Steven Soderberghs Contagion versetzt Publikum in Panik

05.09.2011 - 09:52 Uhr
Auch Matt Damon muss sich in Contagion vor tödlichen Keimen schützen
Warner Bros.
Auch Matt Damon muss sich in Contagion vor tödlichen Keimen schützen
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Jetzt ist das Film Festival Venedig so richtig warm gelaufen und präsentierte gestern mit Contagion von Steven Soderbergh Actionkino mit Blockbuster-Potential.

Der spanischen Grippe fielen in 1918 nicht weniger als 50 Millionen Menschen zum Opfer. Wie gefährlich der Mensch, seine wilden Ideen und sein nicht zu bremsendes Ego manchmal sein mögen, am gefährlichsten ist immer noch die Natur.

Und so hat Steven Soderbergh seinen neuen Film Contagion eben diesem Phänomen gewidmet und zeigt, wie die Welt durch eine sich rasant verbreitende Virusepidemie in Angst und Schrecken versetzt wird. Seine Stars Kate Winslet, Marion Cotillard, Gwyneth Paltrow, Matt Damon, Jude Law und Laurence Fishburne überstehen das nicht alle unbeschadet. Der Regisseur macht an diesem Punkt aber noch nicht halt, sondern problematisiert darüber hinaus die Regeln der Verteilung des Gegenmittels: Wer bekommt den Placebo, wer ist es wert zu überleben? Anke Westphal (Berliner Zeitung) sagt dazu: “Contagion ist jedoch insofern interessant, als der Film Fragen des Zugangs aufwirft. Das sind die Fragen des Jahrtausends. Zugang zu humanen und ökonomischen Ressourcen (…).“ Auch Rüdiger Suchsland (”Negativ":http://www.negativ-film.de/2011/09/symphonie-der-seuche.html) beschreibt den Film als „Globalisierungskino par excellence“.

Den Zuschauern in Venedig hat die Schreckensvision gefallen, insofern wir hier von „gefallen“ überhaupt reden können. Alle Kritiker zeigten sich durch dem Film in ihrer eigenen Körperhygiene verunsichert. „Noch Stunden nach dem Film vermeidet man Türklinken, Fahrkartenautomaten oder öffentlichen Touchscreens und schreckt zusammen, wenn im Bus einer niest“, schreibt zum Beispiel Christiane Peitz für den Tagesspiegel. Dennoch handelt es sich bei Contagion wohl nicht um den klassischen Katastrophenfilm. Peter Zander (Die Welt) spricht von „dokumentarisch wirkenden Aufnahmen“ und fügt hinzu: „Und diese neuen, ungewohnten Bilder verunsichern weit mehr.“ Christiane Peitz vermutet, Contagion untersuche den Zusammenhalt der Amerikaner unter sich: „Wie funktioniert Gemeinschaft mit so viel Misstrauen? 9/11, Katrina, der Hurrikan Irene, demnächst vielleicht Sars: Das katastrophengeplagte Amerika versichert sich in Contagion der Bedingungen von Gesellschaft.“

Es sind aber nicht alle gleichermaßen überzeugt von Steven Soderbergh. Während Peter Zander der Meinung ist, der Regisseur hätte mit Contagion kurz vor seinem angekündigten Abtritt, noch mal mit einem Paukenschlag aufgewartet, weint Susanne Ostwald (NZZ) ihm keine Träne nach. Geoffrey Macnab (The Independent) führt seine Enttäuschung über den Film unter anderem auf die dünne Charakterzeichnung zurück. Außerdem könne sich Steven Soderbergh nicht entscheiden, ob er eine vorsichtige, soziopolitische Geschichte über die Tücken der Globalisierung erzählen, oder einfach einen Katastrophenfilm machen wolle. Der amerikanische Kritiker schlussfolgert aber, auch wenn er von einem Regisseur wie Steven Soderbergh etwas mehr Tiefgang und Subtext erwartet hätte, gehe Contagion als guter Actionfilm durch. Das deckt sich mit den ambivalenten Urteilen der deutschen Kollegen. „Annehmbar, aber nicht weltbewegend“ fasst Anke Westphal zusammen und Rüdiger Suchsland spricht zwar von handwerklicher Perfektion des Regisseurs, betont aber, dass Contagion nichts zeige, was wir nicht schon gesehen hätten.

Unterm Strich scheint Steven Soderbergh mit Contagion einen spannenden und verunsichernden Film geschaffen zu haben (denn ob ihnen der Streifen gefiel oder nicht, die Hände wollten sich die Kritiker nach dem Screening alle sofort waschen). Ob der Film in euren Augen ausreichend Tiefgang hat oder einfach nur gutes Unterhaltungskino darstellt, könnt ihr ab dem 20. Oktober herausfinden. Dann kommt der Film bei uns in die Kinos.

Was meint ihr: Wie viel soziopolitischen Tiefgang muss ein Katastrophenfilm denn überhaupt haben?

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