Ein erfolgreicher Action-Held kann meist auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken: Er hat tödliche Autorennen gewonnen, Schmuggler dingfest gemacht, Terroristen aufgehalten, die Erde vor interstellaren Katstrophen beschützt und auf seinem Weg so viele Schurken ins Jenseits befördert, wie Belgien Einwohner hat. Wenn die Erde das zehnte Mal gerettet wurde und selbst der letzte Attentäter zum Floristen umgeschult hat, fragen sich die Könige des Genres “Wohin kann ich noch gehen? Mit welcher nervenzerreibenden Hölle, welcher unmenschlichen Belastung, welcher schmerzkreischenden Qual und welcher blutigen Gefahr kann ich meine Karriere auf das nächste Level bringen und alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen?” In dem Moment, in dem sie Antwort erkennen, gefriert ihnen das Blut in den Adern: Kinder!
So, oder zumindest so ähnlich muss die Entscheidung ablaufen. Schließlich scheint es ein seltsames Gesetz des Action-Darstellers zu sein, auf dem Höhepunkt seiner Karriere an der Seite minderjähriger Quälgeister in Action-Blockbustern für die ganze Familie mitzuspielen. Anlässlich des Kinostarts von Zahnfee auf Bewährung mit Dwayne Johnson wollen wir diese Grenzregion des Zumutbaren genauer untersuchen.
Das Schema dieser Familienfilme ist dabei denkbar einfach: Die Muskel-Machos, die auf Kinder losgelassen werden, dürfen zwar schlecht gelaunt gucken und auch mal ein paar Ohrfeigen gegen Bösewichter verteilen, aber niemals töten! Und wenn, dann absolut unblutig. Nichts darf die Bestie hinter den liebenswerten Giganten sichtbar machen. Denn sie sollen vor allem eines sein: niedlich. So wie Eisbären auf den Fotos: Die Zuschauer denken nicht daran, dass sie in der Realität ihre Jungen fressen, sobald sie lästig werden.
Arnold Schwarzenegger war in den 90ern unser Kindergarten Cop und wurde von der halbwüchsigen Zombie-Meute so fertig gemacht, dass er ein Trauma davon trug. Er konnte fortan nur noch in von Kindern verursachten Kampfzuständen leben und wurde in Last Action Hero und Versprochen ist versprochen psychisch derart ausgebrannt, dass er nach mehreren Selbstmordversuchen im Nichtschwimmer-Becken nur noch als republikanischer Gouverneur zu gebrauchen war.
Ähnlich erging es Vin Diesel, der, nachdem er xXx – Triple X, Pitch Black – Planet der Finsternis und The Fast and the Furious überlebte, leichtfertig einen neuen Job als Der Babynator annahm. Angesichts stinkender Windeln und pubertierender Gören wurden die Ninja-Nachbarn und Superschurken des Filmes eine sehnlichst willkommene Abwechslung.
Mit einem blauen Auge kam Sylvester Stallone davon: Er musste seinem bockigen Yuppie-Bengel in Over the Top nur beibringen, wie man die Trucker-Schirmmütze nach hinten dreht, und schon wurde auch aus seinem Sohn ein knallharter Armdrücker und LKW-Fahrer. Das war knapp.
Derzeit versucht sich Dwayne Johnson alias The Rock als Zahnfee auf Bewährung und wirft sich dafür sogar in Elfenkleidchen. Gegen so viel öffentliche Demütigung wirken die Foltermethoden der Taliban wie ein Erholungsbad im Kerzenschein. Allerdings ist er schon einiges gewohnt: Als Daddy ohne Plan hatte er es schon einmal mit einer psychopathischen Terror-Zwergin zu tun. Zum Glück hat Dwayne Johnson etwas, das viele seiner Kollegen nicht haben: Seit jeher spielt er seine Rollen mit einer gewissen Selbstironie und genau das könnte sein Geheimrezept sein.
Denn einige wenige Schauspieler sind hart genug, um aus der Begegnung mit Kindern ohne bleibenden Schaden herauszukommen. Ihnen hilft eine besondere psychische Veranlagung, die sich entweder durch Humor und/oder absoluten Trashfaktor schon früh bemerkbar macht. Schauspieler wie Hulk Hogan (Mr. Babysitter, Santa Claus mit Muckis), Bud Spencer (Der Große mit seinem außerirdischen Kleinen) und Jackie Chan (Spy Daddy) kennen die Gefahr durch Kinder und können mit ihr umgehen, ohne sich komplett lächerlich zu machen. Zugegeben, zumindest bei Hulk Hogan liegt dies daran, dass er auch ohne Kinder am Punkt unerträglichen Fremdschämens heimisch ist. Wer am Boden liegt, kann nicht mehr fallen, sagen die Optimisten.
Sorgen um seine Karriere muss sich der knallharte Action-Knochen nach seinem Ausflug ins Familien-Genre allerdings nicht machen. Auch wenn wir die einstigen Actionhelden nach ihrem Ausflug ins Kinder-Genre unmöglich noch ernstnehmen können, ihrer Karriere hat das seltsamerweise nie geschadet. Im Gegenteil: Schauspielern wie Kurt Russell, Dolph Lundgren, Chuck Norris und Michael Dudikoff blieb der endgültige Durchbruch immer verwehrt, da sie sich nie in diese Gefahrenzone begaben und in ihrem stupiden Action-Image gefangen blieben. Doch nur als Baby-Bändiger bekommst du in Hollywood den Ruf der Umsatz-Maschine.
Wählt euer Lieblingskino und gewinnt zwei Kinofreikarten! Moviepilot sucht die beliebtesten Kinos im Lande – die Top 200 findet ihr hier.