwände schippert und versucht zu retten, was zu retten ist. Auch darüber, ob sich Aronofsky gegenüber seinem bisherigen Werk selbst verrät oder vernünftig neu erfindet, sollte noch nicht voreilig geurteilt werden. Zum einen hat der Mann heute Geburtstag, zum anderen folgen statistisch gesehen, sollte Noah ein Flop werden, danach wieder zwei fantastische Aranofsky-Filme. Ich jedenfalls gratuliere Darren Aronofsky herzlichst zum Geburtstag und zu seinem bisherigen Werk. Ich werde ihn auch weiterhin gespannt verfolgen, um mich von seinem kreativen Geist überraschen und inspirieren zu lassen, aber sollte Noah tatsächlich ein Emmerich-Film werden, dann wünsche ich mir von Herzen den alten Darren zurück. Alles Gute!

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