Das Festival Cannes ist dafür bekannt, auch kleinere Filme groß rauszubringen. In der südfranzösischen Kleinstadt spielen weder Namen noch Budgets eine Rolle – entscheidend ist die Filmkunst. Immer wieder werden Indie-Produktionen ausgezeichnet und junge Regisseure schlagartig bekannt. Für meinen Lieblingsfilm aller Cannesgewinner gilt das genaue Gegenteil. Apocalypse Now war von Anfang an eine Megaproduktion. Regisseur Francis Ford Coppola war bereits einer der großen Stars seiner Riege, ähnliches gilt für Darsteller wie Marlon Brando, Martin Sheen, Dennis Hopper oder Robert Duvall.
Auch unbekannt war das Filmprojekt keineswegs. Durch zahlreiche Pannen, die vor allem dem unberechenbaren Wetter am Set im philippinischen Dschungel geschuldet waren, war Apocalypse Now bereits während der Dreharbeiten in den Medien. Ein Herzinfarkt von Hauptdarsteller Martin Sheen verzögerte die Fertigstellung des Films weiter und so verschob sich die Produktionsdauer ins gefühlt Unendliche. Erst nach 16 Monaten und einer Kostenexplosion, die das geplante Budget um das doppelte überschritt, konnte die Produktion abgeschlossen werden. All diese Fakten sorgten für Aufmerksamkeit und so wurde Apocalypse Now vom Publikum längst heiß erwartet.
Die Handlung des Kriegsfilms basiert auf dem Buch Herz der Finsternis von Joseph Conrad, wurde aber vom Kongo des 19. Jahrhunderts nach Südostasien zu Zeiten des Vietnamkriegs verlegt. Captain Benjamin J. Willard bekommt von der Armeeführung den Auftrag, auf einem Boot ins benachbarte Kambodscha zu reisen, um den durchgedrehten US-Colonel Walter E. Kurtz zu töten. Dieser hat im kambodschanischen Dschungel, direkt im Grenzgebiet zu Vietnam, eine grausame Gewaltherrschaft aufgebaut. Die Bootsfahrt führt Captain Willard und seine Crew einmal quer durch die Kriegswirren Vietnams. Als er auf dem Weg die absurden und brutalen Kriegstechniken seiner amerikanischen Kollegen kennenlernt, beginnt Willard, den Unterschied zwischen den Methoden von Colonel Kurtz und der amerikanischen Heerführung zu hinterfragen – erst recht, als er den eloquenten Despot letztendlich wirklich im Dschungel aufspürt.
Heute gilt Apocalypse Now als einer der besten Filme aller Zeiten. Die Grausamkeit, der Zynismus und die Skurrilität der Charaktere stehen sinnbildlich für die Veränderung des Menschen im Krieg. In diesem Zusammenhang sei an eines der berühmtesten Zitate der Filmgeschichte erinnert, gesprochen von Robert Duvall als Lieutenant Colonel Bill Kilgore: ‘Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen.’ Der Film lässt das Publikum verstört und erschöpft zurück. Oder wie es Francis Ford Coppola bei der offiziellen Pressekonferenz in Cannes 1979 ausgedrückt hat: ‘Mein Film ist nicht über Vietnam. Er ist Vietnam.’