Sie ist der große Neuzugang in der Welt von Pandora: Oona Chaplin (ja, tatsächlich die Großenkelin von Kinolegende Charlie Chaplin) klinkt sich mit Avatar: Fire and Ash in den Konflikt zwischen Na'vi und Menschen ein und schenkt uns eine Figur, wie wir sie zuvor noch nie im Avatar-Universum gesehen haben. Macht euch bereit auf die Ankunft von Varang, ihres Zeichens Anführerin der Ash People.
Im Gegensatz zu den anderen Na'vi-Stämmen, die eine friedliebede Tugend verfolgen, tritt Varang mit roter Kriegsbemalung in Erscheinung. Ihr Stamm, der Mangkwan-Clan wurde von Pandora-Gottheit Eywa im Stich gelassen und einer furchtbaren Katastrophe ausgesetzt. Bis heute klaffen die Wunden, weshalb Varang gar nicht daran denkt, sich Jake Sully und Co. im Kampf gegen die Menschen anzuschließen.
Vielmehr locken Varang die vollautomatisierten Feuerwaffen, mit denen Bösewicht Quaritch seit dem ersten Teil durch Pandora stampft. Doch wie erweckt man eine solch hasserfüllte Figur zum Leben? Davon und mehr erzählt Oona Chaplin im Interview zum Kinostart von Avatar: Fire and Ash. Inspiriert wurde sie zu ihrer ungeheuerlichen Performance unter anderen von Idris Elba in dem Kriegsfilm Beasts of No Nation.
Moviepilot: Wie war dein erster Ausflug in die Welt von Pandora?
Oona Chaplin: Ehrlich gesagt kann ich es kaum erwarten, endlich wieder dorthin zurückzukehren. Die Avatar-Welt ist atemberaubend schön und sehr faszinierend durch die technologischen Innovationen dahinter. Im Kern handelt die Geschichte aber von menschlichen Herzen und der Natur. Also eigentlich sind es Na'vi-Herzen, aber die Filme funktionieren auch als Spiegel für uns. James Cameron ist jemand, der wirklich neugierig ist, wie wir als Menschen funktionieren und warum wir so sind, wie wir sind. In diesem Umfeld zu arbeiten, war eines der größten Geschenke meiner bisherigen Karriere.
Wie bist du mit dem Performance-Capture-Prozess zurechtgekommen?
Ich hatte es noch nie vorher gemacht, aber es ist tatsächlich ein sehr befreiender Prozess. Zum Glück muss ich mich nicht mit der Technologie beschäftigen. Wenn ich das müsste, wäre ich vermutlich deutlich weniger begeistert. Alles, worum wir uns als Schauspieler am Set kümmern müssen, ist, die Wahrheit des Moments zu finden – und James Cameron baut um uns herum ein Sicherheitsnetz auf, indem er uns in diesen Anzug steckt, der unglaublich intim ist und voller Vertrauen, sodass wir erkunden, spielen und Fehler machen können. Es geht darum, einfach neugierig zu sein, wer wir sind.
Am Set selbst gibt es nur wenige Requisiten und bei denen handelt es sich meist nur um Gerüste. Im Grunde wirkt das Volume wie eine leere Turnhalle. Fällt es dir da schwer, dir das blühende Pandora um dich herum vorzustellen?
Wenn man im Volume neben Zoe Saldaña oder Stephen Lang steht, muss man sich schon fokussieren. Aber da spricht eher die Aufregung und Nervosität aus mir. An sich sind der menschlichen Vorstellungskraft keine Grenzen gesetzt und ich glaube, das unterschätzen viele, wenn es um Performance Capture geht. Wir stellen uns ständig Dinge vor. Unsere Gedanken sind sehr mächtig. Wenn du jetzt zum Beispiel sagst: "Oh, ich könnte eine Tasse Tee trinken", dann siehst du dich in deiner Vorstellung schon, wie du diese Tasse Tee trinkst. Man muss nur aufmerksam bei der Sache sein.
Bei Avatar ist das besonders leicht. Eines der größten Geschenke dieses Projekts war für mich, einen Mann zu erleben, der seiner Vorstellungskraft gefolgt ist und eine ganze Welt, ein ganzes Universum erschaffen hat – und der Menschen komplett mitgenommen hat, weil er so absolut daran glaubt. James Camerons Gabe, sich das alles vorstellen zu können, ist so riesig, dass sie auch die eigene Vorstellungskraft inspiriert.
