Vergesst Oppenheimer: Den aufwendigsten Moment im Oscar-Blockbuster gab es vor 7 Jahren schon viel besser in einer Serie

22.03.2024 - 12:57 UhrVor 1 Monat aktualisiert
Oppenheimer
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Christopher Nolans Oscar-Abräuberfilm Oppenheimer warb unter anderem mit seiner spektakulären Atomtest-Explosion. Ausgerechnet eine Serie brachte diesen Moment aber vor Jahren schon eindrucksvoller.

Was wurde im Vorfeld für ein Wind gemacht um die Trinity-Atomtest-Explosion im Film Oppenheimer von Christopher Nolan. Und dann sitzt man im Kino und denkt sich zum einen: Das sieht eher nach jeder Menge TNT oder sonstigem Explosiv-Material aus (was es auch ist). Und zum anderen: Das habe ich doch vor Jahren schon so viel besser irgendwo gesehen.

Nolan wollte eben unbedingt praktische Effekte ohne Computer-Beistand für seine Atombomben-Explosion verwenden. Das ist zwar sehr löblich, bringt einen aber nur bis an einen gewissen Punkt. Sein auch nicht gerade für CGI-Gewitter bekannter Kollege David Lynch verfolgte da einen anderen Ansatz, der meiner Meinung nach das sehr viel kunstvollere Ergebnis hervorbrachte... auch wenn es dafür keine sieben Oscars gab.

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Von der Oppenheimer-Wirkungsstätte Las Alamos nach Twin Peaks

Es ist der 25. Juni 2017: Fans der Kultserie Twin Peaks sitzen vor den TV-Geräten, um den achten Teil des langerwarteten Revivals Twin Peaks: The Return zu sehen. Die über 25 Jahre später weitermachende Neuauflage war bis dahin, wie man es von Lynch gewohnt ist, herausfordernd und eigentümlich. Nichts konnte uns jedoch auf die avantgardistischen Auswüchse der Episode Got a Light? vorbereiten, die bis heute ihresgleichen sucht.

Nach einigen Machenschaften der bösen Doppelgänger-Version von Agent Cooper (Kyle MacLachlan) und einem Auftritt der Band Nine Inch Nails, springt die Episode ins Jahr 1945 zum Trinity-Atomtest in New Mexico. Boom! Eine Explosion in der Ferne. Das Bild ist schwarz-weiß, die Musik voller nervenaufreibender Streicher, als wären wir in den transzendentalen Minuten von 2001: Odyssee im Weltraum. Die Kamera kommt dem wachsenden Atompilz immer näher und dringt schließlich in ihn ein.

Partikel und Elementarteilchen tanzen über den Bildschirm, neue Universen scheinen geboren zu werden und plötzlich kommt Farbe ins Feuerspiel. Viel davon ist sehr gutes CGI, manche psychedelische Einstellung macht aber eher den Anschein, als hätte Lynch seine Lava-Lampe und seinen Mixer auf Hochtouren gefilmt und das Ergebnis verfremdet. Genial.

Aber warum kommt Oppenheimers Atomtest in Twin Peaks vor?

Ganz so einfach zu erklären ist das, wie bei so vielen Twin Peaks-Angelegenheiten, nicht. Die überwältigende Sequenz endet auch nicht mit dem gewaltigen Feuer-Farbenspiel. Es geht weiter, indem wir die übernatürliche Mutterfigur The Experiment sehen, wie sie eine Reihe von fauligen Eiern erbricht. Unter ihnen befindet sich eine Kugel mit dem unheimlichen Antlitz von Killer BOB (Frank Silva) – der böse Geist, von dem der Mörder von Laura Palmer (Sheryl Lee) in der Originalserie besessen war.

Der Tabubruch der ersten Nuklear-Explosion hat sozusagen das Böse in die Welt geboren. Damit macht Lynch eher beiläufig eine ganz andere Kanne Würmer als Nolan auf. Die interessantere Kanne, wenn ihr mich fragt. Was bedeutet der Einstieg ins Atomzeitalter für die Seele der Welt? Was kostet die Menschheit das Spiel mit dem neuartigen Feuer? Und welche metaphorischen Kräfte lassen wir damit in unsere Welt?

Nolans naturalistischer Detonation wird lediglich die direkt damit in Verbindung stehende Gefühlswelt eines einzigen Mannes gegenübergestellt. Was vollkommen okay ist im Rahmen eines Biopics. Nur will er in der letzten Szene in Oppenheimer eben doch noch an die Implikation für die Welt erinnern und schafft auch das nur mit sehr buchstäblichen Bildern: Eine Feuerwalze rollt über die Erde… und sie lässt mich kalt.

Wo kann ich Oppenheimer und Twin Peaks streamen?

Wer die realistische Version von Christopher Nolan und die künstlerische Interpretation von David Lynch noch mal ganz genau vergleichen möchte, kann das jederzeit per VoD-Abruf von Oppenheimer oder Twin Peaks tun. Den Oscar-prämierten Historienfilm findet ihr als Leih- und Kauftitel bei Anbietern wie Amazon, Sky, Apple TV oder Google Play. Die wegweisende Mysteryserie hingegen liegt mit Original- und Revival-Staffeln bei Paramount+ vor.

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