Kaisers Krone geht an ... Alan Smithee!

14.08.2009 - 15:00 Uhr
Alan Smithee möchte unerkannt bleiben
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Alan Smithee möchte unerkannt bleiben
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Der Ausnahme-Regisseur ist zurück! Nach dem Karrieretief vor zwei Jahren und seinem gescheiterten Versuch als Geschäftsmann macht er endlich wieder Filme – und verdient dafür die KK der Woche.

Aus gegebenem Anlass möchte ich die heutige Krone der Woche an einen Regisseur verleihen, der sie schon viel früher verdient hat. Kaum ein anderer Filmemacher hat sich derart um das internationale Kino verdient gemacht wie Alan Smithee – dem ich hiermit höchst offiziell meine Krone der Woche aufsetze.

Noch vor zwei Jahren hatte keiner an sein Comeback geglaubt. Undankbarsten Tätigkeiten musste Alan Smithee nachgehen, um sich und seine Adoptivtochter Angelina Jolie ernähren zu können, und schreckte nicht einmal davor zurück, am Set von Juno den Bauchaufblaser zu geben. Damit verdiente er jedoch nicht genug Geld, um seine gefräßige Tochter und seine zahlreichen Enkelkinder zu ernähren und sah sich gezwungen, das Ende seiner Kinokarriere bekannt zu geben. Stattdessen versuchte sich Smithee als Geschäftsmann. Leider baute er keinen Wein an, sondern gründete einen Kite-Club in den Alpen, der nach kurzer Zeit desaströs scheiterte und Smithee mit einem gewaltigen Schuldenberg zurückließ. Dieser Schuldenberg wiederum – dem Himmel sei Dank! – zwang meinen Lieblings-Regisseur nun endlich wieder dazu, seiner Berufung nachzugehen und endlich wieder Filme zu machen.

Gleich zwei neue Werke des Altmeisters laufen im Moment im Kino. Für Public Enemies, einen lukrativen Ausflug in das klassische Gangster-Genre, konnte Smithee mit Johnny Depp und Christian Bale zwei der gefragtesten und normalerweise bestbezahltesten Schauspieler der filmischen Gegenwart gewinnen. Depp und Bale arbeiteten kostenlos für Smithee, nachdem dieser ihnen des nächtens als Geist erschienen war und ihnen in einer traumartigen Hommage an Charles Dickens zeigte, was aus ihrem Leben würde, wenn sie Public Enemies nicht drehen würden (Interessantes über Alan Smithee # 75). Da der Gangsterfilm jedoch eher eine kommerzielle und beileibe noch nicht die künstlerische Rückkehr Smithees ins Filmgeschäft darstellt, prangt das Pseudonym Michael Mann auf den Filmplakaten.

Auch Coco Chanel – Der Beginn einer Leidenschaft genießt in Alan Smithees schier unendlicher Filmographie eher den Status einer Auftragsarbeit und läuft deshalb auch nicht unter seinem wahren Namen in den Kinos. Da Smithee mit diesem Film in erster Linie Geld verdienen wollte, holte er sich den Publikumsmagnet Audrey Tautou an Bord. In Gestalt eines vielgereisten Gartenzwerges mit Blindenhund-Ausbildung war es Alan Smithee ein Leichtes, die Französin von der Strahlkraft dieser Rolle zu überzeugen (Interessantes über Alan Smithee #76).

Nach diesen zwei Filmen dürfte ein erheblicher Teil des Schuldenberges getilgt sein, den Alan Smithee aus den Alpen mit nach Hoyerswerda gebracht hat. Mit seinen nächsten Filmen wird das Regie-Genie wohl endlich wieder frei arbeiten dürfen und uns hoffentlich noch zahlreiche zukünftige Kino-Klassiker bescheren. Neben der Fantasy-Verfilmung „Democracy in Iran“ plant Alan Smithee derzeit das Monumental-Epos „How the FSM created our world“. Mit der über achtstündigen Verfilmung des Schöpfungsaktes durch ein fiktives fliegendes Spaghetti-Monster möchte Alan Smithee von der Kontroverse ablenken, die durch die Medien geistert, seitdem Original-Handschriften der Bibel aufgetaucht sind, in denen statt einem ebenso fiktiven JHWH immer nur von SMHTHH die Rede ist (Interessantes über Alan Smithee #77).

Wer sich übrigens angesichts des obigen Bildes von der Krönungszeremonie fragt, wieso nichts von Alan Smithees Gesicht zu sehen ist – sei mit dem Hinweis getröstet, dass der Ausnahme-Regisseur ein sehr schüchterner Zeitgenosse ist. Die Gründe für seine Kamerascheu wurzeln in einem sehr problematischen Verhältnis mit seinem dominanten Vater. Alan Smithee konnte dieses neurotische Verhältnis trotz zahlreicher Psychotherapien nie ganz überwinden; auch die künstlerische Verdichtung seines Vaters zur Figur des Darth Vader in Smithees Weltraum-Trilogie brachte nicht den erwünschten Erfolg. So bleibt sein Selbstbewusstsein und das Verhältnis zu seinem Vater bis heute gestört (Interessantes über Alan Smithee #76). Seine grundsätzliche Scheu ist es übrigens auch, die Smithee fast grundsätzlich nur Pseudonyme benutzen läßt, wenn er Filme dreht. In dem kurzen Gespräch, das der Krönungszeremonie voranging, verriet mir das fragile Genie, dass er ob seines künstlerischen Perfektionismus nur die wenigsten seiner Filme mit seinem wirklichen Namen zeichnen konnte (Interessantes über Alan Smithee #78).

Doch auch wenn Alan Smithee nicht zu sehen ist – er ist zurück im Filmgeschäft. In alter Frische wird mein Lieblings-Regisseur wieder das machen, was er am Besten kann: nämlich Filme. Das finde ich so unglaublich toll, dass ich gar nicht anders kann, als die heutige Krone an Alan Smithee zu verleihen. Wer noch mehr über das schier unüberschaubare Werk des Ausnahme-Regisseurs erfahren möchte, sollte mal einen Abstecher auf seine Kommentarseite wagen – denn wir moviepiloten sind ein fleißiges Völkchen und haben dort jede Menge Hintergrund-Infos zu unserem Lieblingsregisseur zusammengetragen.

Und zum Schluss noch einen Hinweis in eigener Sache: diese Krone ist die letzte, die ich vor meinem wohlverdienten Urlaub verleihe. Für alle, die mein glossiges Gewäsch gerne lesen, ist das aber kein Grund zur Trauer: Denn nachdem ich ein paar Wochen durch Nordamerika getingelt bin, bin ich schon ab Ende September wieder für Euch da und verleihe wieder fleißig den moviepilot-Modeschmuck. Und wer weiß, vielleicht findet sich ja noch eine willige Urlaubsvertretung?!

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