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Jimi's Highlights vom DOK Leipzig 2016

13.11.2016 - 19:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
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Wie versprochen, bekommt ihr hier einen Überblick über die Filme, die beim 59. Dokumentar- und Animationsfilmfestival in Leipzig den meisten Eindruck bei mir hinterlassen haben.

Steig ich doch gleich mit meinem absoluten Highlight ein. Ein Film, der schon im Vorfeld sehr spannend klang, hat meine Erwartungen sogar noch übertroffen.

Down the Deep, Dark Web ist nicht nur eine Dokumentation über das Darknet, dessen Beschaffenheit, dessen Ausmaß, dessen besorgniserregenden, aber auch seinen guten schützenden Seiten, sondern es ist eine Film, der mit der beleuchteten Thematik einhergehend, in sehr ausgewogenem Maße, die 2 Seiten von Intransparenz und Transparenz aufzeigt, ein Dilemma deutlich macht, welches sich in der Geschichte der Menschheit wiederholt aufzeigt. Einerseits führen die Instrumente der Transparenz und Überwachung in den falschen Händen zu Verfolgung von Andersdenkenden aus niederen Gründen, zur Zementierung ungerechter und lebensverachtender Systeme. Anderseits keimen in intransparenten und versteckten Gebiete, in denen ethisch moralisch einwandfreie Instanzen und Institutionen(im soziologischen Sinne) keinen Einfluss haben und bei bestehender Notwenigkeit intervenieren können, die grausamsten Dinge. Ich spreche von Menschenhandel, Kinderpornographie, Auftragsmorden, Suchtmittel-missbrauch, Datenklau und Identitätsklau etc. PP.

"Wo liegt also das richtige Maß von Transparenz und Intransparenz und wie kann man transparente Systeme vor Missbrauch schützen?"

Das ist eine Frage die sich die Gesellschaften der Gegenwart fragen müssen und die einer exakten Antwort bedarf. Diese Frage stellt Down the Deep, Dark Web nicht direkt, aber durch das zielgenaue Aufzeigen beider Seiten, wird sie quasi aufgeworfen. Der Diskurs kann somit beginnen, wenn wir ihn zulassen und nicht warten bis die Macht der Opportunisten und die Ohmacht der Entscheider, diesen unbedacht unter den Tisch fallen lässt, die damit einhergehenden Probleme ungelöst bleiben und das Ungleichgewicht wiederholt zu Missbrauch, Unrecht und Unglück Unschuldiger führt.


In einen sehr verwandten Kontext kann man die Thematik der aufwühlenden Dokumentation Do Not Resist stellen. Ein Film über den von der Aufrüstungsindustrie unterfütterten Polizeiapparat in den USA, der gleichzeitig das Verhalten bei Polizeieinsätzen hinterfragt. Ein Film der ein mulmiges Gefühl beim Zuschauer hinterlässt, der jedoch auch zeigt, dass Auswüchse einzelnen Zellen bei den konstituierten Schutzkräften, nicht für das gesamte System stehen, sondern auch innerhalb des Polizeiapparates und der Regierung Sorge besteht und Gegensteuerungsprozesse überdacht werden. Der Film liefert nur Ausschnitte. Das Ausmaß bleibt schwer abzuschätzen. Fest steht, die ungerechtfertigte Polizeigewalt in den Staaten, gerade gegenüber der Schwarzen Minderheit, ist etwas nicht Hinnehmbares. Nicht nur in den USA laufen Polzeitrupps bei Einsätzen gegen friedliche Demonstrationen immer wieder Gefahr übertrieben zu agieren, über die Strenge zu schlagen und sich von einzelnen Provokateuren angestachelt oder gar von Vorgestzten gezielt missbraucht, maßlos zu verhalten. Die Frage lautet also:

"Wie stelle ich sicher, dass kein Dummkopf die nötigen Instrumente der Sicherheit für unlautere Zwecke missbraucht?",

eine Frage die gerade im Zuge der ständig sich vermehrenden Möglichkeiten des Einsatzes technologischer Systeme zur Hilfe der Verbrechensbekämpfung, aktueller den je scheint. Do Not Resist bietet einen Überblick über den Status Quo und Einblick in das was kommen könnte.


