Ich kann mich daran erinnern, wie ich das erste mal im Kino Inception gesehen habe. Die meisten der Schauspieler waren mir zu diesem Zeitpunkt bereits ein Begriff, wobei ich vor allem hoffte Leonardo DiCaprio in einer außergewöhnlichen Rolle brillieren zu sehen und dann tauchte im ersten drittel dieses Films auf einmal dieser attraktive, anziehend sympathische Kerl auf.
Einen Moment machte sich Verwirrung in meinem Kopf breit: „wer ist das?“. Ich schaute zwar schon damals viele Filme, aber in diesem Moment hatte ich das Gefühl einer persönlichen Neuentdeckung.
Von diesem Mann wollte Ich mehr sehen.
Im Verlauf des Films entwickelte er sich zu meiner Lieblingsfigur und nach dem Film sehr schnell zu einem meiner Lieblingsschauspieler. Immer wieder faszinieren mich seine Rollen und besonders die stärke und Authentizität mit denen er sie spielt, das ist selten geworden ist in unserer schnelllebigen Kinowelt, in der sich die großen der Brange, allen voran Leonardo di Caprio, in immer neue, noch größere, noch anspruchsvollere Rollen stürzen, bis zur maximalen Belastung und Erschöpfung (The Revenant - Der Rückkehrer), um wahre Authentizität zu schaffen und dabei nicht selten zu bemüht, zu angestrengt wirken.
Tom Hardy aber ist anders, mit scheinbarer Leichtigkeit schafft er es immer wieder absolut authentische Rollen zu verkörpern. Er versucht nicht die Figur zu werden, er ist die Figur und die Figur, so scheint einem, ist auch immer ein Stück Tom Hardy. Das mag etwas abstrus klingen, führt aber zu dieser außergewöhnlichen Authentizität und Bodenständigkeit, die seine Figuren ausfüllt und vollständig wirken lässt. Mit seinen Rollen kann man sich identifizieren, er wirkt immer wie ein Mensch aus der Mitte der Gesellschaft, was nicht zuletzt an seiner eigenen, bewegenden Lebensgeschichte liegt, die ihn nahbar und menschlicher macht, als viele seiner Kollegen. Anders als bei so vielen Großen der Filmwelt, blitzt hinter seinen Rollen nie dieser strahlende, ungreifbare, undefinierbare und abgehobene Hollywood-Superstar auf, der allzu oft den klaren Blick auf den Charakter der Figuren verstellt.
Das mag ihn in manchen Filmen unscheinbar wirken lassen und gerade deshalb scheint er bei Hollywoods Regisseuren und Produzenten so beliebt in der Rolle des Antagonisten zu sein, neben den großen Helden und Stars, dieser Filme, deren Gesichter die Plakate zieren, braucht man ein starkes Gegengewicht wie Tom Hardy, mit fesselndem und kraftvollem Ausdruck, das aber auch in der Lage ist die Bühne teilen zu können und den Helden der Geschichten ihren Entfaltungsraum zu geben (The Revenant, The Dark Knight Rises).
Zwar brilliert Tom Hardy in diesen Rollen, aber eben so gut auch in Hauptrollen und Heldenverkörperungen, wie Mad Max: Fury Road und umso schöner ist es ihn in diesen außergewöhnlichen Rollen wie zuletzt auch in Legend zu sehen.
Schon oft hat sich Hollywood an der Verkörperung zweier Figuren durch einen Schauspieler versucht. Im Hinterkopf bleiben einem aber vor allem kläglich gescheiterte Versuche aus den untersten Schubladen der Komödien (Jack und Jill).
Doch Hardy schafft es diese Doppelrolle nicht nur nicht ins lächerliche abzurutschen lassen, bei der man sich immer wieder vorstellt, wie der Protagonist mit sich selbst oder besser niemandem redet, nein, er spielt beide Figuren so einzigartig und verschroben aber lässt sie doch so real wirken , das Mann ihre Geschwisterbeziehung auf der Leinwand förmlich greifen kann. Hardy gelingt es sich zu spalten und dann Nähe zu sich selbst aufzubauen. Bereits nach wenigen Minuten ist man bereit zu glauben, Tom Hardy besäße einen bisslang im Verborgenen lebenden Zwilling. Zwar ist der der Film kein Regie- und Drehbuch-Meisterwerk, doch allein wie Hardy es meistert die Charaktere dieser beiden Geschwister auszufüllen, macht Legend sehenswert und man wünscht sich fast eine serielle Ausführung dieser Geschichte, damit er über den begrenzten Rahmen der Story hinaus die Möglichkeit bekommt diese Figuren weiter zu entwickeln und mit sich selbst zu reden.
Desto mehr freue ich mich jetzt auf seine erste Serienhauptrolle in Taboo und auf den Genuss einer vielschichtigen Charakterentwicklung von Hardy, sowohl als Schauspieler als auch Autor. Bislang hat er ein außergewöhnliches Talent in der Rollenauswahl bewiesen, das einen von Mal zu Mal noch überraschter und noch begeisterter als die Male davor zurück lässt.
Dabei trägt mich immer noch der selbe Wunsch, wie beim ersten Mal, als ich Inception geguckt habe: Von diesem Mann will ich mehr sehen!