Trotz Zendaya ist Euphoria Staffel 2 vor allem eins – enttäuschend

11.03.2022 - 11:00 UhrVor 2 Jahren aktualisiert
Zendaya als Rue in EuphoriaHBO
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Lange galt Euphoria als Geheimtipp, mit Staffel 2 wurde die Teenager-Drogengeschichte um Zendaya zur aktuell größten HBO-Serie. Die neuen Folgen haben allerdings 4 große Probleme.

Als ich Euphoria das erste Mal gesehen habe, war ich schockiert. Schockiert davon, wie es eine Serie über Drogensucht, Parties und dramatische Liebesgeschichten unter Teenagern schafft, ein realistisches Bild von Angststörungen, Sucht und missbräuchlichen Beziehungen zu zeichnen und dabei noch auszusehen wie ein Musikvideo von Martin Scorsese.

Staffel 1 der Serie um Emmy-Gewinnerin Zendaya war eine audiovisuelle und erzählerische Offenbarung. Staffel 2, die vor ein paar Tagen zu Ende ging, ist es ... nicht. Mittlerweile ist Euphoria zwar ein kulturelles Phänomen geworden, die größte HBO-Serie nach Game of Thrones. Trotzdem lassen die neuesten 8 Folgen selbst eingefleischte Fans enttäuscht zurück. Und das aus gutem Grund.

Es folgen Spoiler für Staffel 2 von Euphoria.

1. Euphoria fehlt in Staffel 2 Fokus und Struktur

Alexa Demie als Maddy gehört zu den interessantesten Figuren in Euphoria Staffel 2

Die Erzählung in Staffel 1 von Euphoria war relativ klar: Im Kern geht es um Rue (Zendaya) und ihren Kampf mit Trauma, Drogensucht und psychischen Problemen. Staffel 2 hingegen fühlt sich an, als würde man orientierungslos in einem dunklen Raum sitzen. Und der erzählerische Scheinwerfer wird willkürlich von einer Geschichte zur nächsten geschwenkt. Manchmal hält er zu lange drauf, manchmal nur für wenige Augenblicke. In jedem Fall ist die Erfahrung verwirrend.

Ein erzählerisches Gimmick wie Lexis (Maude Apatow) Theaterstück, ist als visuelles und narratives Element spannend, nimmt aber gleich mehrere Folgen ein, ohne etwas Neues zu erzählen. Die angedeutete Dreiecksbeziehung zwischen Rue, ihrer Freundin Jules und dem neuen Schüler Elliot wird kurz thematisiert und anschließend nicht wieder aufgegriffen. Dafür darf Elliots Schauspieler Dominic Fike in der letzten Folge, in der noch so viele Fragen offen sind, einen kompletten Song auf der Gitarre vorspielen, ohne dass irgendetwas anderes in der Szene passiert. Warum?

2. Euphoria lässt die besten Charaktere aus Staffel 1 links liegen

Barbie Ferreira als Kat Hernandez in Euphoria

In Staffel 1 gehörte Kat Hernandez (Barbie Ferreira) als mehrgewichtige Frau, die lernt, für sich und ihre Sexualität einzustehen, zu den spannendsten Charakteren. In Staffel 2 hingegen bekommt Kat genau eine gute Szene – bevor sie zur unsympathischen Randfigur degradiert wird, die ihren vermeintlich langweiligen Freund Ethan manipuliert und belügt. Das ist keine Enttäuschung, das ist ein Attentat auf eine der besten Plus-Size-Serienfiguren seit ... immer.

Ein angeblicher Streit zwischen Ferreira und Showrunner Sam Levinson soll dazu geführt haben, dass Kat in Staffel 2 kaum noch präsent ist. Das erklärt allerdings nicht, warum eine andere Figur, die für Euphoria noch wichtiger ist, so sträflich vernachlässigt wird.

