Anlässlich zum heutigen Kinostart von Venus im Pelz wollen wir euch eine kleine Werkschau der Filme des Roman Polanski vorstellen, die von ganz ähnlichen filmgestalterischen Elementen bestimmt werden. Venus im Pelz ist eine Theaterstück-Adaption von David Ives, mit dem Polanski auch das Drehbuch verfasste. Grundlage ist die gleichnamige Novelle des österreichischen Schriftstellers Leopold von Sacher-Masoch. Darin behauptet er, dass eine gleichberechtigte Partnerschaft zwischen Mann und Frau unmöglich ist, solange sie sich nicht gleichberechtigt gegenüberstehen. Dieses Abhängigkeitsverhältnis schildert Sacher-Masoch anhand einer Beziehung, die Peitschen, sexuelle Hörigkeit und Demütigung behinhaltet.
Polanski erzählt im Film die Geschichte des Drehbuchschreibers und Theaterregisseurs Thomas (Mathieu Amalric), der für das gleichnamige Stücke ein Casting veranstaltet. Am Ende eines langes Tages, ist Thomas entnervt, das alle Kanditatinnen nicht seinen Vorstellungen entsprechen. Da kommt viel zu spät Vanda (Emmanuelle Seigner) ins Theater. Thomas will sie abwimmeln, doch widerwillig lässt er sie vorsprechen und sobald Vanda ein Kostprobe ihres Könnens gibt, ist Thomas überzeugt, die Richtige gefunden zu haben. Während sie nach und nach das Stück durchsprechen, verwischen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität und das Dominanzverhältnis von Regisseur und Schauspielerin beginnt zu kippen.
Die Enge des Raums, die Kürze der Zeit
Venus im Pelz ist nicht die erste Theaterstück-Adaption Polanskis. Auch seinen vorherigen Film, Der Gott des Gemetzels, arbeitete er mit der Autorin, Yasmina Reza, in eine Filmversion um. In beiden Filmen beschränkt Polanski die Handlung in Zeit und Raum auf wenige Stunden und einen Handlungsort. Ähnlich ging er schon bei Der Tod und das Mädchen (mit Sigourney Weaver und Ben Kingsley) von 1994 vor, dem ebenfalls ein Theaterstück zu Grunde lag und das Polanski mit Autor Ariel Dorfman umsetzte. Polanski, der selbst vom Theater kommt und auch während seiner Filmkarierre immer wieder für das Theater inszeniert hat, filmt dabei nicht etwa nur das Bühnenschauspiel ab, sondern erzählt die Geschichte mit filmischen Mitteln.
Dazu macht sich Polanski die Beschränkung des theatralen Raums auf der Bühne als Ort des Geschehens zunutze. Im Film nimmt sich diese Reduktion des Handlungsorts dann als eine klaustrophobische Grundsituation aus, die das Gefühl einer ständigen Anspannung, einer unüberwindbaren Bedrohung auslöst. Schon in seinem ersten Langspielfilm von 1962, Das Messer im Wasser, kommt diese Enge zum Einsatz. Ein Ehepaar unternimmt einen Bootsausflug, auf dem Weg zum Hafen trifft es auf einen jungen Streuner. Sie nehmen ihn mit, doch schnell kommt es zu Spannungen zwischen dem Ehemann und dem Fremden, als dieser sich um die Gunst der Frau bemüht. Polanski treibt in seinem Frühwerk das Motiv des beschränkten Raumes auf die Spitze, wenn das Boot als ein haltloser Ort im Wasser der Schauplatz konfliktärer Gesellschaftsmodelle wird. Der besitzlose Herumtreiber stellt das Lebensmodell des auf ihren Materialismus fixierten Ehepaars auf eine Zerreissprobe. Auch zeitlich ist der Film durchkompiniert, umfasst die Handlung doch exakt 24 Stunden.
Ein weiteres Motiv erweitert Polanskis Raumgestaltung: das Über-die-Schwelle-Treten. Dieses kommt nicht vom Theater, sondern aus der Malerei. Es öffnet den dargestellten Raum – in der Malerei durch die Leinwand begrenzt – und spielt so mit der bildlichen Gestaltung selbst (beispielhaft ist hierfür Diego Velázquez’ Gemälde Die Hoffräulein ). Im Film bedeutet eine offene Tür, dessen Rahmen die Protagonisten vielleicht sogar durchschreiten, eine Möglichkeit, den Verlauf des aktuellen Geschehens zu verändern. Einen Großteil seiner Dynamik zieht beispielsweise Der Gott des Gemetzels, in dem es um einen zunächst banalen Konflikt zweier Ehepaare geht, aus dem ständigen Verlassenwollen des Handlungsortes (eine New Yorker Mietwohnung). Das zur Lösung des Problems – es geht um eine Keilereri der jeweiligen Söhne – eingeladene Paar will immer wieder das Apartement verlassen und kommt, schon im Flur stehend, doch zurück, da sich immer mehr Reibungen zwischen den Paaren auftun bis die Situation schließlich eskaliert.