Oscar-Fiasko ohne Überraschungen

28.02.2011 - 08:50 Uhr
Der Oscar
AMPAS/moviepilot
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3 Stunden und 15 Minuten dauerte die Verleihung des Oscar 2011. Und das war ihr in jeder Sekunde anzumerken. Zwischen Verjüngung und Nostalgie konnte sich die Show nicht entscheiden, weshalb sie zu einer der schlechtesten der letzten Jahre wurde.

Dass eine Show gleichzeitig überhastet und langweilig wirkt, ist eine zweifelhafte Errungenschaft. Der Verleihung des Oscar 2011 gelang aber genau diese seltsame Mischung. Auf drei Stunden und 15 Minuten zusammengestutzt wurde die Veranstaltung, die schlussendlich durch einen Generationenkonflikt zum Scheitern verurteilt wurde. Ein junge Zielgruppe mit anscheinend geringer Aufmerksamkeitsspanne sollte die 83. Ausgabe des Oscar ebenso ansprechen, wie die betagten Gäste im Saal. Heraus kam die schlechteste Oscar-Verleihung der letzten zehn Jahre.

Anne Hathaway und James Franco schienen zu Beginn ihre Wahl als Hosts zu rechtfertigen. Natürlich saßen nicht alle Witze des Video-Einspielers, bei dem die beiden sich in die nominierten Filme verirrten. Die braune Ente und die Gastauftritte von Morgan Freeman und Alec Baldwin (Call me Mr. Baldwin) blieben Highlights. Erinnerungen an die guten alten Zeiten mit Billy Crystal wurden wach bei diesen Parodien. Es sollten nicht die letzten sein. Doch nach der Auftaktrede, bei der die Verwandtschaft der beiden im Publikum köstlich mit einbezogen wurde, statt sich wie sonst über die Nominierten lustig zu machen, ging es geradewegs bergab. Die Veranstalter bewiesen schon bei den ersten Preisen ihr untrügliches Gespür für das falsche Timing. Szenenbild und Kamera wurden in einem Abwasch durch Tom Hanks abgefertigt. Wohingegen der nur stellenweise gelungene Auftritt des Veteranen Kirk Douglas die ganze Verleihung wieder zum Stillstand brachte. Selbiges gilt übrigens für die semi-skandalöse Dankesrede von Melissa Leo, die vor lauter Emotionalität live im amerikanischen Fernsehen das Wort fucking in den Mund genommen hat und in den Staaten dank der zeitversetzten Ausstrahlung ausgepiept wurde.

Doch das war dann auch der einzige Moment des Oscar 2011, bei dem so etwas wie Pfeffer in die Angelegenheit kam. Diese Tatsache an sich ist schon traurig genug. Ansonsten war die Verleihung des Oscar 2011 eine dröge Fließbandpoduktion, die vermehrt den Golden Globes glich und zwar deren schlimmster Ausformung: Der leidenschaftslosen Herunterleierung der Nominierten, Gewinner und Dankesreden im Autopilot, ohne irgendwelche Glanzpunkte dazwischen. Das Potenzial der beiden jungen Gastgeber wurde schließlich vollkommen verschenkt. Hatte Anne Hathaway zumindest noch eine hübsche Gesangsnummer, die an eine frühere, bessere Verleihung erinnerte, nämlich die mit Hugh Jackman, wurde James Franco auf einen Auftritt in Frauenkleidern und einen Witz über Charlie Sheen reduziert. Das muss ihn selbst so gelangweilt haben, dass er sich hinter der Bühne eine Tüte angezündet hat. Anders kann zumindest ich mir sein Dauergrinsen in die oberen Publikumsränge nicht erklären.

Versuche der Veranstalter, den Nostalgie-Faktor aufzupumpen, liefen hingegen allesamt ins Leere. Die Idee, mit dem Blick auf vergangene Siegerfilme auf die Kategorien überzuleiten, erwies sich als verwirrend und irdendwie sinnlos. Was interessieren ein paar Sekunden Musik und Bilder aus Titanic? Die können doch gar keine Atmosphäre erzeugen und sorgen stattdessen nur für Desorientierung, noch dazu, wenn die gezeigten Clips nur auf der Leinwand hinter der Bühne zu sehen sind. Fataler wirkte sich ein anderer Griff in die Nostalgie-Kiste aus. Fast schon wie eine Verzweiflungstat wirkt im Nachhinein die Einbindung von zwei legendären Hosts der Oscar-Geschichte: Billy Crystal und (via Projektion) Bob Hope. Billy Crystal rief allen Zuschauern noch einmal in Erinnerung, wie unterhaltsam die Oscars sein können, wenn sie ihren Gastgebern gutes Material bereitstellen. Der digitale Auftritt von Bob Hope dagegen war allzu bemüht und wiederum zu lang. Diese Zeit hätten die lebendigen Hosts bitter nötig gehabt.

So blieben die wenigen Höhepunkte den anderen überlassen. Robert Downey Jr. und Jude Law stellten einmal mehr ihre Chemie unter Beweis und boten einen der wenigen wirklich unterhaltsamen Präsentatorenauftritte. Selbiges gilt für Sandra Bullock, die sich der besten Hauptdarsteller annahm und den Dude (Jeff Bridges) ermahnte, endlich mal einen anderen gewinnen zu lassen (“I mean, how much is enough?”). Was er dann auch tat. Colin Firth legte eine weitere bewegte, aber elegante Dankesrede ab und fing zum Glück nicht an, zu tanzen, zumindest nicht auf der Bühne. Doch während die überraschungsarmen Entscheidungen der Academy uninspiriert in die Welt hinaus posaunt wurden, flüchteten die Gedanken unwillkürlich zu anderen Dingen: Warum moderiert Billy Crystal die Show nicht nochmal? Warum hat Kevin Spacey es bisher nicht versucht? Und wann werden sich die Veranstalter endlich für ein gleichbleibendes Format entscheiden, anstatt jedes Jahr ein neues Experiment zu starten? Der Oscar 2011 war nicht nur eine schwache, er war eine katastrophale Angelegenheit, denn alles andere war in der heutigen Nacht interessanter als der wichtigste Filmpreis der Welt.

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