Rue und Jules (Hunter Schafer) kommen nach ihrem dramatischen Zerwürfnis im Staffel 1-Finale direkt in der ersten Folge wieder zusammen. Für das große Ganze scheint die Beziehung der beiden aber kaum noch eine Rolle zu spielen. Insgesamt scheint Jules nur zu existieren, um auf Rues drogenbedingte Ausraster zu reagieren. Eine eigene Agenda, eine echte Storyline außerhalb ihrer toxischen Liebesgeschichte hat sie nicht.

3. Euphoria beantwortet die wichtigste Frage der ganzen zweiten Staffel nicht

Weil ihr Kumpel Fez (Angus Cloud) ihr keine Drogen mehr gibt, muss Rue kreativ werden

In Staffel 2 erlebt Rue nicht nur einen dramatischen Rückfall in altes Suchtverhalten, sondern geht auch einen gefährlichen Deal mit der Drogenbaronin Laurie (Martha Kelly) ein: Rue bekommt einen Koffer voller Drogen und verspricht, den Stoff an ihre Mitschüler:innen zu verkaufen. Stattdessen schluckt sie die Pillen aber lieber selbst und taucht schließlich – von Entzugserscheinungen gebeutelt – mit leeren Händen bei Laurie auf.

Die deutet mit gefährlich ruhiger Stimme an, bereits andere junge Frauen in einer ähnlichen Situation in die Zwangsprostitution getrieben zu haben. Als Rue am nächsten Morgen in der verschlossenen Wohnung der Drogenbossin erwacht, schafft sie es gerade so, zu fliehen. Muss sich Zendayas Charakter auf dem Weg zu einem drogenfreien Leben jetzt also auch noch gegen Menschenhändler:innen behaupten? Anscheinend nicht. In den kommenden Folgen wird diese Storyline nicht wieder aufgegriffen. Staffel 2 von Euphoria endet lediglich mit dem Hinweis, dass Rue keine Drogen mehr nimmt. Häh?

4. Zu. Viel. Nate.

Algee Smith (links) und Jacob Elordi in Euphoria

Das Beste an Euphoria waren schon immer seine vielschichtigen Frauenfiguren. Umso unverständlicher scheint, wie viel Zeit die Serie darauf verwendet, Nate (Jacob Elordi) immer und immer wieder in den Mittelpunkt zu hieven.

In Staffel 1 würgt und betrügt Nate seine Freundin Maddy (Alexa Demie) und bedroht Jules, in die er heimlich verliebt ist. In Staffel 2 hält Nate seiner Ex-Freundin Maddy eine Waffe an den Kopf und bedroht und manipuliert deren beste Freundin Cassie (Sydney Sweeney), mit der er heimlich Sex hat. Wir brauchen keine weiteren Beweise dafür, dass Nate ein uninteressantes Arschloch mit Vaterkomplex ist. Wir haben es schon nach den ersten 10 Folgen verstanden.

Selbst als Nate seinen gewalttätigen Vater von der Polizei abholen lässt, also etwas Gutes tut, fühlt man ... nichts. Schließlich hat Euphoria über Staffel 2 hinweg verdammt hart daran gearbeitet, ebenjenen Vater (Eric Dane) sympathisch erscheinen zu lassen.

Euphoria im Podcast: Die radikalste Serie 2019 schockiert mit Drogen, Sex und Gewalt

Die Jugendserie Euphoria mit Marvel-Star Zendaya schlug in den USA hohe Wellen. In Deutschland gibt es die Skandalserie auf Sky zu sehen und wir haben uns sofort in den schockierenden Bilderrausch verliebt

Wir gehen in dieser Folge der Frage nach, ob die Serie mit ihrer schockierenden Darstellung von Gewalt, Sex und Drogenmissbrauch überhaupt für Jugendliche geeignet ist. Und was den HBO-Hit so verdammt gut macht.

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Wie fandet ihr die zweite Staffel von Euphoria?

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