DMAX in Pink - Mit Sexismus auf Hühnerfang

12.04.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
DMAX in Pink - Mit Sexismus auf Quotenfang
TLC/Sixx/moviepilot
DMAX in Pink - Mit Sexismus auf Quotenfang
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DMAX in pink, so ließe sich der neue Frauensender TLC nennen, der in dieser Woche bei uns startet. Ein Sender, gedacht für die wundervollsten Geschöpfe dieses Planeten, bietet er schlussendlich nur sexistisches Hühnerfutter. Ein Graus für Mann und Frau.

Alle guten Dinge sind drei. Selten lag diese Redewendung so falsch wie in diesem Fall. Nach den beiden Spartenkanälen Sixx und Sat.1 Gold startete in dieser Woche mit TLC der dritte Fernsehsender in Deutschland, der sich ganz dem schwachen Geschlecht widmet. Ohne Rücksicht auf Verluste oder moderne Geschlechterprofile, lediglich mit einer großen Portion Verachtung für die eigene Zielgruppe ausgestattet. Ein Aufreger der Woche über eine Form von Sexismus, die selbst Überraschungseier für Mädchen geradezu feministisch und unisexuell erscheinen lässt.

DMAX’ kleine Schwester
In 170 Ländern läuft TLC bereits, es war somit nur eine Frage der Zeit, bis es den Sender auch nach Deutschland verschlägt. Wie bei DMAX steckt auch beim Schwestersender Discovery Deutschland dahinter. Das Konzept ist auch bei dem weiblichen Äquivalent denkbar einfach. In reinsten Geschlechterstereotypen gedacht, will TLC mit Themen wie Backen, Heiraten, Beauty oder Shoppen die Zuschauerinnen von 20 bis 49 Jahren an sich binden. Die anvisierte Zielgruppe lässt sich dabei gemäß dem britischen Vorgänger, der 2013 an den Start ging, in drei Kategorien unterteilen:

• Busy Beautifuls: Die Karrierefrau, süchtig nach Fernsehen, auf ihr Aussehen fixiert und ständig in Zeitnot
• Multi-faceted Mums: Die Hausfrau aus allen Schichten, stolz auf ihr Heim, für die Familie stets an erster Stelle steht
• Fashion Fashionistas: Jugendliche und junge Erwachsene, ambitioniert, arbeiten Vollzeit oder studieren, wohnen noch zu Hause, sind sehr um ihr Aussehen bemüht, leben verschwenderisch und sind auf Stars und Sternchen fixiert

Auf die Frage, was denn TLC von den beiden etablierten Fernsehsendern Sixx und Sat.1 Gold unterscheide, antwortete die Senderchefin: “Die bereits bestehenden Sender sind auf Fiction, also Serien und Spielfilme spezialisiert. TLC ist anders. TLC ist 100 Prozent Real-Life Entertainment, in einer Form, die es so in Deutschland noch nicht zu sehen gab.” Übersetzt heißt das wohl so viel wie, TLC setzt zu 100% auf Reality-TV in einer Konzentration, die sich Deutschland in seinen schlimmsten Albträumen nicht vorstellen könnte. Ein Blick über den Teich auf den US-amerikanischen TLC-Kanal zeigt, auf was für Formate Frau sich freuen darf. My Big Fat American Gypsy Wedding (der Name ist Programm), Extreme Couponing ( der Name ist Programm…), 19 Kids and Counting (ihr könnt es euch denken) oder die berühmt berüchtigte Sarah Palin’s Alaska Show. Nicht zu vergessen Here Comes Honey Boo Boo, eine Sendung über ein kleines Mädchen, das Schönheitskönigin werden will, aber leider nicht den üblichen Schönheitsidealen entspricht. Also Little Miss Sunshine ohne den Cast, ohne den Zauber, ohne die in Puderzucker getauchte Zynismus und den unverbesserlichen Idealismus, der den kleinen Indiefilm so betörend machte, dafür gibt es dicke Portion Fremdscham und Rollenklischees scheinen ebenso zur Corporate Identity des Senders zu gehören wie eine tiefsitzende Verachtung (oder Ignoranz?) gegenüber Frauen.

Made for Women, not by Women
In Deutschland darf Frau sich auf Formate wie Abgeschminkt – Weniger ist mehr, Catwalk 30+, Fashionistas, shoppen mit Stil, Couponing extrem, Die Schönheitsretter, Verliebt, verlobt, verhaftet und… wait for it… Teens allein zu Haus freuen. Alice Schwarzer liegt gerade mit Magenkrämpfen unter dem Tisch und auch ich habe plötzlich einen ekelhaften Flaum auf meiner Zunge. Im ernst, klingeln meine Alarmglocken aufgrund meines Testosterons oder liest sich das Programm dieses Senders auch für weibliche Augen, als würde das weibliche Publikum geradewegs zurück in die Steinzeit gebombt werden?

TLC ist nicht der erste Fernsehsender in Deutschland, der es auf das schwache Geschlecht abgesehen hat. Er ist nur der erste, der es auch wirklich wie ein schwaches Geschlecht behandelt. Zugegeben, gerade Sixx, der 2010 an den Start ging, glänzte auch nicht mit einem modernen Frauenbild. Die Verantwortlichen wollten zwar keine Geschlechterklischees bedienen. Damen in Gurkenmasken oder sprudelnde Proseccogläser waren Tabu. Sie wollten keine Mädchenmarke mit pinker Oberfläche sein. Stattdessen gab es mehr oder weniger ironische Hühner als Sendermaskottchen und ein Programm bestehend aus Desperate Housewives, Grey’s Anatomy – Die jungen Ärzte, Gossip Girl und der Oprah Winfrey Show. Allesamt natürlich völlig unmädchenhafte Shows. Sat. 1 Gold verschreibt sich dagegen dem weiblichen Geschlecht jenseits der 40 und strahlt mit wenigen Ausnahmen nur deutsche Produktionen aus. Das allein ist kein Gütesiegel, aber zumindest sorgte es bisher dafür, dass der Sender nicht in den Schambereich der TLC-Sender abrutschte.

“Die Girls lassen sich heutzutage nicht mehr in nur eine Schublade stecken. Pink und Ponyhof gehören genauso dazu wie Fußball und Frauenpower.” wurde einst anlässlich des Mädchen Ü-Eis gesagt. Wahre Worte aus dem falschen Mundwerk, denn es war der Hersteller Ferrero selbst, der zur Markteinführung der Mädchenvariante diese Worte missbrauchte. "Von Puppen bis Frisbee – das neue Mädchen-Ei bietet genau diese Vielfalt, die Mädchen von heute einfach ausmacht“ Und auch TLC wird nicht drum verlegen sein, sein antiquiertes Geschäftsmodell aus der gesellschaftlichen Steinzeit in gesellschaftsmoderne PR-Floskeln zu packen. Denn für das Alleinstellungsmerkmal “Frau” ist “man” zu allem bereit.

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