In der reduziert animierten Kurzdoku I, Destini  lässt die 13 jährige Destini einen intensiven Einblick in ihr Umfeld zu. Es ist geprägt vom Einfluss eines ungleichbehandelnden Justizsystems und dem Abdruck, den sein Einfluss in den Psychen der Menschen hinterlässt. Ein absolut klares und nachdenklich stimmendes reflektiertes Milieuportrait aus der Perspektive einer Heranwachsenden.

Da es sich um ein von der New York Time finanziertes Projekt handelt, kann man sich die Kurzdok hier sogar komplett anschauen. I, Destini in voller Länge 

Weiter Zeugnisse der unterschiedlichsten Auswüchse der Vorgehensweise Justizias in den USA, gab es im empfehlenswerten - wenn auch bruchstückhaften - The Prison in Twelve Landscapes zu erspüren.


Mein zweiter absoluter Favorit beim DOK Leipzg 2016 war 21 x New York.Der Film bietet atmosphärische intime, teils berrauschende Bilder aus der New Yorker Subway, Einblicke in Nachbarsfenster und in die Lebens- und in die Gedankenwelt seiner 21 New Yorker Protagonisten. Gesprächsinhalte drehen sich um persönliche Liebesbeziehungen, die Suche nach dem Halt in dieser Welt. Philosphische Gedanken paaren sich mit Reflektionen über das eigene Selbst, die Umgebung, das Leben. Ein Gefühl vager Haltlosigkeit in einer vorsichherwuselnden Menge und sich in ihren Befindlichkeiten verstrickenden Menschen, liegt wie ein Schatten über der Existenz. Alles fühlt sich sehr echt an, kein Drehbuch hat sich diese Geschichten ausgedacht. Das wahre Leben spricht aus den Situationen und Gesichtern. ...und nichts kann die Echtheit und Wahrhaftigkeit des gerade vom Zuschauer Erfahrenen besser unterstreichen, als die Antwort des Filmemachers Piotr Stasik auf die Frage nach der Motivation einen solche Dokumenation zu drehen. --- So in etwa... --- "Eigentlich kam ich nach New York, um 2-3 Menschen zu portraitieren und zu zeigen wie man ein gutes Leben in dieser Stadt leben kann." Konträrer geht es wohl nicht. Man unterschätz eben leicht den Einfluss der Realität auf unsere Vorhaben.

Auf culture.pl  ist ein guter ausführlicher Artikel auf Englisch über den mitlerweile für den Europäische Filmpreis  nominierten Fim zu finden.


Wer weis was eine Dunkle Triade  ist?

Ich wusst es auch nicht. Dank des Filmes Egonomics  jedoch, ist mir der Begriff, welcher die drei Persönlichkeitsmerkmale Narzissmus , Machiavellismus  und Psychopathie  umfasst, nun geläufig. im Film wird der Einfluss dieser drei Eigenschaften, im Bezug auf Unternehmensführung und Untenehmenskultur bzw. darüberhinaus, Machtpositionen innerhalb der Gesellschaft beleuchtet und Mechanismen sichtbar, die sonst eher unteranalysiert im Dunkeln wirken. Höchst interessant und wichtig dieser mit leicht verständlichen Animationen durchsetzte Dokumentarfilm!

(P.S: Ein perfektes Beispiel einer Person, welche die Eigenschaften der Dunklen Triade vereint, ist im übrigen Donald Trump.)


