L'heure d'été (Regie: Olivier Assayas)
»L'heure d'été« handelt von einer Geschwister-Gruppe, die den Nachlass der verstorbenen Mutter verwalten muss. Das Haus behalten? Die Bilder ins Museum? Natürlich sind Unstimmigkeiten zu meistern, bevor man sich schließlich doch einigt. Der Wert eines Menschen – auch nach dem Tod – hängt nicht von dessen Besitztümern ab, obschon man vielleicht glaubt, dass diese eine Sicherheit vermitteln oder sentimentalen Wert tragen. Erinnerungen aber leben weiter. Außerdem lesbar ist der angenehm unaufdringliche Film als Metapher des Zwiespalts über Bewahren eines (Kultur-)Erbes und die Herausforderungen der Moderne.
Land des Schweigens und der Dunkelheit (Regie: Werner Herzog)
Werner Herzog begleitet in einer frühen
Dokumentation Fini Straubinger, die seit ihrer Jugend blind und taub ist sowie
einige weitere Menschen, die dasselbe Schicksal teilen. Die humanistische Note
dürfte kaum jemanden kalt lassen – daher eine dicke Empfehlung.
Kein Platz für Eltern (Regie: Leo McCarey)
Der Film mag aus 1937 datieren, ist allerdings von erschreckender Aktualität. Er richtet sich an eine Gesellschaft, die ihre Mitglieder einfach in einer dunklen Ecke abstellt, sobald sie "nutzlos" geworden sind. Super: Am Ende gewinnen Respekt, Dankbarkeit und Hoffnung. Zumindest interpretiere ich das unbedingt so.
Mein Onkel aus Amerika (Regie: Alain Resnais)
Trocken analysiert der Film seine Figuren
wissenschaftlich wie den Hamster im Laufrad. Und ja, dieser Vergleich passt
irgendwie. Auf dem Papier wirken die Vertrackungen konstruiert, im Film indes
geht die Chose in fulminanter Tragikomik auf. Mal ist der titelgebende Onkel
ein Bettler, mal ein reicher Mann (ist es von Belang?) – in jedem Fall aber ein
Mythos, der seinen Schatten wirft. Alain Resnais in bestechender Hochform.
Ein Mann sucht sich selbst (Regie:
Bob Rafelson)
Viele lieben an Jack Nicholson seine Grimassen.
Wie natürlich und vielschichtig sein Schauspiel aber eben auch sein kann, davon
vermittelt
»Five Easy Pieces«
ein bleibendes Bild. Wer (wie ich) zur
Melancholie neigt, sollte unbedingt einen Blick riskieren. Der Film handelt
meines Erachtens davon, wie man immerzu mit Umhertreiben beschäftigt ist - ohne
Aussicht auf dauerhaften Halt, dafür umso mehr auf Chancen, die es zu vergeigen
gilt. Der deutsche Titel ist zwar nicht gerade subtil, aber zutreffend.
Hero (Regie: Zhang Yimou)
Alles so schön bunt hier! Eine Genuss für Ästheten mit einem an Rashomon - Das Lustwäldchen geschulten Storytelling. Was moralisch von dem Ende zu halten ist, weiß ich nach wie vor nicht so recht. Aber möglicherweise spricht gerade das für Yimou Zhang. Erwähnte ich schon, dass der Film prächtig aussieht?
Blissfully Yours (Regie: Apichatpong Weerasethakul)
Was
»Blissfully Yours«
auszeichnet:
- Sein freier Umgang mit Sexualität/Begehren
- Sein freier Umgang mit Menschen
- Sein freier Umgang mit Verfehlungen
Die "Dramaturgie" ist so wenig forciert, dass man nicht selten meint, im Wald zu stehen. Umso deutlicher tritt dadurch hervor, wie verbogen wir doch durch "normale" Filme sind bzw. die Erwartungshaltung, welche wir gemeinhin an den Tag legen.
In the City of Sylvia (Regie: José Luis Guerín)
Der Film fließt vor sich hin wie eine klassische Komposition und beinahe bin ich geneigt zu behaupten, dass die "Handlung" in den Hintergrund tritt. Wer braucht sowas eigentlich, wenn er in einer urbanen Symphonie schwelgen kann? Traumwandler und Beobachter sollten auf ihre Kosten kommen.
Flowers of Shanghai (Regie: Hou Hsiao-Hsien)
2016 habe ich Hou Hsiao-Hsien für mich entdeckt. Sein Meisterwerk »Flowers of Shanghai« führt meine HHH-Rangliste an. Der Film spielt in vier so genannten Flower Houses – Orten der Unterdrückung und zugleich pulsierender Sehnsüchte. Orten der Eleganz und Hässlichkeit. Er funktioniert nicht bloß über das, was er zeigt, sondern insbesondere über Auslassungen und mannigfaltige Andeutungen, die man mit Samtfühlern regelrecht erspüren muss, um schlussendlich entlohnt zu werden. Nur ein ausnehmend kluger Geist kann sowas drehen.
Crazy Heart (Regie: Scott Cooper)
Dieses Jahr hielt für mich die Erkenntnis bereit, dass ich Jeff Bridges zu meinen absoluten Lieblingsschauspielern zähle. Und nie schien er mir größer als in »Crazy Heart« – ein Kleinod, das seiner vermeintlich klischeehaften Geschichte (der alternde Country-Star mit Alkoholproblem und seine Muse etc.) alles abverlangt. Ein phantastischer Soundtrack leistet bei einem Musikfilm sowieso immer seinen Anteil, im besten Fall erzählt er sogar mit. Der Trumpf allerdings ist die geradezu weltkluge Nachsicht der Regie mit ihren strauchelnden Figuren. Ein instant favorite. (Danke an Mr_Phil für die Empfehlung!)
Fearless - Jenseits der Angst (Regie: Peter Weir)
Jeff Bridges zum Zweiten. Wie überwindet man
(für sich selbst und andere) ein Trauma? Mit
»Fearless« dringt Peter Weir
sanftmütig in spirituelle Sphären vor ohne dem Zuschauer was vom Pferd zu
predigen. Schnell hätte der Regisseur sich hier in einer flachen "Schätze
dein Leben!"-Postkarten-Botschaft verheddern können – tatsächlich bin ich
dank dem Film verlockt, an Höheres zu glauben.