Irgendwann hat alles ein Ende. Jeder ist sich im Klaren darüber, dass nichts für ewig währt. Doch manch einer ignoriert diese Tatsache einfach und macht auf Gedeih und Verderb weiter. Oft haben wir es erlebt, dass manche Menschen sich an ihrer Karriere, an ihrer Passion festklammern und dabei ihren eigenen Mythos ein Stück weit zerstören. Dieses Phänomen ist nicht auf einen bestimmten Berufszweig begrenzt. Dutzende Sportler haben es versäumt, rechtzeitig ihre aktive Laufbahn zu beenden. Zahlreichen Firmenchefs ist das Tagesgeschäft über den Kopf gewachsen und trotzdem haben sie weitergemacht. Und auch viele Schauspieler übten und üben ihren Job aus, obwohl sie sich und ihrem Ansehen damit keinen Gefallen tun. Es gibt jedoch auch solche Stars, die von sich aus und mit Würde den Hut ziehen. Einer, der genau das vor ein paar Wochen getan hat, ist der große Peter O’Toole.
Abschied mit Stil
Der Ehrenoscar-Gewinner hat folgendes erklärt: “Es ist Zeit für mich, das Handtuch zu werfen. Vom Film und der Bühne zurückzutreten”. Mit beinahe 80 Jahren kommt dieser Schritt zwar nicht sehr früh, aber seinen Zenit zu erreichen hat auch nichts mit dem Lebensalter zu tun. Peter O’Toole hat bis vor kurzem noch seine Qualitäten nachgewiesen, von einem längst überfälligen Rückzug kann also nicht die Rede sein. Und sicherlich hätte er, der vor allem als Titelheld des Monumentalepos Lawrence von Arabien Bekanntheit erlangte, noch ein paar Jährchen weiterarbeiten können. Was Peter O’Toole jedoch von anderen Kollegen unterscheidet, ist sein Stil. Niemand muss ihn von der Bühne runterzerren, keiner bemitleidet ihn als alten Mann mit einstmals großer Karriere, nein, er geht aus freien Stücken. Er hat entschieden, dass nun Schluss ist. Vor allem bei Schauspielern, die ihren Beruf normalerweise leidenschaftlich ausüben und nicht nur aus rein wirtschaftlichen Gründen, ist ein solcher Schritt aller Ehren wert.
Dankbarkeit
“Ich habe nicht mehr das Herz dafür, und es wird auch nicht mehr zurückkommen”. Diese Ehrlichkeit sich selbst gegenüber ist bemerkenswert. So schade es ist, dass Peter O’Toole die Menschen nicht mehr mit seinem Schauspiel begeistern will, so würdevoll ist doch sein Abgang mit einer beinahe französischen Verabschiedung. Ohne großes Trara, ohne nachzutreten, ohne trauererfüllte Rücktrittsrede. Der für seine Rollen in beispielweise Der Löwe im Winter, The Ruling Class und Venus für den Oscar nominierte Peter O’Toole hat mit einem kurzen Statement seine Beweggründe erklärt und gab zudem noch zu Protokoll, dass er seinen “Job ohne eine Träne und sehr dankbar” beende. Man kann diesem großartigen Mimen nur Dank für seine herausragende Lebensleistung zollen und ihm ein Lob für seinen unspektakulären, ehrenvollen und stilsicheren Rückzug aussprechen.
Ein echter Star
Dass Peter O’Toole seinen wohlverdienten Ruhestand antritt, hat kaum jemand mitbekommen. Vielleicht hat es auch niemanden interessiert. Er war nie wirklich ein Blockbuster-, sondern ein Charakterdarsteller, und die stehen oftmals weniger im öffentlichen Interesse. Ohne jeden Zweifel gehörte – nun muss ja die Vergangenheitsform verwendet werden – Peter O’Toole aber zu den prägnantesten Schauspielern, die es je gab. Das Wort „Star“ wird mittlerweile inflationär benutzt, doch er war und bleibt immer ein echter Star. Es ist wohl das Mindeste, einem wie Peter O’Toole zum Abschied ein Lob auszusprechen, zum einen wegen seiner fantastischen Karriere, zum anderen, mit welcher Selbstverständlichkeit, Aufrichtigkeit und Würde er diese an den Nagel hing. Große Persönlichkeiten zeichnen sich eben nicht nur dadurch aus, was sie tun, sondern auch dadurch, wann sie etwas bleiben lassen – so wie Peter O’Toole.