Vom Knutschen im Keller und echten Problemen

03.01.2012 - 08:50 Uhr
Mein Herz für Serie: Willkommen im Leben
ABC
Mein Herz für Serie: Willkommen im Leben
16
8
Eine der ersten klassischen Teenager-Serien – und in meinen Augen bis heute die beste – ist Willkommen im Leben. Deshalb geht mein Herz für Serie heute an diese realistische Darstellung pubertärer Welten mit Claire Danes und Jared Leto.

Die Pubertät ist keine schöne Zeit, auch wenn auf Hochglanz polierte Serien wie Beverly Hills, 90210 uns das in den 90er Jahren weismachen wollten. In der Pubertät können wir weder uns selbst, noch unser Leben noch irgendjemanden oder irgendetwas wirklich leiden. Ständig fühlen wir uns fehl am Platz – in der Schule wie zu Hause wie zuweilen auch in unserem eigenen Körper. Und während wir uns so beständig von uns selbst entfremden, sind wir auch noch den ersten romantischen Gefühlen, den ersten körperlichen Sehnsüchten ausgeliefert, deren Verfolgung sich auf Grund unseres Zustandes als immens kompliziert und oftmals peinlich gestaltet. Keine Serie hat diese komplexe Gefühlslage für mich so gut widergespiegelt wie Willkommen im Leben mit Claire Danes und Jared Leto in den Hauptrollen.

Pubertätsromantik im Heizungskeller
Angela heißt die rothaarige Hauptfigur, die Claire Danes mit nur 15 Jahren, selbst also noch in der Pubertät, sehr glaubwürdig verkörperte. Sie versucht sich selbst zu finden, neu zu definieren, wozu nicht nur das Färben ihrer Haare gehört. Alte Freundschaften zerbrechen, neue entstehen und dann ist da dieser schnucklige Jordan Catalano (Jared Leto), der ihr den Kopf verdreht, doch unglücklicher Weise auf Grund seiner erhöhten Coolness vollkommen außerhalb ihrer Lebenswirklichkeit existiert.

All das sind Erfahrungen, die ich in den 90ern, ebenfalls mit 15 Jahren, sehr gut nachvollziehen konnte. Vielleicht lag es an der starken Identifikation mit der Hauptfigur von Willkommen im Leben, dass auch ich mir die Haare rot färbte. Zudem suchte ich verzweifelt nach einem Jordan Catalano im wahren Leben. So lange ich keinen fand, schmückte ich mein Zimmer mit Postern von Jared Leto und träumte mich in Angelas Position, wenn sie sich mit Jordan zum Knutschen im Heizungskeller der Schule trifft. Ja, Knutschen im Heizungskeller war für mich lange der Inbegriff von Romantik. Wie schön, dass die Pubertät endlich vorbei ist.

Probleme wollen überwunden werden
Abgesehen davon, dass Jared Leto zum Objekt erster erotischer Fantasien wurde, fand ich in Willkommen im Leben zahlreiche Probleme, die mich in meinem eigenen Leben ebenfalls beschäftigten. Da waren zum Beispiel die Konflikte zwischen Angela und ihrer Mutter (Bess Armstrong). Durch die Bekanntschaft mit ihrer wilden Freundin Ryanne (A.J. Langer) fängt Angela mehr und mehr an, die Erziehung ihrer eigenen Mutter in Frage zu stellen und gegen sie zu rebellieren. Willkommen im Leben machte wie keine zweite Serie deutlich, dass Teenager-Rebellion kein Volkssport, sondern ein schmerzhafter Prozess ist, der mit Schuldgefühlen und Verlustängsten auf beiden Seiten verbunden ist.

Und das ist für mich auch die große Leistung dieser Serie: Probleme werden nicht nur als etwas dargestellt, das zu Beginn einer Folge auftaucht und nach 45 Minuten verschwindet, ohne dass jemand zu Schaden kommt. Es gibt keinen Gott aus der Maschine, der Angela zeigt, wie sie neue Freundschaften knüpfen kann, ohne alte zu vernachlässigen. Ebenso wenig kann er Ryannes Alkoholprobleme mit einem einzigen Fingerschnipsen hinfort zaubern. Wie im wahren Leben müssen Probleme gelöst werden, damit es weitergehen kann. Konflikte, Tränen, Wut und Schmerz gehören eben dazu – das ist für mich die Message der Serie. Willkommen in deinem Leben, mit allem was dazu gehört!

Leider konnten sich zu wenige Menschen für dieses lebensnahe Format begeistern, was – kombiniert mit dem Ausstieg von Claire Danes – zur Absetzung nach nur einer einzigen Staffel führte. Zum Glück erlangte Willkommen im Leben im Nachhinein schnell eine Art Kultstatus und ist inzwischen auf DVD erhältlich. So kann ich mich noch heute in Momenten postpubertären Weltschmerzes mit Jordan Catalano zurück in den Heizungskeller träumen.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News