 

Bruder Jakob  ist ein äußerst persönliches und behutsames Portrait eines zum Islam konvertierten und sogar dem Salfismus zugeneigten jungen deutschen Mannes und seiner deutschen Frau. Beleuchtet wird das Verhältnis zu seiner Familie und seinem Umfeld. Es wird ein Entwicklungsprozess sichtbar gemacht, der einen aufschlussreichen Einblick in die Vorstellungswelten des Islam und die ganz und gar nicht abwegige Entwicklung von Individuuen, welche nach göttlichem Halt suchen, bietet. Erkenntnis und Konfrontation über Grenzen religöser Dogmen inklusive. Herausragend fand ich an diesem Film vor allem den achtsame Umgang untereinander und die mitunter aufgebrachte Geduld, die trotz partiell gestörten Beziehungenstatus Platz für die Gedanken des Gegenübers ließen und mich in Sachen Zwischenmenschlichkeit beeindruckten.

DasNetz_inDir ‏@dasnetzindir 2. Nov.

Viel viel Zwischenmenschlichkeit im Portrait über Jakob den Sinnsucher der dem radikalen Islam auf den Leim ging. #BruderJakob #dokleipzig



An einem anderen Morgen meiner Dokwoche, konnte ich den sehr krassen Kontrast, zu dem was uns tagtäglich positiverweise erwartet - ein warmes gemütliches Bett - und dem was am untersten Rand der indischen Gesellschaft manch einem als nächtliche Ruhestätte dient, ganz deutlich erfahren. Cities of Sleep  war ein eindrücklich bedrückendes Portrait von den Straßen und Brücken Indiens, das sehr verdeutlichen konnte, was richtig richtig arm sein, ohne Auswegmöglichkeiten, bedeuten kann.


Ansonsten gab es noch zwei hervorragende Dok-Filme zu Menschen mit Autismus. Einmal in Normal Autistic Film in dem lediglich Kinder selbst über ihre Wahrnehmungen und ihre Andersartigkeit sprechen. Anderseits im poetischen My Secret Forest einem Portrait über einen jungen Finnischen Mann, der ohne Hilfe nicht auskommt und sehnsüchtig nach der ihm vom Leben bisher verwehrten Normalität sucht.

Der einzige lange Animationsfilm Mein Leben als Zucchini, sollte ich auch nicht vergessen zu empfehlen.

DasNetz_inDir ‏@dasnetzindir 1. Nov.

Topp! Tabsig taffes Zucchinifilmchen trägt einen Schimmer Hoffnung für Elternlose in die Welt. #dokleipzig #MyLifeAsACourgette


Desweiteren war für einen Filminteressierte wie mich, die Doku The Graduation , über den Aufnahmeprozess an der Französischen Filmhochschule "La Femis" natürlich ein Leckerbissen und höchst interessanter Einblick in einen recht ausgeklügelten, bei welchem viel dikutiert worde .

...und als Leipziger fand natürlich die Beobachtung eines der zeitgenössischen Maler in Neo Rauch - Gefährten und Begleiter spannend.

DasNetz_inDir ‏@dasnetzindir 2. Nov.

#dokleipzig #NeoRauch produziert in großer Varianz unentwegt komplexe Spiegelbilder des traumwandlerischen Geistes der Menschheit. #Doku

Als letztes sollte ich noch ein zwei Sätze, zum vergnüglichen und für Frauen wie Männer aufschlussreichen Film über die Kraft des weiblichen Saftes, fallen lassen.In Ruanda ist die sexuelle Lust sehr stark mit dem weiblichen Erguss verbunden und trotzdem ein Thema welches eher im Verborgenen seine Zuhörer findet. Sacret Water ist ein unterhaltsamer und höchst informativer Beitrag, den man bei Gelegenheit auf keinen Fall verpassen sollte. Ja wirklich es geht hier um 'Pussy Juice'.


Hier noch ein paar Kurzfilmhighlights:

Digital Immigrants 

Voices of Finance 

The Talk. True Stories About the Birds & the Bees
 

 The Clitoris 

  Házibuli
 

 This Ain't Disneyland 

Jürgen Böttcher zum 85. Geburtstag 

Beyond
 

Super Film 

P.S.: Ich freu mich natürlich auf nächstes Jahr!

Jimi veröffentlich seine Gedanken zum Leben und Infos zu Welt, Kosmos, Film, Musik, Umwelt, Träumen regelmäßg unregelmäßig in seinem Blog DasNetz_inDir  . Stöbern lohnt.


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