Wie Squid Game als Fantasy-Blockbuster: Abgedrehter Actionfilm Omniscient Reader lässt es richtig krachen

06.09.2025 - 13:30 Uhr
Omniscient Reader: The Prophecy
Capelight Pictures
Omniscient Reader: The Prophecy
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Squid Game trifft Ready Player One im neuen Fantasy-Film Omniscient Reader: The Prophecy, der mit Monstern, Herr der Ringe-Verweisen und Heldenreisen aufwartet.

Im Rahmen des Fantasy Filmfest 2025 verwandelt Omniscient Reader: The Prophecy das Leben eines Büroarbeiters in ein apokalyptisches Spiel voller Ungeheuer und Missionen. Für diese Squid Game-Variation im Fantasy-Gewand braucht man allerdings neben der Liebe für große Heldengeschichten auch eine gewisse Toleranz für wilde Story-Schlenker.

In Omniscient Reader: The Prophecy rettet ein Fantasy-Leser die Welt

Nicht jede Geschichte findet gleich viel Anklang und so kommt es, dass Kim Dokja (Ahn Hyo-seop) schließlich der einzige treue Leser ist, der den kapitelweise veröffentlichten Web-Roman TWSA (Three Ways to Survive the Apocalypse) fertig liest. Und dann hat das Buch noch nicht einmal ein zufriedenstellendes Ende! Wütend schreibt er eine E-Mail an den Autor – der ihm sogar antwortet: Soll er es doch besser machen. Ehe Dokja weiß, wie ihm geschieht, wird die fiktionale Erzählung plötzlich Wirklichkeit: mit entgleisten Zügen, Seemonstern und Schwertduellen in U-Bahn-Tunneln. Und nur der einfache Büroarbeiter weiß, welche Wendungen im nächsten Kapitel warten.

Schaut hier den deutschen Trailer zu Omniscient Reader: The Prophecy

Omniscient Reader: The Prophecy - Trailer (Deutsch) HD
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In Romanen ist der "allwissende Erzähler" ein gängiges literarisches Mittel, bei dem der Autor (häufig mit Vorausdeutungen) als körperloses Wesen in die Geschichte eingreift. Omniscient Reader stellt dieses Konzept auf den Kopf und erschafft den titelgebenden "allwissenden Leser". So wird für Dokja der Traum eines jeden Fantasy-Fans wahr und er beeinflusst die Ereignisse seiner Lieblingslektüre als "Prophet" – schlicht, weil er die Buchvorlage der Apokalypse gelesen hat.

Als wäre das noch nicht meta genug, basiert der Film Omniscient Reader: The Prophecy zudem auf dem Web-Comic-Roman Omniscient Reader's Viewpoint * von singNsong, der in Korea ein gewaltiger Besteller-Erfolg wurde. Jetzt kommt der südkoreanische Sommerhit auch nach Deutschland, muss beim Schauen allerdings einige Level-Hürden bewältigen.

Omniscient Reader: Fantasy-Action trifft Computerspiel-Apokalpse

Die Nähe des Fantasy-Spektakels Omniscient Reader: The Prophecy zu Netflix' Serien-Hit Squid Game ist nicht zu übersehen. Nicht nur, weil beide aus Südkorea stammen. In dem ab 2018 veröffentlichten Web-Novel und ihrer Verfilmung wird die Menschheit Teil von Todesspielen, in denen nur weiterkommt, wer gefährliche Aufgaben meistert. Das erste "Szenario" besteht beispielsweise darin, innerhalb von 10 Minuten mindestens ein Lebewesen zu töten. Im dritten Level ist vor Monsterangriffen nur sicher, wer eine grüne Bodenkachel erobert.

Statt den Squid Game-VIPs wohnen unsichtbar bleibende Überwesen namens "Constellations" (Sternbilder) dem Weltuntergang als Zuschauer bei und schenken ihre Gunst als Sponsoren Hunger Games-mäßig den unterhaltsamsten Spieler:innen. Für die Überwachung der Regel schweben pummelige Kobolde namens Dokkaebi durch die Gegend. Wenn die Menschen sich mit gewonnenen Münzen besondere Fähigkeiten und Gadgets erkaufen, kippt der Film wiederum ins Territorium von Computerspielen und Filmen wie Ready Player One.

Mit so vielen Popkultur-Elementen und willkürlich herbeizitierten Regeln macht es Byung-woo Kim Uneingeweihten nicht leicht, in seinem Film den Überblick zu behalten. Spätestens, wenn Dojka mit seinem zerbrochenem Schwert wie Aragorn mit Narsil herangestürmt kommt und am Ende der Kampf gegen einen Balrog, Verzeihung: Feuerdrachen antritt, dürften Herr der Ringe-Fans die Augen rollen. Aber im Laufe seiner Erzählung entfaltet das abgedrehte Fantasy-Abenteuer eben doch mit krachender Action ohne Zurückhaltung einen schwer zu widerstehenden Sog.

Nur mal schnell die Welt retten ...

Gerade wenn Omniscient Reader: The Prophecy das übersteigerte Heldenbild von Auserwählten hinterfragt, macht der Film Spaß. Dokjas angehimmelte Romanhauptfigur Yu (Lee Min-ho) mag in seinem Ledermantel noch so cool vorm Sonnenuntergang posieren, seine egoistischen Alleingänge hohlen den Fan früher oder später auf den Boden der Tatsachen. Zumal Dokja da bereits ein eigenes Außenseiter-Team um sich geschart hat: ein traumatisierter Soldat, eine Scharfschützen-Schülerin, eine Fäden schießende Spider-Woman und ein hinreißend niedlicher Junge (Kwon Eun-sung aus Pachinko), der sich als persönliches Upgrade die Kommunikation mit Insekten ausgesucht hat.

Während der Überlebenskampf auf Brücken, in Monsterbäuchen und auf U-Bahn-Stationen tobt, zeigt sich, wer angesichts der Gefahr zum besseren und wer zum schlechteren Menschen wird. Da kann man schon mal über mittelmäßig animierte Monster hinwegsehen, die eher in ein Computerspiel als einen Fantasy-CGI-Blockbuster gehören.

In der Ausführung seiner Idee reicht Omniscient Reader nicht an die vergleichbar wilde Sci-Fi-Eskalation Escape from the 21st Century vom letzten Fantasy Filmfest heran. Anders als das düstere Squid Game-Finale hat Omniscient Reader aber zumindest eine überzeugend lebensbejahendere Botschaft im Gepäck. Selbst wenn der Einstieg in die hemmungslose Monster-Action also etwas überladen daherkommt: Auf die angeteaste Film-Fortsetzung freut man sich nach dem ersten Zwischensieg trotzdem.

Mehr vom Fantasy Filmfest 2025:

Wir haben Omniscient Reader: The Prophecy auf dem Fantasy Filmfest 2025 in Berlin gesehen. Im Rahmen des Festivals läuft der Film auch noch am 10. September in München, Nürnberg und Stuttgart sowie am 17. September in Frankfurt und Köln. Der deutsche Kinostart erfolgt am 11. September 2025.

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