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Kindheitstrauma: Film

15.09.2015 - 20:35 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Gmork aus "Die unendliche Geschichte"
Neue Constantin Film
Gmork aus "Die unendliche Geschichte"
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Fast jeder hat als Kind einen Film gesehen, den er damals noch nicht richtig verarbeiten konnte. Ob Horrorfilm, Drama oder Historienepos - Gewalt, Trauer und Grusel kann einen arglosen Geist schnell überfordern. Danach folgen oft Angstzustände, Paranoia und Verdrängung. Am besten hilft da wohl eine Aufarbeitung mit Gleichgesinnten.

Ein Trauma ist eine seelische Verletzung. Diese "Wunde", die in solchen Momenten besonders intensiver negativer Gefühle entsteht, brennt sich tief in unsere Erinnerung ein und nutzt jegliche Gelegenheit, sich wieder in Erinnerung zu rufen - auch noch Jahre später.

Ganz so dramatisch wie es sich anhört, ist es bei mir nicht. Aber einige Szenen haben sich auch bei mir eingeprägt. Damals habe ich mir mit meiner älteren Schwester ein Zimmer geteilt, in dem wir einen Fernseher stehen hatten. Abends liefen auf einigen Sendern wie Sat.1 und Kabel eins regelmäßig Horrorfilme. FSK war mir damals kein Begriff und hätte mich wohl auch nicht interessiert. Schließlich war es jedes Mal wieder eine Art Mutprobe, die ich bestehen wollte. Besonders Zombiefilme und die Werke von Stephen King waren derzeit sehr angesagt. Ich erinnere mich an schaurige Szenen aus Über dem Jenseits, Stephen King: Das Monstrum - Tommyknockers und ja, auch Braindead, den man als Siebenjährige definitiv noch nicht als Komödie erkennt. Dass ich mich gerade an diese Filme erinnere, hat sicher seine Bewandtnis. Allerdings trug es auch zu einer gewissen Abhärtung bei.

"Braindead"s eklig fiese Zombie-Affen-Ratten

Trotz aller Abgebrühtheit hat es mich schließlich bei Stephen Kings Klassiker-Duo Friedhof der Kuscheltiere und Friedhof der Kuscheltiere II so richtig erwischt. Ob die widerliche, auf dem Dachboden hausende Schwester Zelda, Zowie, der wiedererwachte Hund mit den gelb leuchtenden Augen oder der Sheriff, der seinen untoten Körper stöhnend durch ein Feld schleppt. Der Horror erfasste mich mit aller Kraft. Als ich etwa doppelt so alt war, habe ich die Filme nochmal mit Freunden angesehen und während diesen Szenen die Augen einfach zugemacht. Es ging nicht anders. Jetzt weiß ich, dass es ziemlich gut tut, einen zweiten Blick zu riskieren. Man geht dann mit weniger Emotionen und mehr Sachlichkeit an die Sache ran. Stephen King: Das Monstrum - Tommyknockers war bei genaueren hinsehen doch ziemlich langatmig und ungruselig. Auch Friedhof der Kuscheltier ist im heutigen Licht betrachtet nur noch ganz nett, wenn auch atmosphärisch wirkungsvoll. Ob Teil 2 noch eine Chance bekommt, ist ungewiss.

Es müssen ja nicht immer nur Horrorfilme sein. Auch der Tod von liebenswerten Filmfiguren in Zeichentrickfilmen oder Dramen kann verstören. Ich denke dabei an Der König der Löwen, My Girl - Meine erste Liebe, Bambi oder Unten am Fluss - Watership Down. Härter geht es in Sandalen- oder Mittelalterfilmen zu. Folter, Fanatismus und Menschenverbrennungen schlagen ebenso auf's junge Gemüt. Dagegen habe ich soweit noch von niemanden vernommen, dass er sich früher an blutigen Schläger- oder Schießereien gestört hat. Es scheint doch ehr die psychische statt der körperlichen Gewalt zu sein, die nachhaltig schockiert: Willkür, Übernatürliches, Machtlosigkeit, Gefangensein, das gewissenlose Böse. Alles zielt auf die Urangst des Kontrollverlustes ab sowie auf die in uns allen keimende Angst vor dem Unbekannten.

Danny unterwegs in "The Shining"

Gemäß §14 des Jugendschutzgesetzes kennzeichnet die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH (FSK) die Filme zwar, aber im heimischen Kinderzimmern herrscht für gewöhnlich rebellische Selbstbestimmung. Selbst ein TV-loses Kinderzimmer und penibler elterlicher Kontrollzwang wird höchstwahrscheinlich nicht verhindern, dass die Kiddies auch filmtechnisch mal ihre Grenzen austesten wollen. Irgendwann macht sicher jeder mal eine emotional bestürzende Filmerfahrung. Vielleicht sollte das aber lieber später als früher geschehen. Am Ende sollte jedoch klar werden, dass die Welt sich weiter dreht und im Dunkeln nichts ist, was man fürchten muss. Wenn ihr früher auch mal Realität mit Fiktion vermischt oder euch zu sehr reingesteigert habt, dann lasst euch hier in einer Gesprächsrunde therapieren.

Welcher Film ist euer Kindheitstrauma?

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