Wie fühlt es sich an, ausgerechnet die Figur zu spielen, die diese Welt brennen sehen will?
[Lacht] Es ist wirklich schwer. Ich habe viel Mitgefühl für Varang. Ich verstehe ihren Schmerz. All ihre Wut und ihren Zorn – ganz tief in ihr verborgen ist da ein kleines Mädchen, das sich von der großen Mutter im Stich gelassen fühlt, das verletzt wurde und verzweifelt war und getan hat, was sie tun musste, um zu überleben und ihr Leben irgendwie zu verstehen. Sie ist ein klassisches Beispiel für: Verletzte Menschen verletzen Menschen. Schafft sie es, aus diesem Kreislauf auszubrechen? Gibt es für sie Erlösung? Diese Reise mit ihr zu gehen, war definitiv intensiv.
Gab es für dich einen Moment, in dem die Figur für dich "klick" gemacht hat?
Beim Drehen war für mich die wichtigste Szene die, in der Quaritch zu ihr ins Zelt kommt und sie ihm ihre Geschichte erzählt. In dieser Szene wollte ich ihr Trauma, aber auch ihre Widerstandsfähigkeit zeigen. Ich habe selbst nie etwas so Verheerendes erlebt wie den Verlust der eigenen Welt, der eigenen Lebensweise. Aber ich kenne Menschen, die das haben – indigene Menschen im Amazonasgebiet, die mit ansehen mussten, wie ihre Welt durch äußere Kräfte zerstört wird. Dem wollte ich gerecht werden. Varang ist für mich nicht einfach nur eine durchgedrehte Anführerin.
Beim Schauen des Films gibt es diesen Moment, in dem sie zum ersten Mal die Waffe in der Hand hält. Simon [Franglen], der Komponist, hat für diese Szene einen Track komponiert, den er immer "Ich bin doch nur ein Mädchen, das vor einer Waffe steht und sie bittet, sie zu lieben" nannte – in Anlehnung an das Zitat von Julia Roberts aus Notting Hill. Das ist wirklich ungemütlich. Da habe ich nochmal ein anderes Gefühl dafür bekommen, was für eine komplexe Figur wir mit Varang geschaffen haben.
Ich hätte nie gedacht, dass wir im Kontext von Varang jemals über Julia Roberts in Notting Hill reden werden, aber ihre Beziehung zu der Waffe und auch zu Quaritch, der ihr diese überbringt, ist einer der spannendsten Aspekte des Films.
Es war alles andere als einfach, diese beiden Figuren zusammenzubringen. Ich habe viel mit James Cameron und [Quaritch-Darsteller] Stephen Lang darüber gesprochen. Wir wollten deutlich machen, dass die Figuren endlich jemanden gefunden haben, bei dem sie loslassen können und nicht immer die Last der Führung alleine tragen müssen. Ständig müssen sie stark sein, müssen sich beweisen. Jetzt haben sie jemanden, bei dem sie verletzlich sein können. Mit Stephen konnte ich das wunderbar spielen. Er ist so witzig, klug und charmant. Eben noch zitierte er Shakespeare, da macht er einen schmutzigen Witz. Ich war jeden Tag froh, mit ihm zusammenarbeiten zu können.
Hast du dir in der Filmgeschichte ein paar Vorbilder herausgesucht, als du dich in den Kopf von Varang gedacht hast?
Ich habe Neytiri sehr viel studiert, vor allem ihre Bewegungen. Für mich ist sie Pandora. Die ultimative Avatar-Figur. Jede Veränderung in ihrem Tun und Handeln war für mich hilfreich. Was passiert, wenn Neytiri ihr Herz verschließt. Wie kann ich das für Varang übersetzen? Außerdem habe ich mir Idris Elba in Beasts of No Nation angeschaut. Der Film hat mich tief berührt und seine Performance ist wirklich angsteinflößend. Er schafft eine eigene Mythologie und redet von einer größeren Sache, obwohl er alles mit seinen Worten verdreht. Vieles davon konnte ich sehr gut für Varang verwenden.
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Avatar: Fire and Ash läuft seit dem 17. Dezember 2025 im Kino.