Vom Spaß, ständig auf die Schnauze zu kriegen

07.02.2014 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Matthew "Rickety Cricket" Mara
FX Productions
Matthew "Rickety Cricket" Mara
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Mein Mitgefühl, meinen Zuspruch und mein ganzes Herz für Serie gebührt heute einer Figur aus It’s Always Sunny in Philadelphia, die es nicht nur verdient, sondern auch bitter nötig hat. Das bedeutet aber nicht, dass ich aufhöre, über sie zu lachen.

Die US-amerikanische Fernsehlandschaft hat derzeit viel zu bieten. Besonders in Sachen lustige Sitcoms bietet der Markt eine facettenreiche Auswahl. Wer in humoristischen Belangen gerne abseits der mit Lachkonserven gepflasterten Wege geht und grenzüberschreitenden, geschmacklosen und politisch wunderbar inkorrekten Humor zu schätzen weiß, der sollte seinen Blick auf eine kleine Kneipe in Philadelphia richten, in der, trotz des Titels, nicht immer die Sonne scheint.

Einer für alle…
Im Zentrum der Serie It’s Always Sunny In Philadelphia stehen die fünf irischstämmigen Besitzer von Paddy’s Pub in South Philadelphia. Dabei handelt es sich um eine Gruppe unverbesserlicher Egomanen mit Hang zum Cholerischen, die, zusammengepfercht in der kleinen Bar, eine höchst explosive Mischung ergeben. Der Gang, bestehend aus den Zwillingen Dee und Dennis Reynolds, ihrem vermeintlichen Vater Frank Reynolds sowie den beiden Vollversagern Mac und Charlie, ist rein gar nichts heilig. Gegenseitiger Respekt und Nächstenliebe kommen im Wortschatz des unmoralischen Quintetts nicht vor. Bei dem ständigen Versuch sich zu profilieren, nehmen sie weder Rücksicht aufeinander noch scheuen sie sich, Außenstehende zu benutzen und an den Rande des Wahnsinns zu treiben. Das ist ethisch betrachtet oft äußerst fragwürdig und leider immer himmelschreiend komisch. Heute soll einer dieser externen Figuren die nötige Wertschätzung entgegengebracht werden.

Immer auf die Schwächeren
Es gibt einen, der wie kein anderer unter der Gang zu leiden hat und für den es ganz und gar nicht immer sonnig zugeht. Ich spreche von der kleinen, geschundenen Nebenrolle des Matthew Mara (David Hornsby), von der Crew liebevoll „Rickety Cricket“ genannt, der dieser Artikel gewidmet ist. Den Namen hat er einem Paar klapprigen Beinschienen zu verdanken, die zu tragen er während der Schulzeit verpflichtet war. Schon in jungen Jahren war Cricket ein beliebtes Opfer der geistreichen Scherze von Dee, Charlie, Mac und Dennis. So brüsten sich Mac und Dennis des Öfteren damit, ihr beliebtes Opfer mehrfach erfolgreich ge-teabagged zu haben. Wie dieser Bubenstreich in der Praxis aussieht, möchte ich hier nicht näher erläutern und überhaupt beschreibt das Highschool-Mobbing gegen Rickety Cricket nur den Anfang einer langen Leidensgeschichte, die wir schadenfroh begleiten dürfen.

Crickets Weg in die Gosse
Es hätte so gut laufen können für Cricket, wäre er nicht durch einen schicksalhaften Zwischenfall wieder in die Fänge der Gang geraten. Mittlerweile als ambitionierter Priester tätig, treibt es ihn eines Tages ins Hinterzimmer von Paddy’s Pub. Dessen Besitzer entdecken dort nämlich einen vielversprechenden Wasserfleck in Form der Jungfrau Maria und wittern das ganz große Geschäft. Doch damit aus dem ranzigen Pub ein heiliger Wallfahrtsort wird, muss jemand her, der das Ganze im wahrsten Sinne des Wortes absegnet. Als der besonnene Priester die Heiligkeit des Flecks anzweifelt, greift die Gang zu einem Druckmittel namens Deandra „Sweet Dee“ Reynolds. Cricket, der seit der Highschool unsterblich in Dee verliebt ist, lässt sich manipulieren, entsagt der Enthaltsamkeit des Priestertums und schmeißt alles hin. Natürlich bekommt er sie nicht und landet zu allem Überfluss auf der Straße. Von da an taucht er immer wieder auf, nur um als leichtes Opfer oder Sündenbock herzuhalten. Die regelmäßigen Abstürze sind zum beliebten Motiv der Serie geworden und Rickety Cricket zum Märtyrer der Schadenfreude.

Ein Sündenbock für alle Fälle
Zu meinen persönlichen Highlights zählt Crickets Auftritt in der Folge „The Gang wrestles for the troops“. Als Wrestler „Talibum“ in arabische Gewänder gehüllt, ist er nicht nur der Gegner der amerikanisch-patriotischen Gang, sondern verkörpert gleich das Feindbild und den Sündenbock einer ganzen Nation. Nach besagtem Wrestling-Match, das die Gang zu Ehren der US-Truppen veranstaltet, wird Rickety Cricket wie so oft am Boden liegen. Niedergestreckt von Frank Reynolds alias Danny DeVito mithilfe einer Mülltonne. Cricket hat wie immer nichts davon, außer einer klaffenden Wunde am Hals, die sich noch böse entzünden wird.

Danke, Rickety Cricket
Es ist immer wieder unterhaltsam, wenn Cricket auftaucht, um sich in seiner Lebensspirale weiter und weiter nach unten zu drehen. Über den armen Kerl kann ich zwar immer herzlich lachen und doch braucht er einfach ein kleines bisschen Mitleid. Er hat davon natürlich wenig, aber wenigstens ist mein Gewissen bereinigt und ich kann mich weiter an seinem Scheitern erfreuen. Ich möchte diesem hoffnungslosen Charakter Ehre erweisen und sagen: Rickety Cricket, danke, dass du immer wieder deinen Kopf hinhältst, dich wieder erhebst, nur um dann nochmal auf die Schnauze zu fallen! Woher du diese Motivation nimmst, würde ich wirklich gerne wissen. Wahrscheinlich ist das die Kunst, die die Amerikaner so gut beherrschen. Lächeln, als wäre nichts gewesen. Auch wenn es regnet, gilt eben: It’s Always Sunny In Philadelphia!

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