Robert De Niro spielt 2 (!) Mafia-Bosse: Wie gut ist The Alto Knights?

20.03.2025 - 08:02 UhrVor 1 Monat aktualisiert
Robert De Niro in The Alto Knights
Warner Bros.
Robert De Niro in The Alto Knights
0
0
Ab heute läuft der größte Gangster-Film des Jahres im Kino: Robert De Niro spielt in The Alto Knights zwei Mafia-Bosse. Auch wenn er in der Doppelrolle begeistert, kann der Film nicht überraschen.

Man vergisst manchmal, welchen immensen Einfluss Der Pate auf die Filmlandschaft hatte. Er machte das Mafia-Epos zu einem erfolgreichen Genre und legte auf Jahrzehnte dessen Bildsprache fest. Robert De Niro war nach Der Pate 2 international bekannt. Ohne die zwei Meisterwerke von Francis Ford Coppola wären De Niro-Scorsese-Epen wie GoodFellas, Casino oder The Irishman nicht denkbar gewesen. Ab heute machen De Niro, der GoodFellas-Autor Nicholas Pileggi (Casino, The Irishman) und das Gangster-Genre den nächsten Schritt im Kino: mit The Alto Knights.

De Niro spielt im Gangster-Epos gleich zwei Mafia-Größen, die sich bis aufs Blut bekämpfen. Das klingt zunächst einmal wie der Wunschtraum eines jeden Genre-Fans. Und tatsächlich, De Niro selbst ist in absoluter Topform. Aber der Film macht auch klar, wie dringend das Genre neue Ideen benötigt.

Darum geht's in The Alto Knights

The Alto Knights basiert auf einer wahren Geschichte: Die beiden italienischen Immigranten Frank Costello und Vito Genovese (beide gespielt von Robert De Niro) steigen während der Prohibition in den USA zu respektierten Gangstern auf, Genovese wird sogar als Boss aller Mafia-Bosse eingesetzt. Wegen eines Mordes muss er das Land verlassen und übergibt die Geschäfte in die Hände seines Freundes Costello.

Schaut euch hier den Trailer zu The Alto Knights an:

The Alto Knights - Trailer (Deutsch) HD
Abspielen

Der Zweite Weltkrieg kommt, und als Genovese nach über zehn Jahren zurückkehrt, haben sich die Verhältnisse geändert: Costello steht an der Spitze und denkt nicht daran, die Macht wieder herzugeben.

Zwischen den beiden Jugendfreunden tut sich ein weiter Graben auf: Ex-Boss Genovese neidet Costello seine Macht und fühlt sich ausgebeutet, Costello sieht in dem impulsiven Kameraden eine Bedrohung seiner Geschäfte.

Auch methodisch unterscheiden sie sich stark: Costello will ein sauberes Bild in der Öffentlichkeit abgegeben, unterhält Beziehungen zu Politikern und zeigt sich bei Wohltätigkeitsgalas. Genovese mag den Geruch der Straße. Er setzt auf blutige Gewalt. Und schließlich soll auch sein guter Freund dran glauben: Er setzt einen Attentäter (Cosmo Jarvis) auf Costello an.

Robert De Niros Leistung ist brillant

The Alto Knights besitzt gleich mehrere dramaturgische Stoßrichtungen: Regisseur Barry Levinson (Rain Man) beleuchtet das Drama einer Freundschaft, den Unterschied zweier Weltsichten, aber er zeigt auch ein Amerika im Umbruch, ein Land im Alarmzustand antikommunistischer Paranoia. Zeitweise wird aus dem Gangster-Film ein Gerichtsdrama, als Costello vor einem Senatskomitee seine politischen Beziehungen rechtfertigen soll. Dröge wird das nie. Und der Grund ist Robert De Niro.

Wer wegen des Stars allein ins Kino geht, kommt in jedem Fall auf seine Kosten. Mit seinen zwei Figuren kann De Niro seine künstlerische Bandbreite ausspielen wie selten zuvor: Als Costello mahnt er zur Ruhe, gibt sich ganz der Ruhe seiner alten Tage und dem gemütlichen Eheleben hin. Er ist der De Niro, den wir in GoodFellas sehen: Ein ruhiger, berechnender Mann, der weiß, dass Krieg schlecht fürs Geschäft ist.

Als Vito Genovese übernimmt De Niro dagegen die angestammte Rolle seines Kollegen Joe Pesci: Aufbrausend und paranoid lässt er seine Umgebung seine Wut und seinen Anspruch spüren. Er ist ein Bluthund, der sich für gesellschaftlichen Aufstieg in die Welt der Senatoren und Richter nicht interessiert. Er nimmt sich, was er will. Er verkörpert den Straßengangster durch und durch.

The Alto Knights hat ein großes Problem: Er kommt 30 Jahre zu spät

Wer also einfach Robert De Niro in seiner ganzen Vielseitigkeit genießen will, gewinnt mit The Alto Knights auf ganzer Linie. Andere Gangster-Film-Fans oder solche mit Ansprüchen auf ein tiefgreifendes Drama müssen allerdings viel Geduld haben.

Denn so richtig kann The Alto Knights das festgefahrene Mafia-Genre nicht mit neuem Leben füllen: Der Zweikampf zwischen dem besonnenen Strategen und dem Hitzkopf kennen Fans aus Casino, die Schwierigkeiten des Gangster-Ausstiegs aus mindestens zwei der drei Der Pate-Filmen. Der Verrat einer Freundschaft wird auch in Es war einmal in Amerika und The Irishman erzählt.

Dass sich Levinsons Film aus bekannten Story-Versatzstücken zusammensetzt, wäre an sich nicht schlimm, wenn er ihnen Tiefe verleihen könnte. Aber die Freundschaft zwischen Genovese und Costello erzählen Drehbuchautor und Regisseur kaum. In der ersten Hälfte des Films sind sie mehr damit beschäftigt, die ganze Mafia-Welt mit ihren Cadillacs und Armani-Mänteln auszukleiden, anstatt in die Figuren abzutauchen.

Haben die Zuschauer:innen Geduld gehabt, werden sie in der zweiten Hälfte des Films belohnt: Dort kommen die tatsächlichen Unterschiede zwischen Costello und Genovese zum Tragen, dort belauern sie sich wie zwei Hunde. Genüsslich kann man beobachten, wie sich die Dynamik der beiden zum großen Höhepunkt, einem legendären Mafia-Treffen des Jahres 1958, steigert.

Aber bis dahin ist viel Zeit vergangen, in der man das Gefühl hat, dass der Mafia-Film dem Schicksal des Western folgt: Er bleibt seinen Klischees verhaftet, aber seine gesellschaftliche Funktion als Genre hat sich weitestgehend erschöpft.

Sein Potenzial als Immigrantengeschichte, als Oper der Grausamkeiten, als Zerrbild des amerikanischen Traums scheint aufgebraucht. Die Wucht, die die ersten Minuten von GoodFellas bestimmt, die Kraft, die hinter Ray Liottas Worten "So lange ich denken kann, wollte ich immer ein Gangster sein" steckt, lässt sich 35 Jahre später nicht einfach so reproduzieren. The Alto Knights hat nichts Neues zu bieten, das ist sein großes Problem. Wen das nicht kümmert, der kann getrost ins Kino gehen.

The Alto Knights läuft seit dem 20. März 2025 im Kino.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News