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Eine Hommage an eine Ballade der Gewalt

29.08.2015 - 09:00 Uhr
Sie sind groß, sie sind gemein und verdammt aggressiv
Buena Vista / Walt Disney
Sie sind groß, sie sind gemein und verdammt aggressiv
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Im Rahmen der Aktion  Lieblingsfilm 2015 richte ich den Scheinwerfer auf einen Film, der mein Leben und meine Wahrnehmung in Bezug auf die Filmlandschaft geprägt hat. Vorher konsumierte ich das Medium Film wie eine Achterbahnfahrt. Ich wurde unterhalten, verängstigt, begeistert; einfach gesagt das Medium Kino befriedigte meine niederen Instinkte. Nach diesem Film betrat ich eine Metaebene. Was oft bei vielen als schleichender Prozess beschrieben wird, traf mich wie ein Schlag.

Wir schreiben das Jahr 1997, ich war noch nicht volljährig und schlich mich mit ein paar halbstarken Freunden in den Kinofilm Starship Troopers hinein. Wir waren abgehärtet von den alten VHS-Filmen unserer Eltern, sei es "Tanz der Teufel" oder "Cannibal Ferox". Doch auf dieses filmische Erlebnis wurde ich nicht vorbereitet.

Es war das Meisterstück des Regisseurs Paul Verhoeven. Vorher kam ich schon in den Genuss seiner Interpretation von Robocop oder Totall Recall, bei denen er sein Können unter Beweis stellte. Als ausgewiesenes Splatter Kiddie mit dem Blick auf filmische Ästhetik wusste ich , dass mich hohe Unterhaltung erwartete.

Doch als ich mich dann mit meiner Tüte Chips in den Kinosessel niederließ, erfuhr ich die filmische Offenbarung, die andere bei 2001: Odyssee im Weltraum oder bei Uhrwerk Orange angeben würden.

Starship Troopers beginnt wie eine Ballade der Gewalt, doch die kritischen Untertöne werden immer lauter im Laufe des Films. Die Bugs sind ein arachnoider unmenschlicher Gegner, ein Antagonist der keinerlei empathische Reaktionen kennt. Die Antwort der Menschen auf diese existenzielle Bedrohung ist der Faschismus, die beinahe völlige Aufgabe der Menschlichkeit, ein Rückfall in Strukturen, die man seit dem 2. Weltkrieg gerade in Deutschland zu gut kennt. Das einzelne Leben ist nichts wert, nur der Dienst an der Sache, und der Dienst für die menschliche Rasse ist etwas wert. Die Bugs sind zwar fremd, aber ihre Leichenhaufen werden aufgetürmt wie damals die Opfer in den KZs und in den filminternen Mediensendungen wie Trophäen präsentiert . Die Führungsoffiziere tragen ähnliche Uniformen, verwenden ähnliches Vokabular und zeigen auf höchst abstrakter Weise, wie ein System des Faschismus funktioniert.


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Diese Doppelmoral wurde mir mit diesem Film bewusst und mein Empfinden gegenüber des Mediums Film wurde an diesem Tag nachhaltig geprägt. Paul Verhoeven erlebte die Schrecken des 3. Reiches (oder zumindest einen prägenden Ausschnitt) in seinen frühen Kindheitsjahren, daher war seine Intention bezüglich Starship Troopers umso stärker und greifbarer: Paul Verhoeven was born in Amsterdam, Holland on July 18, 1938. During his early childhood Verhoeven lived in German-occupied Holland and was exposed to the horrors of war first-hand 

Es gibt zu viele Bezüge auf den Faschismus, um sie alle aufzuzählen, aber am Wichtigsten ist, dass der Film einfach Spaß macht und gleich mit Vollgas beginnt, dieses Tempo aber über die gesamte Laufzeit halten kann. Die Effekte waren für die damalige Zeit atemberaubend und auch aus heutiger Sicht hat der Film keinen Staub angesetzt.

Neben der überzogenen Gewaltdarstellung birgt der Film auch einiges an teilweise bösen Humor. Als die angehenden Helden der mobilen Infanterie (man könnte auch sagen Kanonenfutter), denen sich der Protagonist Rico aus Liebeskummer verpflichtet hat Messerkampf üben sollen, beschwert sich ein etwas vorlauter Rekrut über diese antiquierte Übungsmethode - schließlich müsse man in dieser Zeit bei einem Krieg nur noch Knöpfe drücken.
Der Ausbilder befiehlt ihm daraufhin in einem für Kasernen üblichen Ton die Hand an die nächstgelegene Wand zu halten. Kaum kommt er dem Befehl nach, fliegt auch schon ein Wurfmesser aus Richtung des Ausbilders und nagelt die Hand des Rekruten an die Wand. Mit dieser Hand könne man keine Knöpfe mehr drücken erklärt daraufhin der Ausbilder süffisant und ruft zum wiederholten Male die Sanitäter, welche in der Ausbildung mit den schwersten Job zu haben scheinen.

Zusammenfassend ist Starship Troopers natürlich kein Arthouse Film oder besonders anspruchsvoll, sondern eine zweistündige Achterbahnfahrt mit Kinnladenklappgarantie und etwas Gesellschaftskritik zum Nachdenken. Handwerklich hervorragend umgesetzte Science-Fiction Kost für Erwachsene mit einem hohen Budget und einer meiner ewigen Lieblingsfilme.


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Dieser Community-Blog ist im Rahmen der Aktion Lieblingsfilm 2015 entstanden. Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Medienpartnern und Sponsoren für diese Preise:


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